Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

lichen Streitkraft, so ist jenes als das eigentliche Instru-
ment der Entscheidung, dieses als das der Vorberei-
tung
zu betrachten.

61. Beiden bleibt aber darum doch einige Wirksam-
keit des andern Prinzips. Das Handgefecht ist nicht ohne
zerstörende Kraft, das Feuergefecht nicht ohne vertreibende.

62. Die zerstörende Kraft des Handgefechts ist in
den meisten Fällen höchst unbedeutend, sehr oft ist sie
völlig Null; sie würde daher kaum noch in Betrachtung
kommen wenn sie nicht in einigen Fällen durch die Ge-
fangenen wieder sehr stiege.

63. Aber es ist wohl zu merken daß diese Fälle
meistens erst eintreten wenn das Feuergefecht schon ge-
wirkt hat.

64. Das Handgefecht ohne Feuergefecht würde also
bei dem jetzigen Verhältniß der Waffen eine sehr unbe-
deutende Vernichtungskraft haben.

65. Die Vernichtungskraft des Feuergefechts kann
durch die Dauer bis aufs Äußerste, d. h. bis zur Erschüt-
terung oder Erschöpfung des Muthes gesteigert werden.

66. Die Folge ist daß bei Weitem der größte An-
theil an der Vernichtung feindlicher Streitkräfte dem
Feuergefecht zukommt.

67. Durch die im Feuergefecht entstehende Schwächung
des Feindes wird entweder

a) sein Rückzug selbst motivirt werden,
b) oder dem Handgefecht vorgearbeitet werden.

68. Durch die beim Handgefecht beabsichtigte Ver-
treibung des Feindes wird ein eigentlicher Sieg erhalten,
weil Vertreiben vom Kampfplatz Sieg ist. Ist das
Ganze sehr klein, so kann dieser Sieg das Ganze um-
fassen und über den Erfolg entscheiden.

19*

lichen Streitkraft, ſo iſt jenes als das eigentliche Inſtru-
ment der Entſcheidung, dieſes als das der Vorberei-
tung
zu betrachten.

61. Beiden bleibt aber darum doch einige Wirkſam-
keit des andern Prinzips. Das Handgefecht iſt nicht ohne
zerſtoͤrende Kraft, das Feuergefecht nicht ohne vertreibende.

62. Die zerſtoͤrende Kraft des Handgefechts iſt in
den meiſten Faͤllen hoͤchſt unbedeutend, ſehr oft iſt ſie
voͤllig Null; ſie wuͤrde daher kaum noch in Betrachtung
kommen wenn ſie nicht in einigen Faͤllen durch die Ge-
fangenen wieder ſehr ſtiege.

63. Aber es iſt wohl zu merken daß dieſe Faͤlle
meiſtens erſt eintreten wenn das Feuergefecht ſchon ge-
wirkt hat.

64. Das Handgefecht ohne Feuergefecht wuͤrde alſo
bei dem jetzigen Verhaͤltniß der Waffen eine ſehr unbe-
deutende Vernichtungskraft haben.

65. Die Vernichtungskraft des Feuergefechts kann
durch die Dauer bis aufs Äußerſte, d. h. bis zur Erſchuͤt-
terung oder Erſchoͤpfung des Muthes geſteigert werden.

66. Die Folge iſt daß bei Weitem der groͤßte An-
theil an der Vernichtung feindlicher Streitkraͤfte dem
Feuergefecht zukommt.

67. Durch die im Feuergefecht entſtehende Schwaͤchung
des Feindes wird entweder

a) ſein Ruͤckzug ſelbſt motivirt werden,
b) oder dem Handgefecht vorgearbeitet werden.

68. Durch die beim Handgefecht beabſichtigte Ver-
treibung des Feindes wird ein eigentlicher Sieg erhalten,
weil Vertreiben vom Kampfplatz Sieg iſt. Iſt das
Ganze ſehr klein, ſo kann dieſer Sieg das Ganze um-
faſſen und uͤber den Erfolg entſcheiden.

