Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Indem aber mehrere Theile dem Gegner diesen zu leichten
Sieg einräumen, kann für das Ganze in den von a bis e
genannten Verhältnissen ein nachtheiliges Resultat ent-
stehen und so der Entschluß des Feldherrn zum Abzug
dadurch bedingt werden.

10b. Die unter a b c und d genannten nachthei-
ligen Verhältnisse zeigen sich bei großen Massen dem Feld-
herrn nicht in den arithmetischen Summen aller einzelnen
Nachtheile welche stattgefunden haben, denn so vollkom-
men ist die Übersicht niemals, sondern sie zeigen sich da
wo diese Nachtheile in engem Raume zusammengedrängt
eine beträchtliche Masse bilden, welches nun entweder bei
der Hauptmasse der Truppen oder bei einem bedeutenden
Gliede der Fall ist. Nach dieser Haupterscheinung des
ganzen Aktes richtet sich dann der Entschluß.

11. Endlich kann der Feldherr noch durch Gründe die
nicht im Gefecht liegen, sondern als äußerlich betrachtet
werden müssen, z. B. Nachrichten welche den Zweck auf-
heben oder die strategischen Verhältnisse merklich ändern,
zum Aufgeben des Gefechts und also zum Rückzug bewo-
gen werden. Dies würde ein Abbrechen des Gefechts sein
und gehört nicht hierher, weil es kein taktischer, sondern
ein strategischer Akt ist.

12. Das Aufgeben eines Gefechts ist also die Aner-
kennung der augenblicklichen Überlegenheit des Gegners,
sie sei physisch oder moralisch und das Nachgeben in
seinen Willen
. Darin liegt die erste moralische Kraft
des Sieges.

13. Da man ein Gefecht nicht anders aufgeben kann
als wenn man den Kampfplatz verläßt, so ist der Abzug
vom Schlachtfelde das Zeichen dieser Anerkennung,
das Senken des Paniers
.

Indem aber mehrere Theile dem Gegner dieſen zu leichten
Sieg einraͤumen, kann fuͤr das Ganze in den von a bis e
genannten Verhaͤltniſſen ein nachtheiliges Reſultat ent-
ſtehen und ſo der Entſchluß des Feldherrn zum Abzug
dadurch bedingt werden.

10b. Die unter a b c und d genannten nachthei-
ligen Verhaͤltniſſe zeigen ſich bei großen Maſſen dem Feld-
herrn nicht in den arithmetiſchen Summen aller einzelnen
Nachtheile welche ſtattgefunden haben, denn ſo vollkom-
men iſt die Überſicht niemals, ſondern ſie zeigen ſich da
wo dieſe Nachtheile in engem Raume zuſammengedraͤngt
eine betraͤchtliche Maſſe bilden, welches nun entweder bei
der Hauptmaſſe der Truppen oder bei einem bedeutenden
Gliede der Fall iſt. Nach dieſer Haupterſcheinung des
ganzen Aktes richtet ſich dann der Entſchluß.

11. Endlich kann der Feldherr noch durch Gruͤnde die
nicht im Gefecht liegen, ſondern als aͤußerlich betrachtet
werden muͤſſen, z. B. Nachrichten welche den Zweck auf-
heben oder die ſtrategiſchen Verhaͤltniſſe merklich aͤndern,
zum Aufgeben des Gefechts und alſo zum Ruͤckzug bewo-
gen werden. Dies wuͤrde ein Abbrechen des Gefechts ſein
und gehoͤrt nicht hierher, weil es kein taktiſcher, ſondern
ein ſtrategiſcher Akt iſt.

12. Das Aufgeben eines Gefechts iſt alſo die Aner-
kennung der augenblicklichen Überlegenheit des Gegners,
ſie ſei phyſiſch oder moraliſch und das Nachgeben in
ſeinen Willen
. Darin liegt die erſte moraliſche Kraft
des Sieges.

