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Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

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Siebenzehntes Kapitel.
Angriff von Festungen
.

Der Angriff von Festungen kann uns natürlich nicht
von der Seite der fortifikatorischen Arbeiten hier beschäf-
tigen, sondern: erstens in Beziehung auf den damit verbun-
denen strategischen Zweck; zweitens auf die Wahl unter
mehreren Festungen; drittens auf die Art die Belagerung
zu decken.

Daß der Verlust einer Festung die feindliche Verthei-
digung schwächt, besonders dann wenn sie ein wesentliches
Stück derselben ausgemacht hat, daß dem Angreifenden
aus ihrem Besitz große Bequemlichkeiten entspringen, in-
dem er sie zu Magazinen und Depots gebrauchen, Land-
striche und Quartiere dadurch decken kann u. s. w., daß sie,
wenn sein Angriff zuletzt in die Vertheidigung übergehen
sollte, die stärksten Stützen dieser Vertheidigung werden:
alle diese Beziehungen, welche die Festungen zu den Kriegs-
theatern in dem Fortgang des Krieges haben, lassen sich
hinreichend aus Dem erkennen, was wir im Buch von der
Vertheidigung über die Festungen gesagt haben, der Re-
flex davon wird das nöthige Licht über den Angriff ver-
breiten.

Auch in Beziehung auf die Eroberung fester Plätze
findet ein großer Unterschied zwischen den Feldzügen mit
einer großen Entscheidung und den andern statt. Dort ist
diese Eroberung immer als ein nothwendiges Uebel anzu-
sehen. Man belagert nur was man schlechterdings nicht
unbelagert lassen kann, so lange man nämlich noch Etwas
zu entscheiden hat. Nur wenn die Entscheidung ganz gege-

Siebenzehntes Kapitel.
Angriff von Feſtungen
.

Der Angriff von Feſtungen kann uns natuͤrlich nicht
von der Seite der fortifikatoriſchen Arbeiten hier beſchaͤf-
tigen, ſondern: erſtens in Beziehung auf den damit verbun-
denen ſtrategiſchen Zweck; zweitens auf die Wahl unter
mehreren Feſtungen; drittens auf die Art die Belagerung
zu decken.

Daß der Verluſt einer Feſtung die feindliche Verthei-
digung ſchwaͤcht, beſonders dann wenn ſie ein weſentliches
Stuͤck derſelben ausgemacht hat, daß dem Angreifenden
aus ihrem Beſitz große Bequemlichkeiten entſpringen, in-
dem er ſie zu Magazinen und Depots gebrauchen, Land-
ſtriche und Quartiere dadurch decken kann u. ſ. w., daß ſie,
wenn ſein Angriff zuletzt in die Vertheidigung uͤbergehen
ſollte, die ſtaͤrkſten Stuͤtzen dieſer Vertheidigung werden:
alle dieſe Beziehungen, welche die Feſtungen zu den Kriegs-
theatern in dem Fortgang des Krieges haben, laſſen ſich
hinreichend aus Dem erkennen, was wir im Buch von der
Vertheidigung uͤber die Feſtungen geſagt haben, der Re-
flex davon wird das noͤthige Licht uͤber den Angriff ver-
breiten.

Auch in Beziehung auf die Eroberung feſter Plaͤtze
findet ein großer Unterſchied zwiſchen den Feldzuͤgen mit
einer großen Entſcheidung und den andern ſtatt. Dort iſt
dieſe Eroberung immer als ein nothwendiges Uebel anzu-
ſehen. Man belagert nur was man ſchlechterdings nicht
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[47/0061] Siebenzehntes Kapitel. Angriff von Feſtungen. Der Angriff von Feſtungen kann uns natuͤrlich nicht von der Seite der fortifikatoriſchen Arbeiten hier beſchaͤf- tigen, ſondern: erſtens in Beziehung auf den damit verbun- denen ſtrategiſchen Zweck; zweitens auf die Wahl unter mehreren Feſtungen; drittens auf die Art die Belagerung zu decken. Daß der Verluſt einer Feſtung die feindliche Verthei- digung ſchwaͤcht, beſonders dann wenn ſie ein weſentliches Stuͤck derſelben ausgemacht hat, daß dem Angreifenden aus ihrem Beſitz große Bequemlichkeiten entſpringen, in- dem er ſie zu Magazinen und Depots gebrauchen, Land- ſtriche und Quartiere dadurch decken kann u. ſ. w., daß ſie, wenn ſein Angriff zuletzt in die Vertheidigung uͤbergehen ſollte, die ſtaͤrkſten Stuͤtzen dieſer Vertheidigung werden: alle dieſe Beziehungen, welche die Feſtungen zu den Kriegs- theatern in dem Fortgang des Krieges haben, laſſen ſich hinreichend aus Dem erkennen, was wir im Buch von der Vertheidigung uͤber die Feſtungen geſagt haben, der Re- flex davon wird das noͤthige Licht uͤber den Angriff ver- breiten. Auch in Beziehung auf die Eroberung feſter Plaͤtze findet ein großer Unterſchied zwiſchen den Feldzuͤgen mit einer großen Entſcheidung und den andern ſtatt. Dort iſt dieſe Eroberung immer als ein nothwendiges Uebel anzu- ſehen. Man belagert nur was man ſchlechterdings nicht unbelagert laſſen kann, ſo lange man naͤmlich noch Etwas zu entſcheiden hat. Nur wenn die Entſcheidung ganz gege-

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Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/61>, abgerufen am 29.03.2024.