Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

seiner Ansichten vorzuwerfen, wenn nicht das, den Philistern
die Freude zu machen, daß sie Recht daran thun, alle Wissen-
schaft miteinander zu verachten?

III.

Hier sind einige Zeugnisse vorgeführt, die auf den eigent-
lichen Grund der Reformbedürftigkeit in der heutigen deutschen
Frauenbewegung hinabblicken lassen; Zeugnisse von Frauen, die
allerdings darum, weil sie von Frauen kommen, nicht auf-
hören, dem Zweifel an ihrer Berechtigung ausgesetzt zu sein.
Eben weil diese Zweifel schwerlich vermindert werden würden,
da in derlei Dingen ein zwingender Beweis über das That-
sächliche nicht möglich ist, so will ich es unterlassen, weiter
ähnliche Zeugnisse anzureihen, die freilich leicht zu finden wären.
Mir muß die Ueberzeugung genügen, daß ich in dem Aus-
gewählten typische Darstellungen der wirklichen Mißstände
wiedergegeben wie sie mir selber nach langjähriger Beobachtung
erscheinen.

An das eben Mitgetheilte knüpft sich zuvörderst eine Er-
örterung darüber, welches Feld weiblicher Arbeit Haus und Familie
für die Gegenwart und Zukunft darbieten, verglichen mit ver-
gangenen Zeiten. Denn die Stimmen, die wir hierüber gehört,
scheinen sich zu widersprechen. Die Einen betonen, es habe sich
eine gänzliche Umgestaltung vollzogen, vermöge deren die moderne
Productionsweise aus der Hauswirthschaft den größten Theil
der alten Arbeitsgelegenheit entführt habe; an die Stelle der
Naturalwirthschaft oder hauswirthschaftlichen Production sei
die Geldwirthschaft und verkehrsmäßige Production getreten; es

9*

seiner Ansichten vorzuwerfen, wenn nicht das, den Philistern
die Freude zu machen, daß sie Recht daran thun, alle Wissen-
schaft miteinander zu verachten?

III.

Hier sind einige Zeugnisse vorgeführt, die auf den eigent-
lichen Grund der Reformbedürftigkeit in der heutigen deutschen
Frauenbewegung hinabblicken lassen; Zeugnisse von Frauen, die
allerdings darum, weil sie von Frauen kommen, nicht auf-
hören, dem Zweifel an ihrer Berechtigung ausgesetzt zu sein.
Eben weil diese Zweifel schwerlich vermindert werden würden,
da in derlei Dingen ein zwingender Beweis über das That-
sächliche nicht möglich ist, so will ich es unterlassen, weiter
ähnliche Zeugnisse anzureihen, die freilich leicht zu finden wären.
Mir muß die Ueberzeugung genügen, daß ich in dem Aus-
gewählten typische Darstellungen der wirklichen Mißstände
wiedergegeben wie sie mir selber nach langjähriger Beobachtung
erscheinen.

An das eben Mitgetheilte knüpft sich zuvörderst eine Er-
örterung darüber, welches Feld weiblicher Arbeit Haus und Familie
für die Gegenwart und Zukunft darbieten, verglichen mit ver-
gangenen Zeiten. Denn die Stimmen, die wir hierüber gehört,
scheinen sich zu widersprechen. Die Einen betonen, es habe sich
eine gänzliche Umgestaltung vollzogen, vermöge deren die moderne
Productionsweise aus der Hauswirthschaft den größten Theil
der alten Arbeitsgelegenheit entführt habe; an die Stelle der
Naturalwirthschaft oder hauswirthschaftlichen Production sei
die Geldwirthschaft und verkehrsmäßige Production getreten; es