13. Da man ein Gefecht nicht anders aufgeben kann
als wenn man den Kampfplatz verlaͤßt, ſo iſt der Abzug
vom Schlachtfelde das Zeichen dieſer Anerkennung,
das Senken des Paniers
.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0297" n="283"/>
Indem aber mehrere Theile dem Gegner die&#x017F;en zu leichten<lb/>
Sieg einra&#x0364;umen, kann fu&#x0364;r das Ganze in den von <hi rendition="#aq">a</hi> bis <hi rendition="#aq">e</hi><lb/>
genannten Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en ein nachtheiliges Re&#x017F;ultat ent-<lb/>
&#x017F;tehen und &#x017F;o der Ent&#x017F;chluß des Feldherrn zum Abzug<lb/>
dadurch bedingt werden.</p><lb/>
                <p>10<hi rendition="#sup"><hi rendition="#aq">b.</hi></hi> Die unter <hi rendition="#aq">a b c</hi> und <hi rendition="#aq">d</hi> genannten nachthei-<lb/>
ligen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e zeigen &#x017F;ich bei großen Ma&#x017F;&#x017F;en dem Feld-<lb/>
herrn nicht in den arithmeti&#x017F;chen Summen aller einzelnen<lb/>
Nachtheile welche &#x017F;tattgefunden haben, denn &#x017F;o vollkom-<lb/>
men i&#x017F;t die Über&#x017F;icht niemals, &#x017F;ondern &#x017F;ie zeigen &#x017F;ich da<lb/>
wo die&#x017F;e Nachtheile in engem Raume zu&#x017F;ammengedra&#x0364;ngt<lb/>
eine betra&#x0364;chtliche Ma&#x017F;&#x017F;e bilden, welches nun entweder bei<lb/>
der Hauptma&#x017F;&#x017F;e der Truppen oder bei einem bedeutenden<lb/>
Gliede der Fall i&#x017F;t. Nach die&#x017F;er Haupter&#x017F;cheinung des<lb/>
ganzen Aktes richtet &#x017F;ich dann der Ent&#x017F;chluß.</p><lb/>
                <p>11. Endlich kann der Feldherr noch durch Gru&#x0364;nde die<lb/>
nicht im Gefecht liegen, &#x017F;ondern als a&#x0364;ußerlich betrachtet<lb/>
werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, z. B. Nachrichten welche den Zweck auf-<lb/>
heben oder die &#x017F;trategi&#x017F;chen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e merklich a&#x0364;ndern,<lb/>
zum Aufgeben des Gefechts und al&#x017F;o zum Ru&#x0364;ckzug bewo-<lb/>
gen werden. Dies wu&#x0364;rde ein Abbrechen des Gefechts &#x017F;ein<lb/>
und geho&#x0364;rt nicht hierher, weil es kein takti&#x017F;cher, &#x017F;ondern<lb/>
ein &#x017F;trategi&#x017F;cher Akt i&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>12. Das Aufgeben eines Gefechts i&#x017F;t al&#x017F;o die Aner-<lb/>
kennung der augenblicklichen Überlegenheit des Gegners,<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ei phy&#x017F;i&#x017F;ch oder morali&#x017F;ch und <hi rendition="#g">das Nachgeben in<lb/>
&#x017F;einen Willen</hi>. Darin liegt die er&#x017F;te morali&#x017F;che Kraft<lb/>
des Sieges.</p><lb/>
                <p>13. Da man ein Gefecht nicht anders aufgeben kann<lb/>
als wenn man den Kampfplatz verla&#x0364;ßt, &#x017F;o i&#x017F;t der Abzug<lb/>
vom Schlachtfelde <hi rendition="#g">das Zeichen die&#x017F;er Anerkennung,<lb/>
das Senken des Paniers</hi>.</p><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0297] Indem aber mehrere Theile dem Gegner dieſen zu leichten Sieg einraͤumen, kann fuͤr das Ganze in den von a bis e genannten Verhaͤltniſſen ein nachtheiliges Reſultat ent- ſtehen und ſo der Entſchluß des Feldherrn zum Abzug dadurch bedingt werden. 10b. Die unter a b c und d genannten nachthei- ligen Verhaͤltniſſe zeigen ſich bei großen Maſſen dem Feld- herrn nicht in den arithmetiſchen Summen aller einzelnen Nachtheile welche ſtattgefunden haben, denn ſo vollkom- men iſt die Überſicht niemals, ſondern ſie zeigen ſich da wo dieſe Nachtheile in engem Raume zuſammengedraͤngt eine betraͤchtliche Maſſe bilden, welches nun entweder bei der Hauptmaſſe der Truppen oder bei einem bedeutenden Gliede der Fall iſt. Nach dieſer Haupterſcheinung des ganzen Aktes richtet ſich dann der Entſchluß. 11. Endlich kann der Feldherr noch durch Gruͤnde die nicht im Gefecht liegen, ſondern als aͤußerlich betrachtet werden muͤſſen, z. B. Nachrichten welche den Zweck auf- heben oder die ſtrategiſchen Verhaͤltniſſe merklich aͤndern, zum Aufgeben des Gefechts und alſo zum Ruͤckzug bewo- gen werden. Dies wuͤrde ein Abbrechen des Gefechts ſein und gehoͤrt nicht hierher, weil es kein taktiſcher, ſondern ein ſtrategiſcher Akt iſt. 12. Das Aufgeben eines Gefechts iſt alſo die Aner- kennung der augenblicklichen Überlegenheit des Gegners, ſie ſei phyſiſch oder moraliſch und das Nachgeben in ſeinen Willen. Darin liegt die erſte moraliſche Kraft des Sieges. 13. Da man ein Gefecht nicht anders aufgeben kann als wenn man den Kampfplatz verlaͤßt, ſo iſt der Abzug vom Schlachtfelde das Zeichen dieſer Anerkennung, das Senken des Paniers.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/297
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/297>, abgerufen am 25.04.2024.