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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

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kurzen Versen, welches den Strom der Rede in engen p2c_544.002
Schranken hält und dadurch erhöht. Vorzüglich sind p2c_544.003
die strophischen Versarten auf sie anzuwenden, weil p2c_544.004
diese am meisten das Gepräge der Vollendung haben. p2c_544.005
Der Styl der Ode ist der vollendeteste von allen, und p2c_544.006
bedarf auch einer vorzüglich musikalischen Sprache. p2c_544.007
Die einzelnen lyrischen Sylbenmaaße, in wie p2c_544.008
fern sie für besondre lyrische Empfindungen passen, haben p2c_544.009
wir schon oben genauer bestimmt.

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Anmerk. Bey den Griechen war die lyrische Poesie p2c_544.011
zuweilen nicht nur mit Musik, sondern auch mit Wendungen p2c_544.012
des Tanzes verbunden. Daher in den Oden p2c_544.013
und Chören Strophe, Antistrophe, Epodos. Daher p2c_544.014
und wegen der Musik mußte die Antistrophe dem Takt nach p2c_544.015
der Strophe correspondiren. Alcäus, Sappho, Horaz u. p2c_544.016
s. w. haben monostrophische Oden. Diese hießen eben wegen p2c_544.017
der Beziehung auf den Tanz, der hier wegfiel, auch p2c_544.018
stasima. Bey den neuern Nazionen hat man den Reim p2c_544.019
für die Ode angenommen. Aber auch hier sind Stanzen p2c_544.020
oder besondere Reimsysteme nöthig, um dem Metrum die p2c_544.021
gehörige Vollendung und Rundung zu geben. Bey den p2c_544.022
Jtalienern sind besonders die Canzonen für die höhere lyrische p2c_544.023
Poesie. Sie haben auch ihre Ballata und Contraballata, p2c_544.024
Volta, Rivolta
und Stanza, wie die p2c_544.025
Griechen ihre Strophen und Antistrophen, Epoden p2c_544.026
angenommen. Manche Sonnette von Petrark sind vollkommne

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Schranken hält und dadurch erhöht. Vorzüglich sind p2c_544.003
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Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/68>, abgerufen am 12.05.2024.