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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

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, lachen. Er hat oft einen sarkastischen Ton. Lucret. p2c_713.002
L. IV
. 1150. hat ebenfalls eine scherzhafte Stelle, und p2c_713.003
fällt bey seiner Schilderung der sinnlichen Liebe, etwas p2c_713.004
ins gemeine und ins ekelhafte. Seine materialistische p2c_713.005
Ansicht und der Römische Sinn wirken hier freylich zusammen.

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§. 4.

p2c_713.008
Der Styl des höhern Lehrgedichts muß mit lyrischer p2c_713.009
Hoheit eine lichte deutliche Darstellung verbinden, p2c_713.010
darf weder zu abstrakt, noch wegen der p2c_713.011
großen herrschenden Hauptidee im Einzelnen zu figurirt p2c_713.012
und bilderreich seyn. Das Metrum muß der Sprache p2c_713.013
eine gewisse Ausdehnung gönnen, und Würde haben, p2c_713.014
weswegen die Lehrdichter das heroische, die p2c_713.015
Jamben und längere gereimte Verse zu wählen pflegen.

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Anmerk. 1. Jn Ansehung des Styls ist vielleicht p2c_713.017
keiner von den höhern Lehrdichtern ideal zu nennen. p2c_713.018
Lucrez hat an vielen, besonders gefühlvollen und mahlerischen p2c_713.019
Stellen einen ächt poetischen hohen reinen Styl. Er p2c_713.020
ist allerdings unter allen Lehrdichtern hierinnen der Erste. p2c_713.021
Aber er hat auch ganz abstrakte Stellen, wo er völlig im p2c_713.022
Ton der gelehrten Schulen spricht. Gegen eine ächt poetische p2c_713.023
Stelle, wie L. I. vs. 250. sqq. findet man vielleicht p2c_713.024
zehn, wie L. I. 420. sq. Popes Styl ist, wie immer p2c_713.025
zu bunt, oft gemeiner und sarkastischer, als einem ruhigen

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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/237>, abgerufen am 27.04.2024.