Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

der See große Teiche; wann nun Flut in der See, so tritt die See dahin nein; in der Ebbe machen sie den Damm wieder zu und lassen's so stehen, bis durch die Sonnenhitze das Salz gewürket wird. Dergleichen Teiche haben sie viel. Etliche aber kochen's gar mit Torf, wie in Holstein, Engeland und Dänemark nicht viel Holz und sehr teuer ist.

Wir hatten einen starken Süd-West-Wind. Da lag ein groß frantzösisch Schiff, so damals Orlog mit Holland hatten, gegen uns. Die Wache vom Mast sahe ihm von weitem und schreit: "Frembd Schepp, frembd Schepp!"

Da kamen alle Mann oben und sahen gleich: daß es ein frantzösisch Schiff war durch den Kieker oder Perspektiv. Der wurf anfänglich dänische Flaggen aus, uns damit sicher zu locken; denn er vor dem Wind lag und nicht zu uns kommen konnte. - Der Kapitän sagte gleich: "Das ist Feind, ein Gaudieb und Jean Barth!", welches damals der berühmbte Seeräuber war. Er hatte hinten ein ganz vergüldetes Schiff, so in der Sonne sehr blitzte, und wohl drei- bis vierhundert Mann mit dreißig oder mehr Kanonen aufm Fregatt.

Unsere Makkers, oder Kamraden, rochen gleichfalls den Braten, gaben einander Zeichen und legten sich im halben Mond zusammen, immer lavierend, daß wir nicht zu jenen wollten. Indessen wurde alle unser Volk mit Ober- und Untergewehr versehen. Die Konstabel brachten die Stück zum Gatt, scharf geladen. Umb den Schiffbord wurden Hölzer aufgesteckt, und die starken, gepichten Tau, als eine Brustwehre, ringsumb angebunden. In summa: es war alles fertig zum Schlagen.

Ich sollte und mußte in'n Raum, unten ins Schiff, in die Pulverkammer; weil, sagte der Kommandeur, der

der See große Teiche; wann nun Flut in der See, so tritt die See dahin nein; in der Ebbe machen sie den Damm wieder zu und lassen’s so stehen, bis durch die Sonnenhitze das Salz gewürket wird. Dergleichen Teiche haben sie viel. Etliche aber kochen’s gar mit Torf, wie in Holstein, Engeland und Dänemark nicht viel Holz und sehr teuer ist.

Wir hatten einen starken Süd-West-Wind. Da lag ein groß frantzösisch Schiff, so damals Orlog mit Holland hatten, gegen uns. Die Wache vom Mast sahe ihm von weitem und schreit: „Frembd Schepp, frembd Schepp!“

Da kamen alle Mann oben und sahen gleich: daß es ein frantzösisch Schiff war durch den Kieker oder Perspektiv. Der wurf anfänglich dänische Flaggen aus, uns damit sicher zu locken; denn er vor dem Wind lag und nicht zu uns kommen konnte. – Der Kapitän sagte gleich: „Das ist Feind, ein Gaudieb und Jean Barth!“, welches damals der berühmbte Seeräuber war. Er hatte hinten ein ganz vergüldetes Schiff, so in der Sonne sehr blitzte, und wohl drei- bis vierhundert Mann mit dreißig oder mehr Kanonen aufm Fregatt.

Unsere Makkers, oder Kamraden, rochen gleichfalls den Braten, gaben einander Zeichen und legten sich im halben Mond zusammen, immer lavierend, daß wir nicht zu jenen wollten. Indessen wurde alle unser Volk mit Ober- und Untergewehr versehen. Die Konstabel brachten die Stück zum Gatt, scharf geladen. Umb den Schiffbord wurden Hölzer aufgesteckt, und die starken, gepichten Tau, als eine Brustwehre, ringsumb angebunden. In summa: es war alles fertig zum Schlagen.

