Sechstes Kapitel. Vernichtung der feindlichen Streitkräfte.
Vernichtung der feindlichen Streitkräfte ist das Mit- tel zum Ziel. -- Was darunter verstanden wird. -- Preis den es kostet. -- Verschiedene Gesichtspunkte welche dabei möglich sind:
1. nur so viel zu vernichten als der Gegenstand des An- griffs erfordert;
2. oder so viel als überhaupt möglich ist;
3. wenn die Schonung der eigenen dabei der Hauptge- sichtspunkt wird;
4. dies kann wieder so weit gehn, daß der Angriff nur bei günstiger Gelegenheit Etwas zur Vernich- tung der feindlichen Streitkräfte unternimmt; wie dies bei dem Gegenstand des Angriffs auch der Fall sein kann und im dritten Kapitel schon vorgekommen ist.
Das einzige Mittel zur Zerstörung der feindlichen Streit- kräfte ist das Gefecht, aber freilich auf eine doppelte Art: 1. unmittelbar; 2. mittelbar, durch Kombination von Gefechten. -- Wenn also die Schlacht das Hauptmittel ist, so ist sie doch nicht das einzige. Die Einnahme einer Festung, eines Stück Landes ist an sich schon eine Zerstö- rung der feindlichen Streitkräfte, sie kann aber auch zu einer größern führen, es also auch mittelbar werden.
Die Besetzung eines unvertheidigten Landstrichs kann also, außer dem Werth welchen sie als eine unmittelbare Zweckerfüllung hat, auch noch als Zerstörung der feindli- chen Streitkräfte gelten. Das Herausmanövriren des Fein- des aus einer von ihm besetzten Gegend ist etwas nicht viel Anderes, und kann also nur unter demselben Gesichts-
Sechstes Kapitel. Vernichtung der feindlichen Streitkraͤfte.
Vernichtung der feindlichen Streitkraͤfte iſt das Mit- tel zum Ziel. — Was darunter verſtanden wird. — Preis den es koſtet. — Verſchiedene Geſichtspunkte welche dabei moͤglich ſind:
1. nur ſo viel zu vernichten als der Gegenſtand des An- griffs erfordert;
2. oder ſo viel als uͤberhaupt moͤglich iſt;
3. wenn die Schonung der eigenen dabei der Hauptge- ſichtspunkt wird;
4. dies kann wieder ſo weit gehn, daß der Angriff nur bei guͤnſtiger Gelegenheit Etwas zur Vernich- tung der feindlichen Streitkraͤfte unternimmt; wie dies bei dem Gegenſtand des Angriffs auch der Fall ſein kann und im dritten Kapitel ſchon vorgekommen iſt.
Das einzige Mittel zur Zerſtoͤrung der feindlichen Streit- kraͤfte iſt das Gefecht, aber freilich auf eine doppelte Art: 1. unmittelbar; 2. mittelbar, durch Kombination von Gefechten. — Wenn alſo die Schlacht das Hauptmittel iſt, ſo iſt ſie doch nicht das einzige. Die Einnahme einer Feſtung, eines Stuͤck Landes iſt an ſich ſchon eine Zerſtoͤ- rung der feindlichen Streitkraͤfte, ſie kann aber auch zu einer groͤßern fuͤhren, es alſo auch mittelbar werden.
Die Beſetzung eines unvertheidigten Landſtrichs kann alſo, außer dem Werth welchen ſie als eine unmittelbare Zweckerfuͤllung hat, auch noch als Zerſtoͤrung der feindli- chen Streitkraͤfte gelten. Das Herausmanoͤvriren des Fein- des aus einer von ihm beſetzten Gegend iſt etwas nicht viel Anderes, und kann alſo nur unter demſelben Geſichts-
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Sechstes Kapitel.
Vernichtung der feindlichen Streitkraͤfte.
Vernichtung der feindlichen Streitkraͤfte iſt das Mit-
tel zum Ziel. — Was darunter verſtanden wird. — Preis
den es koſtet. — Verſchiedene Geſichtspunkte welche dabei
moͤglich ſind:
1. nur ſo viel zu vernichten als der Gegenſtand des An-
griffs erfordert;
2. oder ſo viel als uͤberhaupt moͤglich iſt;
3. wenn die Schonung der eigenen dabei der Hauptge-
ſichtspunkt wird;
4. dies kann wieder ſo weit gehn, daß der Angriff nur
bei guͤnſtiger Gelegenheit Etwas zur Vernich-
tung der feindlichen Streitkraͤfte unternimmt; wie dies
bei dem Gegenſtand des Angriffs auch der Fall ſein kann
und im dritten Kapitel ſchon vorgekommen iſt.
Das einzige Mittel zur Zerſtoͤrung der feindlichen Streit-
kraͤfte iſt das Gefecht, aber freilich auf eine doppelte Art:
1. unmittelbar; 2. mittelbar, durch Kombination von
Gefechten. — Wenn alſo die Schlacht das Hauptmittel
iſt, ſo iſt ſie doch nicht das einzige. Die Einnahme einer
Feſtung, eines Stuͤck Landes iſt an ſich ſchon eine Zerſtoͤ-
rung der feindlichen Streitkraͤfte, ſie kann aber auch zu
einer groͤßern fuͤhren, es alſo auch mittelbar werden.
Die Beſetzung eines unvertheidigten Landſtrichs kann
alſo, außer dem Werth welchen ſie als eine unmittelbare
Zweckerfuͤllung hat, auch noch als Zerſtoͤrung der feindli-
chen Streitkraͤfte gelten. Das Herausmanoͤvriren des Fein-
des aus einer von ihm beſetzten Gegend iſt etwas nicht
viel Anderes, und kann alſo nur unter demſelben Geſichts-
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Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/27>, abgerufen am 30.06.2022.
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