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Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

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wenn in dem Vorbereitungsakte die höchste Ökonomie der
Kräfte vorherrscht, im Entscheidungsakte die Überwältigung
durch die Zahl vorherrschen muß.

175. So wie im Vorbereitungsakte Geduld, Stand-
haftigkeit und Kälte vorherrschen sollen, so sollen im Ent-
scheidungsakte Kühnheit und Feuer vorherrschen.

176. Von beiden Feldherrn pflegt nur einer die
Entscheidung zu geben, der andere nimmt sie an.

177. Wenn Alles noch im Gleichgewicht ist, so kann
der welcher die Entscheidung giebt

a) der Angreifende,
b) der Vertheidigende sein.

178. Da der Angreifende den positiven Zweck hat,
so ist es am natürlichsten daß er sie giebt und daher tritt
dieser Fall auch am häufigsten ein.

179. Ist aber das Gleichgewicht schon merklich ge-
stört, so kann die Entscheidung gegeben werden

a) von dem Feldherrn der im Vortheil ist,
b) von dem welcher im Nachtheil ist.

180. Das Erstere ist offenbar das Natürlichere, und
ist dieser Feldherr zugleich der Angreifende, so wird es
noch natürlicher und daher wird es nur wenig Fälle
geben wo die Entscheidung nicht von diesem Feldherrn
ausginge.

181. Ist es aber der Vertheidiger welcher im Vor-
theil ist, so ist es auch natürlich daß er die Entscheidung
giebt, so daß das nach und nach eingetretene Verhältniß
mehr entscheidet als die ursprüngliche Absicht von Angriff
und Vertheidigung.

182. Ein Angreifender welcher schon in merklichem
Nachtheil ist und doch noch die Entscheidung giebt, sieht
es als den letzten Versuch an seine ursprüngliche Absicht

wenn in dem Vorbereitungsakte die hoͤchſte Ökonomie der
Kraͤfte vorherrſcht, im Entſcheidungsakte die Überwaͤltigung
durch die Zahl vorherrſchen muß.

175. So wie im Vorbereitungsakte Geduld, Stand-
haftigkeit und Kaͤlte vorherrſchen ſollen, ſo ſollen im Ent-
ſcheidungsakte Kuͤhnheit und Feuer vorherrſchen.

176. Von beiden Feldherrn pflegt nur einer die
Entſcheidung zu geben, der andere nimmt ſie an.

177. Wenn Alles noch im Gleichgewicht iſt, ſo kann
der welcher die Entſcheidung giebt

a) der Angreifende,
b) der Vertheidigende ſein.

178. Da der Angreifende den poſitiven Zweck hat,
ſo iſt es am natuͤrlichſten daß er ſie giebt und daher tritt
dieſer Fall auch am haͤufigſten ein.

179. Iſt aber das Gleichgewicht ſchon merklich ge-
ſtoͤrt, ſo kann die Entſcheidung gegeben werden

a) von dem Feldherrn der im Vortheil iſt,
b) von dem welcher im Nachtheil iſt.

180. Das Erſtere iſt offenbar das Natuͤrlichere, und
iſt dieſer Feldherr zugleich der Angreifende, ſo wird es
noch natuͤrlicher und daher wird es nur wenig Faͤlle
geben wo die Entſcheidung nicht von dieſem Feldherrn
ausginge.

181. Iſt es aber der Vertheidiger welcher im Vor-
theil iſt, ſo iſt es auch natuͤrlich daß er die Entſcheidung
giebt, ſo daß das nach und nach eingetretene Verhaͤltniß
mehr entſcheidet als die urſpruͤngliche Abſicht von Angriff
und Vertheidigung.

182. Ein Angreifender welcher ſchon in merklichem
Nachtheil iſt und doch noch die Entſcheidung giebt, ſieht
es als den letzten Verſuch an ſeine urſpruͤngliche Abſicht

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[312/0326] wenn in dem Vorbereitungsakte die hoͤchſte Ökonomie der Kraͤfte vorherrſcht, im Entſcheidungsakte die Überwaͤltigung durch die Zahl vorherrſchen muß. 175. So wie im Vorbereitungsakte Geduld, Stand- haftigkeit und Kaͤlte vorherrſchen ſollen, ſo ſollen im Ent- ſcheidungsakte Kuͤhnheit und Feuer vorherrſchen. 176. Von beiden Feldherrn pflegt nur einer die Entſcheidung zu geben, der andere nimmt ſie an. 177. Wenn Alles noch im Gleichgewicht iſt, ſo kann der welcher die Entſcheidung giebt a) der Angreifende, b) der Vertheidigende ſein. 178. Da der Angreifende den poſitiven Zweck hat, ſo iſt es am natuͤrlichſten daß er ſie giebt und daher tritt dieſer Fall auch am haͤufigſten ein. 179. Iſt aber das Gleichgewicht ſchon merklich ge- ſtoͤrt, ſo kann die Entſcheidung gegeben werden a) von dem Feldherrn der im Vortheil iſt, b) von dem welcher im Nachtheil iſt. 180. Das Erſtere iſt offenbar das Natuͤrlichere, und iſt dieſer Feldherr zugleich der Angreifende, ſo wird es noch natuͤrlicher und daher wird es nur wenig Faͤlle geben wo die Entſcheidung nicht von dieſem Feldherrn ausginge. 181. Iſt es aber der Vertheidiger welcher im Vor- theil iſt, ſo iſt es auch natuͤrlich daß er die Entſcheidung giebt, ſo daß das nach und nach eingetretene Verhaͤltniß mehr entſcheidet als die urſpruͤngliche Abſicht von Angriff und Vertheidigung. 182. Ein Angreifender welcher ſchon in merklichem Nachtheil iſt und doch noch die Entſcheidung giebt, ſieht es als den letzten Verſuch an ſeine urſpruͤngliche Abſicht

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Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/326>, abgerufen am 28.03.2024.