Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p2c_695.001
Satyre, wie wir schon erwähnt haben, mit dem p2c_695.002
alten Schauspiel verbunden. Jhr satyrischer Chor bestand p2c_695.003
aus jungen Satyrn, welche scherzten, und alten Satyrn, p2c_695.004
die im ernstern Tone sprachen. Die Satyre stand in der p2c_695.005
Mitte zwischen Komödie und Tragödie. Schon die Römer p2c_695.006
unterschieden die Satura von der dramatischen Form. Einige p2c_695.007
haben den Ursprung des Nahmens Satyre daher von p2c_695.008
den Römern ganz herleiten wollen. Ennius habe zuerst p2c_695.009
Saturas geschrieben, mehr zum Lesen, als zum Aufführen, p2c_695.010
wiewohl noch in dramatischer Form, ein Gemisch p2c_695.011
verschiedenen Jnnhalts. Der Ausdruck Satura bey den p2c_695.012
Römern mag nun wie einige wollen a lance, vel lege p2c_695.013
oder von den Satyris kommen, dramatischen Personen, qui p2c_695.014
cum lance prodibant et canistellis pomorum omni genere p2c_695.015
plenis, quibus Nymphas allicerent
. Dem sey, p2c_695.016
wie ihm wolle, so bestand die älteste Satyre der Römer, p2c_695.017
wie Diomedes sagt, ex variis poematibus und war mit p2c_695.018
den Saturninischen Versen, mit der fescennina locutione p2c_695.019
in Verbindung. - Beym Terentius Varro findet man p2c_695.020
Saturas Menippeas in Jamben. - Doch hat er auch p2c_695.021
ein Gemisch von Prosa und Versen (wie nachher Seneca und p2c_695.022
Petronius). Lucilius wählt für die Satyre gleichförmige p2c_695.023
Sylbenmaaße. Bey ihm ward die Satyre schon mehr ein p2c_695.024
poetisches Ganzes. Es war die Satyre ein genus diegematikon p2c_695.025
und kam dem beschreibenden Gedicht näher. -

p2c_695.026
Anmerk. 2. Der Plan der Satyre als beschreibendes p2c_695.027
Gedicht setzt einen gewissen einfachen Hauptgedanken

p2c_695.001
Satyre, wie wir schon erwähnt haben, mit dem p2c_695.002
alten Schauspiel verbunden. Jhr satyrischer Chor bestand p2c_695.003
aus jungen Satyrn, welche scherzten, und alten Satyrn, p2c_695.004
die im ernstern Tone sprachen. Die Satyre stand in der p2c_695.005
Mitte zwischen Komödie und Tragödie. Schon die Römer p2c_695.006
unterschieden die Satura von der dramatischen Form. Einige p2c_695.007
haben den Ursprung des Nahmens Satyre daher von p2c_695.008
den Römern ganz herleiten wollen. Ennius habe zuerst p2c_695.009
Saturas geschrieben, mehr zum Lesen, als zum Aufführen, p2c_695.010
wiewohl noch in dramatischer Form, ein Gemisch p2c_695.011
verschiedenen Jnnhalts. Der Ausdruck Satura bey den p2c_695.012
Römern mag nun wie einige wollen a lance, vel lege p2c_695.013
oder von den Satyris kommen, dramatischen Personen, qui p2c_695.014
cum lance prodibant et canistellis pomorum omni genere p2c_695.015
plenis, quibus Nymphas allicerent
. Dem sey, p2c_695.016
wie ihm wolle, so bestand die älteste Satyre der Römer, p2c_695.017
wie Diomedes sagt, ex variis poematibus und war mit p2c_695.018
den Saturninischen Versen, mit der fescennina locutione p2c_695.019
in Verbindung. ─ Beym Terentius Varro findet man p2c_695.020
Saturas Menippeas in Jamben. ─ Doch hat er auch p2c_695.021
ein Gemisch von Prosa und Versen (wie nachher Seneca und p2c_695.022
Petronius). Lucilius wählt für die Satyre gleichförmige p2c_695.023
Sylbenmaaße. Bey ihm ward die Satyre schon mehr ein p2c_695.024
poetisches Ganzes. Es war die Satyre ein genus διηγηματικον p2c_695.025
und kam dem beschreibenden Gedicht näher. ─

p2c_695.026
Anmerk. 2. Der Plan der Satyre als beschreibendes p2c_695.027
Gedicht setzt einen gewissen einfachen Hauptgedanken

