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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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So, wenn die Mutter etwa in der Stube, oder
am Feuer, oder im Sommer vor der Thür bei
ihrer Arbeit dasitzt und das kleine Kind ist um
sie, mit seinem Spiel oder auch mit seiner Arbeit
beschäftigt; oder es steht vor ihr, die Händchen in
ihren Schooß gelehnt, oder an ihrem Kleid oder
an ihrer Arbeit spielend. Siehe, wie hängt das
Kleine mit Aug und Mund an der Mutter, wenn
sie dabei von jenen lieben Sachen ihm erzählt! -
Oder es ist Sonntag, da setzt sich am Nachmittage
oder Abende oder am Morgen, wenn die Andern
zur Kirche sind, die Mutter mit ihrem Kleinen zu
solcher Unterhaltung hin; oder sie nimmt in freier
Stunde dasselbe an die Hand, geht mit ihm in
den Garten oder hinaus in die freie Natur; da
wird das Kind aufmerksam gemacht auf all das
Schöne, was dem Aug' begegnet, und wie es der
liebe Gott und Vater sei, der das alles, - und
Alles so schön - gemacht habe, diese Pflanzen
und Blumen und Früchte, diese Vöglein und Thiere,
diese ganze Welt.

Kann es schwer sein, davon und Solches zum
Kinde zu reden? Sicher nicht, wenn die Mutter
selbst für alles dies ein Herz hat. Und dann
redet sie eine Sprache, welche das Kind gar wohl
versteht und welche das Gesagte tief in's kindliche
Herz senkt, viel tiefer meist, als der förmliche
Unterricht in der Schule, besonders, wenn die
Mutter es versteht, sich der Art des kindlichen
Geistes anzuschließen.

Das Kind, noch wenig gewöhnt an eigentliches
Denken und wenig geübt darin, nimmt am Leich-

So, wenn die Mutter etwa in der Stube, oder
am Feuer, oder im Sommer vor der Thür bei
ihrer Arbeit dasitzt und das kleine Kind ist um
sie, mit seinem Spiel oder auch mit seiner Arbeit
beschäftigt; oder es steht vor ihr, die Händchen in
ihren Schooß gelehnt, oder an ihrem Kleid oder
an ihrer Arbeit spielend. Siehe, wie hängt das
Kleine mit Aug und Mund an der Mutter, wenn
sie dabei von jenen lieben Sachen ihm erzählt! -
Oder es ist Sonntag, da setzt sich am Nachmittage
oder Abende oder am Morgen, wenn die Andern
zur Kirche sind, die Mutter mit ihrem Kleinen zu
solcher Unterhaltung hin; oder sie nimmt in freier
Stunde dasselbe an die Hand, geht mit ihm in
den Garten oder hinaus in die freie Natur; da
wird das Kind aufmerksam gemacht auf all das
Schöne, was dem Aug' begegnet, und wie es der
liebe Gott und Vater sei, der das alles, – und
Alles so schön – gemacht habe, diese Pflanzen
und Blumen und Früchte, diese Vöglein und Thiere,
diese ganze Welt.

Kann es schwer sein, davon und Solches zum
Kinde zu reden? Sicher nicht, wenn die Mutter
selbst für alles dies ein Herz hat. Und dann
redet sie eine Sprache, welche das Kind gar wohl
versteht und welche das Gesagte tief in's kindliche
Herz senkt, viel tiefer meist, als der förmliche
Unterricht in der Schule, besonders, wenn die
Mutter es versteht, sich der Art des kindlichen
Geistes anzuschließen.

Das Kind, noch wenig gewöhnt an eigentliches
Denken und wenig geübt darin, nimmt am Leich-

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[65/0276] So, wenn die Mutter etwa in der Stube, oder am Feuer, oder im Sommer vor der Thür bei ihrer Arbeit dasitzt und das kleine Kind ist um sie, mit seinem Spiel oder auch mit seiner Arbeit beschäftigt; oder es steht vor ihr, die Händchen in ihren Schooß gelehnt, oder an ihrem Kleid oder an ihrer Arbeit spielend. Siehe, wie hängt das Kleine mit Aug und Mund an der Mutter, wenn sie dabei von jenen lieben Sachen ihm erzählt! - Oder es ist Sonntag, da setzt sich am Nachmittage oder Abende oder am Morgen, wenn die Andern zur Kirche sind, die Mutter mit ihrem Kleinen zu solcher Unterhaltung hin; oder sie nimmt in freier Stunde dasselbe an die Hand, geht mit ihm in den Garten oder hinaus in die freie Natur; da wird das Kind aufmerksam gemacht auf all das Schöne, was dem Aug' begegnet, und wie es der liebe Gott und Vater sei, der das alles, – und Alles so schön – gemacht habe, diese Pflanzen und Blumen und Früchte, diese Vöglein und Thiere, diese ganze Welt. Kann es schwer sein, davon und Solches zum Kinde zu reden? Sicher nicht, wenn die Mutter selbst für alles dies ein Herz hat. Und dann redet sie eine Sprache, welche das Kind gar wohl versteht und welche das Gesagte tief in's kindliche Herz senkt, viel tiefer meist, als der förmliche Unterricht in der Schule, besonders, wenn die Mutter es versteht, sich der Art des kindlichen Geistes anzuschließen. Das Kind, noch wenig gewöhnt an eigentliches Denken und wenig geübt darin, nimmt am Leich-

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/276>, abgerufen am 29.03.2024.