Ich sollte und mußte in’n Raum, unten ins Schiff, in die Pulverkammer; weil, sagte der Kommandeur, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0152"/>
der See große Teiche; wann nun Flut in der See, so tritt die See dahin nein; in der Ebbe machen sie den Damm wieder zu und lassen&#x2019;s so stehen, bis durch die Sonnenhitze das Salz gewürket wird. Dergleichen Teiche haben sie viel. Etliche aber kochen&#x2019;s gar mit Torf, wie in Holstein, Engeland und Dänemark nicht viel Holz und sehr teuer ist.</p>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>ir hatten einen starken Süd-West-Wind. Da lag ein groß frantzösisch Schiff, so damals Orlog mit Holland hatten, gegen uns. Die Wache vom Mast sahe ihm von weitem und schreit: &#x201E;Frembd Schepp, frembd Schepp!&#x201C;</p>
          <p>Da kamen alle Mann oben und sahen gleich: daß es ein frantzösisch Schiff war durch den Kieker oder Perspektiv. Der wurf anfänglich dänische Flaggen aus, uns damit sicher zu locken; denn er vor dem Wind lag und nicht zu uns kommen konnte. &#x2013; Der Kapitän sagte gleich: &#x201E;Das ist Feind, ein Gaudieb und Jean Barth!&#x201C;, welches damals der berühmbte Seeräuber war. Er hatte hinten ein ganz vergüldetes Schiff, so in der Sonne sehr blitzte, und wohl drei- bis vierhundert Mann mit dreißig oder mehr Kanonen aufm Fregatt.</p>
          <p>Unsere Makkers, oder Kamraden, rochen gleichfalls den Braten, gaben einander Zeichen und legten sich im halben Mond zusammen, immer lavierend, daß wir nicht zu jenen wollten. Indessen wurde alle unser Volk mit Ober- und Untergewehr versehen. Die Konstabel brachten die Stück zum Gatt, scharf geladen. Umb den Schiffbord wurden Hölzer aufgesteckt, und die starken, gepichten Tau, als eine Brustwehre, ringsumb angebunden. <hi rendition="#aq">In summa</hi>: es war alles fertig zum Schlagen.</p>
          <p>Ich sollte und mußte in&#x2019;n Raum, unten ins Schiff, in die Pulverkammer; weil, sagte der Kommandeur, der
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0152] der See große Teiche; wann nun Flut in der See, so tritt die See dahin nein; in der Ebbe machen sie den Damm wieder zu und lassen’s so stehen, bis durch die Sonnenhitze das Salz gewürket wird. Dergleichen Teiche haben sie viel. Etliche aber kochen’s gar mit Torf, wie in Holstein, Engeland und Dänemark nicht viel Holz und sehr teuer ist. Wir hatten einen starken Süd-West-Wind. Da lag ein groß frantzösisch Schiff, so damals Orlog mit Holland hatten, gegen uns. Die Wache vom Mast sahe ihm von weitem und schreit: „Frembd Schepp, frembd Schepp!“ Da kamen alle Mann oben und sahen gleich: daß es ein frantzösisch Schiff war durch den Kieker oder Perspektiv. Der wurf anfänglich dänische Flaggen aus, uns damit sicher zu locken; denn er vor dem Wind lag und nicht zu uns kommen konnte. – Der Kapitän sagte gleich: „Das ist Feind, ein Gaudieb und Jean Barth!“, welches damals der berühmbte Seeräuber war. Er hatte hinten ein ganz vergüldetes Schiff, so in der Sonne sehr blitzte, und wohl drei- bis vierhundert Mann mit dreißig oder mehr Kanonen aufm Fregatt. Unsere Makkers, oder Kamraden, rochen gleichfalls den Braten, gaben einander Zeichen und legten sich im halben Mond zusammen, immer lavierend, daß wir nicht zu jenen wollten. Indessen wurde alle unser Volk mit Ober- und Untergewehr versehen. Die Konstabel brachten die Stück zum Gatt, scharf geladen. Umb den Schiffbord wurden Hölzer aufgesteckt, und die starken, gepichten Tau, als eine Brustwehre, ringsumb angebunden. In summa: es war alles fertig zum Schlagen. Ich sollte und mußte in’n Raum, unten ins Schiff, in die Pulverkammer; weil, sagte der Kommandeur, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/152
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/152>, abgerufen am 28.03.2024.