9*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0145" n="129"/>
seiner Ansichten vorzuwerfen, wenn nicht das, den Philistern<lb/>
die Freude zu machen, daß sie Recht daran thun, alle Wissen-<lb/>
schaft miteinander zu verachten?</p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">III</hi>.</head><lb/>
          <p>Hier sind einige Zeugnisse vorgeführt, die auf den eigent-<lb/>
lichen Grund der Reformbedürftigkeit in der heutigen deutschen<lb/>
Frauenbewegung hinabblicken lassen; Zeugnisse von Frauen, die<lb/>
allerdings darum, weil sie von Frauen kommen, nicht auf-<lb/>
hören, dem Zweifel an ihrer Berechtigung ausgesetzt zu sein.<lb/>
Eben weil diese Zweifel schwerlich vermindert werden würden,<lb/>
da in derlei Dingen ein zwingender Beweis über das That-<lb/>
sächliche nicht möglich ist, so will ich es unterlassen, weiter<lb/>
ähnliche Zeugnisse anzureihen, die freilich leicht zu finden wären.<lb/>
Mir muß die Ueberzeugung genügen, daß ich in dem Aus-<lb/>
gewählten typische Darstellungen der wirklichen Mißstände<lb/>
wiedergegeben wie sie mir selber nach langjähriger Beobachtung<lb/>
erscheinen.</p><lb/>
          <p>An das eben Mitgetheilte knüpft sich zuvörderst eine Er-<lb/>
örterung darüber, welches Feld weiblicher Arbeit Haus und Familie<lb/>
für die Gegenwart und Zukunft darbieten, verglichen mit ver-<lb/>
gangenen Zeiten. Denn die Stimmen, die wir hierüber gehört,<lb/>
scheinen sich zu widersprechen. Die Einen betonen, es habe sich<lb/>
eine gänzliche Umgestaltung vollzogen, vermöge deren die moderne<lb/>
Productionsweise aus der Hauswirthschaft den größten Theil<lb/>
der alten Arbeitsgelegenheit entführt habe; an die Stelle der<lb/>
Naturalwirthschaft oder hauswirthschaftlichen Production sei<lb/>
die Geldwirthschaft und verkehrsmäßige Production getreten; es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">9*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0145] seiner Ansichten vorzuwerfen, wenn nicht das, den Philistern die Freude zu machen, daß sie Recht daran thun, alle Wissen- schaft miteinander zu verachten? III. Hier sind einige Zeugnisse vorgeführt, die auf den eigent- lichen Grund der Reformbedürftigkeit in der heutigen deutschen Frauenbewegung hinabblicken lassen; Zeugnisse von Frauen, die allerdings darum, weil sie von Frauen kommen, nicht auf- hören, dem Zweifel an ihrer Berechtigung ausgesetzt zu sein. Eben weil diese Zweifel schwerlich vermindert werden würden, da in derlei Dingen ein zwingender Beweis über das That- sächliche nicht möglich ist, so will ich es unterlassen, weiter ähnliche Zeugnisse anzureihen, die freilich leicht zu finden wären. Mir muß die Ueberzeugung genügen, daß ich in dem Aus- gewählten typische Darstellungen der wirklichen Mißstände wiedergegeben wie sie mir selber nach langjähriger Beobachtung erscheinen. An das eben Mitgetheilte knüpft sich zuvörderst eine Er- örterung darüber, welches Feld weiblicher Arbeit Haus und Familie für die Gegenwart und Zukunft darbieten, verglichen mit ver- gangenen Zeiten. Denn die Stimmen, die wir hierüber gehört, scheinen sich zu widersprechen. Die Einen betonen, es habe sich eine gänzliche Umgestaltung vollzogen, vermöge deren die moderne Productionsweise aus der Hauswirthschaft den größten Theil der alten Arbeitsgelegenheit entführt habe; an die Stelle der Naturalwirthschaft oder hauswirthschaftlichen Production sei die Geldwirthschaft und verkehrsmäßige Production getreten; es 9*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-02-18T15:54:56Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/145
Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/145>, abgerufen am 23.04.2024.