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Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

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dung aller Streitkräfte, d. h. die höchste Vereinigung der-
selben in der Zeit gegen einen Feind der sie nicht alle zu-
gleich anwendet, den Sieg geben und zwar zuerst über
den Theil der feindlichen Streitkräfte der gebraucht wor-
den ist; da aber durch diesen Sieg über einen Theil die
moralischen Kräfte des Siegers überhaupt zu- und die des
Besiegten abnehmen müssen, so folgt, wenn auch der Ver-
lust der physischen Kräfte auf beiden Seiten gleich groß
wäre, daraus schon daß ein solcher Theilsieg die Ge-
sammtkräfte des Siegers über die Gesammtkräfte des
Besiegten erhebt und folglich auch den Sieg im Gesammt-
gefecht bedingt.

292. Aber die in der vorigen Nummer gemachte
Folgerung setzt zwei Bedingungen voraus die nicht vor-
handen sind: nämlich erstens daß die Zahl kein Maximum
haben könnte, zweitens daß der Gebrauch ein und dersel-
ben Streitkraft so lange noch Etwas von ihr übrig ist
keine Gränzen hätte.

293. Was den ersten Punkt betrifft so begrenzt
schon der Raum die Zahl der Streiter, denn was nicht
zur Wirksamkeit kommen kann muß als überflüssig be-
trachtet werden. Dadurch wird also die Tiefe und die
Ausdehnung der Aufstellung aller zur gleichzeitigen Wirk-
samkeit bestimmten Streiter beschränkt und mithin die
Zahl der Streiter.

294. Aber eine viel wichtigere Beschränkung der
Zahl liegt in der Natur des Feuergefechts. Wir haben
gesehen (89. c.) daß die größere Zahl in demselben inner-
halb gewisser Grenzen nur die Wirkung hat die beidersei-
tige also die Gesammtkraft des Feuergefechts zu verstär-
ken. Da also wo für einen Theil in dieser Verstärkung

dung aller Streitkraͤfte, d. h. die hoͤchſte Vereinigung der-
ſelben in der Zeit gegen einen Feind der ſie nicht alle zu-
gleich anwendet, den Sieg geben und zwar zuerſt uͤber
den Theil der feindlichen Streitkraͤfte der gebraucht wor-
den iſt; da aber durch dieſen Sieg uͤber einen Theil die
moraliſchen Kraͤfte des Siegers uͤberhaupt zu- und die des
Beſiegten abnehmen muͤſſen, ſo folgt, wenn auch der Ver-
luſt der phyſiſchen Kraͤfte auf beiden Seiten gleich groß
waͤre, daraus ſchon daß ein ſolcher Theilſieg die Ge-
ſammtkraͤfte des Siegers uͤber die Geſammtkraͤfte des
Beſiegten erhebt und folglich auch den Sieg im Geſammt-
gefecht bedingt.

292. Aber die in der vorigen Nummer gemachte
Folgerung ſetzt zwei Bedingungen voraus die nicht vor-
handen ſind: naͤmlich erſtens daß die Zahl kein Maximum
haben koͤnnte, zweitens daß der Gebrauch ein und derſel-
ben Streitkraft ſo lange noch Etwas von ihr uͤbrig iſt
keine Graͤnzen haͤtte.

293. Was den erſten Punkt betrifft ſo begrenzt
ſchon der Raum die Zahl der Streiter, denn was nicht
zur Wirkſamkeit kommen kann muß als uͤberfluͤſſig be-
trachtet werden. Dadurch wird alſo die Tiefe und die
Ausdehnung der Aufſtellung aller zur gleichzeitigen Wirk-
ſamkeit beſtimmten Streiter beſchraͤnkt und mithin die
Zahl der Streiter.

294. Aber eine viel wichtigere Beſchraͤnkung der
Zahl liegt in der Natur des Feuergefechts. Wir haben
geſehen (89. c.) daß die groͤßere Zahl in demſelben inner-
halb gewiſſer Grenzen nur die Wirkung hat die beiderſei-
tige alſo die Geſammtkraft des Feuergefechts zu verſtaͤr-
ken. Da alſo wo fuͤr einen Theil in dieſer Verſtaͤrkung

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[334/0348] dung aller Streitkraͤfte, d. h. die hoͤchſte Vereinigung der- ſelben in der Zeit gegen einen Feind der ſie nicht alle zu- gleich anwendet, den Sieg geben und zwar zuerſt uͤber den Theil der feindlichen Streitkraͤfte der gebraucht wor- den iſt; da aber durch dieſen Sieg uͤber einen Theil die moraliſchen Kraͤfte des Siegers uͤberhaupt zu- und die des Beſiegten abnehmen muͤſſen, ſo folgt, wenn auch der Ver- luſt der phyſiſchen Kraͤfte auf beiden Seiten gleich groß waͤre, daraus ſchon daß ein ſolcher Theilſieg die Ge- ſammtkraͤfte des Siegers uͤber die Geſammtkraͤfte des Beſiegten erhebt und folglich auch den Sieg im Geſammt- gefecht bedingt. 292. Aber die in der vorigen Nummer gemachte Folgerung ſetzt zwei Bedingungen voraus die nicht vor- handen ſind: naͤmlich erſtens daß die Zahl kein Maximum haben koͤnnte, zweitens daß der Gebrauch ein und derſel- ben Streitkraft ſo lange noch Etwas von ihr uͤbrig iſt keine Graͤnzen haͤtte. 293. Was den erſten Punkt betrifft ſo begrenzt ſchon der Raum die Zahl der Streiter, denn was nicht zur Wirkſamkeit kommen kann muß als uͤberfluͤſſig be- trachtet werden. Dadurch wird alſo die Tiefe und die Ausdehnung der Aufſtellung aller zur gleichzeitigen Wirk- ſamkeit beſtimmten Streiter beſchraͤnkt und mithin die Zahl der Streiter. 294. Aber eine viel wichtigere Beſchraͤnkung der Zahl liegt in der Natur des Feuergefechts. Wir haben geſehen (89. c.) daß die groͤßere Zahl in demſelben inner- halb gewiſſer Grenzen nur die Wirkung hat die beiderſei- tige alſo die Geſammtkraft des Feuergefechts zu verſtaͤr- ken. Da alſo wo fuͤr einen Theil in dieſer Verſtaͤrkung

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Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/348>, abgerufen am 28.03.2024.