19*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0305" n="291"/>
lichen Streitkraft, &#x017F;o i&#x017F;t jenes als das eigentliche In&#x017F;tru-<lb/>
ment der <hi rendition="#g">Ent&#x017F;cheidung</hi>, die&#x017F;es als das der <hi rendition="#g">Vorberei-<lb/>
tung</hi> zu betrachten.</p><lb/>
                <p>61. Beiden bleibt aber darum doch einige Wirk&#x017F;am-<lb/>
keit des andern Prinzips. Das Handgefecht i&#x017F;t nicht ohne<lb/>
zer&#x017F;to&#x0364;rende Kraft, das Feuergefecht nicht ohne vertreibende.</p><lb/>
                <p>62. Die zer&#x017F;to&#x0364;rende Kraft des Handgefechts i&#x017F;t in<lb/>
den mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen ho&#x0364;ch&#x017F;t unbedeutend, &#x017F;ehr oft i&#x017F;t &#x017F;ie<lb/>
vo&#x0364;llig Null; &#x017F;ie wu&#x0364;rde daher kaum noch in Betrachtung<lb/>
kommen wenn &#x017F;ie nicht in einigen Fa&#x0364;llen durch die Ge-<lb/>
fangenen wieder &#x017F;ehr &#x017F;tiege.</p><lb/>
                <p>63. Aber es i&#x017F;t wohl zu merken daß die&#x017F;e Fa&#x0364;lle<lb/>
mei&#x017F;tens er&#x017F;t eintreten wenn das Feuergefecht &#x017F;chon ge-<lb/>
wirkt hat.</p><lb/>
                <p>64. Das Handgefecht ohne Feuergefecht wu&#x0364;rde al&#x017F;o<lb/>
bei dem jetzigen Verha&#x0364;ltniß der Waffen eine &#x017F;ehr unbe-<lb/>
deutende Vernichtungskraft haben.</p><lb/>
                <p>65. Die Vernichtungskraft des Feuergefechts kann<lb/>
durch die Dauer bis aufs Äußer&#x017F;te, d. h. bis zur Er&#x017F;chu&#x0364;t-<lb/>
terung oder Er&#x017F;cho&#x0364;pfung des Muthes ge&#x017F;teigert werden.</p><lb/>
                <p>66. Die Folge i&#x017F;t daß bei Weitem der gro&#x0364;ßte An-<lb/>
theil an der Vernichtung feindlicher Streitkra&#x0364;fte dem<lb/>
Feuergefecht zukommt.</p><lb/>
                <p>67. Durch die im Feuergefecht ent&#x017F;tehende Schwa&#x0364;chung<lb/>
des Feindes wird entweder</p><lb/>
                <list>
                  <item><hi rendition="#aq">a)</hi> &#x017F;ein Ru&#x0364;ckzug &#x017F;elb&#x017F;t motivirt werden,</item><lb/>
                  <item><hi rendition="#aq">b)</hi> oder dem Handgefecht vorgearbeitet werden.</item>
                </list><lb/>
                <p>68. Durch die beim Handgefecht beab&#x017F;ichtigte Ver-<lb/>
treibung des Feindes wird ein eigentlicher Sieg erhalten,<lb/>
weil Vertreiben vom Kampfplatz Sieg i&#x017F;t. I&#x017F;t das<lb/>
Ganze &#x017F;ehr klein, &#x017F;o kann die&#x017F;er Sieg das Ganze um-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en und u&#x0364;ber den Erfolg ent&#x017F;cheiden.</p><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">19*</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0305] lichen Streitkraft, ſo iſt jenes als das eigentliche Inſtru- ment der Entſcheidung, dieſes als das der Vorberei- tung zu betrachten. 61. Beiden bleibt aber darum doch einige Wirkſam- keit des andern Prinzips. Das Handgefecht iſt nicht ohne zerſtoͤrende Kraft, das Feuergefecht nicht ohne vertreibende. 62. Die zerſtoͤrende Kraft des Handgefechts iſt in den meiſten Faͤllen hoͤchſt unbedeutend, ſehr oft iſt ſie voͤllig Null; ſie wuͤrde daher kaum noch in Betrachtung kommen wenn ſie nicht in einigen Faͤllen durch die Ge- fangenen wieder ſehr ſtiege. 63. Aber es iſt wohl zu merken daß dieſe Faͤlle meiſtens erſt eintreten wenn das Feuergefecht ſchon ge- wirkt hat. 64. Das Handgefecht ohne Feuergefecht wuͤrde alſo bei dem jetzigen Verhaͤltniß der Waffen eine ſehr unbe- deutende Vernichtungskraft haben. 65. Die Vernichtungskraft des Feuergefechts kann durch die Dauer bis aufs Äußerſte, d. h. bis zur Erſchuͤt- terung oder Erſchoͤpfung des Muthes geſteigert werden. 66. Die Folge iſt daß bei Weitem der groͤßte An- theil an der Vernichtung feindlicher Streitkraͤfte dem Feuergefecht zukommt. 67. Durch die im Feuergefecht entſtehende Schwaͤchung des Feindes wird entweder a) ſein Ruͤckzug ſelbſt motivirt werden, b) oder dem Handgefecht vorgearbeitet werden. 68. Durch die beim Handgefecht beabſichtigte Ver- treibung des Feindes wird ein eigentlicher Sieg erhalten, weil Vertreiben vom Kampfplatz Sieg iſt. Iſt das Ganze ſehr klein, ſo kann dieſer Sieg das Ganze um- faſſen und uͤber den Erfolg entſcheiden. 19*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/305
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/305>, abgerufen am 16.04.2024.