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0219" n="695"/><lb n="p2c_695.001"/><hi rendition="#g">Satyre,</hi> wie wir schon erwähnt haben, mit dem <lb n="p2c_695.002"/> <hi rendition="#g">alten</hi> Schauspiel verbunden. Jhr satyrischer Chor bestand <lb n="p2c_695.003"/>
aus jungen <hi rendition="#g">Satyrn,</hi> welche scherzten, und alten <hi rendition="#g">Satyrn,</hi> <lb n="p2c_695.004"/>
die im ernstern Tone sprachen. Die Satyre stand in der <lb n="p2c_695.005"/>
Mitte zwischen Komödie und Tragödie. Schon die Römer <lb n="p2c_695.006"/>
unterschieden die Satura von der dramatischen Form. Einige <lb n="p2c_695.007"/>
haben den Ursprung des Nahmens <hi rendition="#g">Satyre</hi> daher von <lb n="p2c_695.008"/>
den Römern ganz herleiten wollen. Ennius habe zuerst <lb n="p2c_695.009"/> <hi rendition="#g">Saturas</hi> geschrieben, mehr zum Lesen, als zum Aufführen, <lb n="p2c_695.010"/>
wiewohl noch in dramatischer Form, ein <hi rendition="#g">Gemisch</hi> <lb n="p2c_695.011"/>
verschiedenen Jnnhalts. Der Ausdruck Satura bey den <lb n="p2c_695.012"/>
Römern mag nun wie einige wollen <hi rendition="#aq">a lance, vel lege</hi> <lb n="p2c_695.013"/>
oder von den Satyris kommen, dramatischen Personen, <hi rendition="#aq">qui <lb n="p2c_695.014"/>
cum lance prodibant et canistellis pomorum omni genere <lb n="p2c_695.015"/>
plenis, quibus Nymphas allicerent</hi>. Dem sey, <lb n="p2c_695.016"/>
wie ihm wolle, so bestand die älteste <hi rendition="#g">Satyre</hi> der Römer, <lb n="p2c_695.017"/>
wie Diomedes sagt, <hi rendition="#aq">ex variis poematibus</hi> und war mit <lb n="p2c_695.018"/>
den Saturninischen Versen, mit der <hi rendition="#aq">fescennina locutione</hi> <lb n="p2c_695.019"/>
in Verbindung. &#x2500; Beym <hi rendition="#aq">Terentius Varro</hi> findet man <lb n="p2c_695.020"/> <hi rendition="#aq">Saturas Menippeas</hi> in Jamben. &#x2500; Doch hat er auch <lb n="p2c_695.021"/>
ein Gemisch von Prosa und Versen (wie nachher Seneca und <lb n="p2c_695.022"/>
Petronius). Lucilius wählt für die Satyre gleichförmige <lb n="p2c_695.023"/>
Sylbenmaaße. Bey ihm ward die Satyre schon mehr ein <lb n="p2c_695.024"/>
poetisches Ganzes. Es war die Satyre ein <hi rendition="#aq">genus <foreign xml:lang="grc">&#x03B4;&#x03B9;&#x03B7;&#x03B3;&#x03B7;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BA;&#x03BF;&#x03BD;</foreign></hi> <lb n="p2c_695.025"/>
und kam dem <hi rendition="#g">beschreibenden</hi> Gedicht näher. &#x2500;</p>
            <p><lb n="p2c_695.026"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 2. Der Plan der Satyre als <hi rendition="#g">beschreibendes</hi> <lb n="p2c_695.027"/>
Gedicht setzt einen gewissen einfachen Hauptgedanken
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[695/0219] p2c_695.001 Satyre, wie wir schon erwähnt haben, mit dem p2c_695.002 alten Schauspiel verbunden. Jhr satyrischer Chor bestand p2c_695.003 aus jungen Satyrn, welche scherzten, und alten Satyrn, p2c_695.004 die im ernstern Tone sprachen. Die Satyre stand in der p2c_695.005 Mitte zwischen Komödie und Tragödie. Schon die Römer p2c_695.006 unterschieden die Satura von der dramatischen Form. Einige p2c_695.007 haben den Ursprung des Nahmens Satyre daher von p2c_695.008 den Römern ganz herleiten wollen. Ennius habe zuerst p2c_695.009 Saturas geschrieben, mehr zum Lesen, als zum Aufführen, p2c_695.010 wiewohl noch in dramatischer Form, ein Gemisch p2c_695.011 verschiedenen Jnnhalts. Der Ausdruck Satura bey den p2c_695.012 Römern mag nun wie einige wollen a lance, vel lege p2c_695.013 oder von den Satyris kommen, dramatischen Personen, qui p2c_695.014 cum lance prodibant et canistellis pomorum omni genere p2c_695.015 plenis, quibus Nymphas allicerent. Dem sey, p2c_695.016 wie ihm wolle, so bestand die älteste Satyre der Römer, p2c_695.017 wie Diomedes sagt, ex variis poematibus und war mit p2c_695.018 den Saturninischen Versen, mit der fescennina locutione p2c_695.019 in Verbindung. ─ Beym Terentius Varro findet man p2c_695.020 Saturas Menippeas in Jamben. ─ Doch hat er auch p2c_695.021 ein Gemisch von Prosa und Versen (wie nachher Seneca und p2c_695.022 Petronius). Lucilius wählt für die Satyre gleichförmige p2c_695.023 Sylbenmaaße. Bey ihm ward die Satyre schon mehr ein p2c_695.024 poetisches Ganzes. Es war die Satyre ein genus διηγηματικον p2c_695.025 und kam dem beschreibenden Gedicht näher. ─ p2c_695.026 Anmerk. 2. Der Plan der Satyre als beschreibendes p2c_695.027 Gedicht setzt einen gewissen einfachen Hauptgedanken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/219
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/219>, abgerufen am 28.04.2024.