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Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

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sern wolte, und mit deinem neuen
Kleide, welches du meiner Meynung
nach morgen anziehen wirst, denn es
ist Sonntag, und ich würde mich sehr
betrogen haben, wenn du nicht wärest
wieder kommen. Jch habe schändlich
vergessen, ihn wieder zu verstecken, um
dich zu verhindern, ihn zu verkaufen,
wie du viel anderen Sachen gethan hast,
ohne mir etwas davon abzugeben. Sie
endigte diese Geschichte, indem sie trau-
rig und mißvergnügt über ihn schien.
Roderige aber fieng an zu lachen,
und antwortete ihr: GOtt behüte
dich für Unglück, da er dir so gute
Hände gegeben. Bey meiner Treue,
fuhr er fort, diesen Mantel könnte
ein heiliger Georg tragen: wir wol-
len ihn verkaufen, und das Geld da-
vor theilen, ich gebe dir mein Wort.
Und nachdem er ihn von verschiedenen
Seiten umkehrte, so sagte er: Er
ist wohl zwanzig Thaler werth; aber
sage mir: Weiß dein Vetter nichts von
dieser Sache? Behüte GOtt, ant-
wortete Cataline, wenn er es wü-
ste, so würde er wenigstens die Helf-

te

ſern wolte, und mit deinem neuen
Kleide, welches du meiner Meynung
nach morgen anziehen wirſt, denn es
iſt Sonntag, und ich wuͤrde mich ſehr
betrogen haben, wenn du nicht waͤreſt
wieder kommen. Jch habe ſchaͤndlich
vergeſſen, ihn wieder zu verſtecken, um
dich zu verhindern, ihn zu verkaufen,
wie du viel anderen Sachen gethan haſt,
ohne mir etwas davon abzugeben. Sie
endigte dieſe Geſchichte, indem ſie trau-
rig und mißvergnuͤgt uͤber ihn ſchien.
Roderige aber fieng an zu lachen,
und antwortete ihr: GOtt behuͤte
dich fuͤr Ungluͤck, da er dir ſo gute
Haͤnde gegeben. Bey meiner Treue,
fuhr er fort, dieſen Mantel koͤnnte
ein heiliger Georg tragen: wir wol-
len ihn verkaufen, und das Geld da-
vor theilen, ich gebe dir mein Wort.
Und nachdem er ihn von verſchiedenen
Seiten umkehrte, ſo ſagte er: Er
iſt wohl zwanzig Thaler werth; aber
ſage mir: Weiß dein Vetter nichts von
dieſer Sache? Behuͤte GOtt, ant-
wortete Cataline, wenn er es wuͤ-
ſte, ſo wuͤrde er wenigſtens die Helf-

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[28/0030] ſern wolte, und mit deinem neuen Kleide, welches du meiner Meynung nach morgen anziehen wirſt, denn es iſt Sonntag, und ich wuͤrde mich ſehr betrogen haben, wenn du nicht waͤreſt wieder kommen. Jch habe ſchaͤndlich vergeſſen, ihn wieder zu verſtecken, um dich zu verhindern, ihn zu verkaufen, wie du viel anderen Sachen gethan haſt, ohne mir etwas davon abzugeben. Sie endigte dieſe Geſchichte, indem ſie trau- rig und mißvergnuͤgt uͤber ihn ſchien. Roderige aber fieng an zu lachen, und antwortete ihr: GOtt behuͤte dich fuͤr Ungluͤck, da er dir ſo gute Haͤnde gegeben. Bey meiner Treue, fuhr er fort, dieſen Mantel koͤnnte ein heiliger Georg tragen: wir wol- len ihn verkaufen, und das Geld da- vor theilen, ich gebe dir mein Wort. Und nachdem er ihn von verſchiedenen Seiten umkehrte, ſo ſagte er: Er iſt wohl zwanzig Thaler werth; aber ſage mir: Weiß dein Vetter nichts von dieſer Sache? Behuͤte GOtt, ant- wortete Cataline, wenn er es wuͤ- ſte, ſo wuͤrde er wenigſtens die Helf- te

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Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/30>, abgerufen am 25.04.2024.