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Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

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Es giebt fast keine Gegend in angebauten Ländern
die so leicht zu übersehen wäre daß bei einer geschickten
Benutzung der Hindernisse nicht ein großer Theil der
Truppen des Vertheidigers unentdeckt bleiben sollten. Für
den Angreifenden hat die Deckung seines Marsches mehr
Schwierigkeiten, weil er den Wegen folgen muß.

Es versteht sich von selbst daß man wenn man das
Terrain zur Versteckung seiner Truppen benutzt, dies in
Übereinstimmung mit den Zwecken thun muß und den Kom-
binationen die man sich vorgesetzt hat; dahin gehört also
vor allen Dingen daß man die Schlachtordnung nicht ganz
auseinanderreiße, wenn man sich auch kleine Abweichungen
davon erlaubt.

14. Fassen wir das bisher über das Terrain Ge-
sagte zusammen, so ergiebt sich für den Vertheidiger
d. h. für die Wahl der Stellungen Folgendes als das
Wichtigste:

a) Anlehnung einer oder beider Flanken;
b) freie Aussicht auf Fronte und Flanken;
c) Hindernisse des Zugangs auf der Fronte;
d) verdeckte Aufstellung der Truppen. Hierzu kommt noch
e) im Rücken ein durchschnittenes Terrain, weil das im
Falle eines Unglücks das Verfolgen erschwert; aber
keine zu nahen Defileen (wie bei Friedland), weil
das Aufenthalt und Verwirrung verursacht.

15. Es wäre pedantisch zu glauben diese Vortheile
ließen sich bei jeder Stellung die man im Kriege bezieht
alle erreichen. Nicht alle Stellungen sind von gleicher
Wichtigkeit: sie sind um so wichtiger je wahrscheinlicher
es ist darin angegriffen zu werden. Nur bei den wichtig-
sten sucht man diese Vortheile alle zu erreichen, bei den
andern mehr oder weniger.

Es giebt faſt keine Gegend in angebauten Laͤndern
die ſo leicht zu uͤberſehen waͤre daß bei einer geſchickten
Benutzung der Hinderniſſe nicht ein großer Theil der
Truppen des Vertheidigers unentdeckt bleiben ſollten. Fuͤr
den Angreifenden hat die Deckung ſeines Marſches mehr
Schwierigkeiten, weil er den Wegen folgen muß.

Es verſteht ſich von ſelbſt daß man wenn man das
Terrain zur Verſteckung ſeiner Truppen benutzt, dies in
Übereinſtimmung mit den Zwecken thun muß und den Kom-
binationen die man ſich vorgeſetzt hat; dahin gehoͤrt alſo
vor allen Dingen daß man die Schlachtordnung nicht ganz
auseinanderreiße, wenn man ſich auch kleine Abweichungen
davon erlaubt.

14. Faſſen wir das bisher uͤber das Terrain Ge-
ſagte zuſammen, ſo ergiebt ſich fuͤr den Vertheidiger
d. h. fuͤr die Wahl der Stellungen Folgendes als das
Wichtigſte:

a) Anlehnung einer oder beider Flanken;
b) freie Ausſicht auf Fronte und Flanken;
c) Hinderniſſe des Zugangs auf der Fronte;
d) verdeckte Aufſtellung der Truppen. Hierzu kommt noch
e) im Ruͤcken ein durchſchnittenes Terrain, weil das im
Falle eines Ungluͤcks das Verfolgen erſchwert; aber
keine zu nahen Defileen (wie bei Friedland), weil
das Aufenthalt und Verwirrung verurſacht.

15. Es waͤre pedantiſch zu glauben dieſe Vortheile
ließen ſich bei jeder Stellung die man im Kriege bezieht
alle erreichen. Nicht alle Stellungen ſind von gleicher
Wichtigkeit: ſie ſind um ſo wichtiger je wahrſcheinlicher
es iſt darin angegriffen zu werden. Nur bei den wichtig-
ſten ſucht man dieſe Vortheile alle zu erreichen, bei den
andern mehr oder weniger.

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[238/0252] Es giebt faſt keine Gegend in angebauten Laͤndern die ſo leicht zu uͤberſehen waͤre daß bei einer geſchickten Benutzung der Hinderniſſe nicht ein großer Theil der Truppen des Vertheidigers unentdeckt bleiben ſollten. Fuͤr den Angreifenden hat die Deckung ſeines Marſches mehr Schwierigkeiten, weil er den Wegen folgen muß. Es verſteht ſich von ſelbſt daß man wenn man das Terrain zur Verſteckung ſeiner Truppen benutzt, dies in Übereinſtimmung mit den Zwecken thun muß und den Kom- binationen die man ſich vorgeſetzt hat; dahin gehoͤrt alſo vor allen Dingen daß man die Schlachtordnung nicht ganz auseinanderreiße, wenn man ſich auch kleine Abweichungen davon erlaubt. 14. Faſſen wir das bisher uͤber das Terrain Ge- ſagte zuſammen, ſo ergiebt ſich fuͤr den Vertheidiger d. h. fuͤr die Wahl der Stellungen Folgendes als das Wichtigſte: a) Anlehnung einer oder beider Flanken; b) freie Ausſicht auf Fronte und Flanken; c) Hinderniſſe des Zugangs auf der Fronte; d) verdeckte Aufſtellung der Truppen. Hierzu kommt noch e) im Ruͤcken ein durchſchnittenes Terrain, weil das im Falle eines Ungluͤcks das Verfolgen erſchwert; aber keine zu nahen Defileen (wie bei Friedland), weil das Aufenthalt und Verwirrung verurſacht. 15. Es waͤre pedantiſch zu glauben dieſe Vortheile ließen ſich bei jeder Stellung die man im Kriege bezieht alle erreichen. Nicht alle Stellungen ſind von gleicher Wichtigkeit: ſie ſind um ſo wichtiger je wahrſcheinlicher es iſt darin angegriffen zu werden. Nur bei den wichtig- ſten ſucht man dieſe Vortheile alle zu erreichen, bei den andern mehr oder weniger.

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Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/252>, abgerufen am 24.04.2024.