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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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ihm das Geld, sambt dem Brief, erst gebracht. - Und hieß: man hätte nicht gewußt, an wen es wäre. - O, Bosheit!

Doch war es eben zu der nötigsten Zeit meinem Vater gekommen, so mir die seelige Mutter öfters gesaget, mit Zeigung des Beutelchens, das sie aus großer Not gerettet und augenscheinlich hernach geholfen.

Ich wurde einsmals in dieser neuen Station geholet, da war ein Draguner vom Bären grausam zugericht. - Er will des Nachtes mit etlichen andern in der Schenke die Kälber mausen. Und kommen zu seinem Unglück des Abends Bär-Leute dahin, daß der Wirt die Kälber anderstwohin, die Bäre aber los (damit sie fressen könnten) in eben den Stall, wo die Kälber gestanden, gethan werden. Die Draguner wissen nicht anders, denn daß die Kälber noch da stehen. Schlagen des Nachtes ein Feld ein. Da dieser hineinkriecht und weidlich umb sich, nach den Kälbern, tappet, endlich einen Bär beim Kopf krieget. Der Bär, riechende, daß es ein Frembder ist, ziehet ihm fast das Fell übern Kopf, daß er heftig anhebt zu schreien, bis der Wirt und Bär-Leute ihme kümmerlich das Leben retten. Die andern beiden laufen indeß davon. - Ich hatte viel mit dem Kerl zu thun und etliche mal zu heften.

Hiebei fällt mir noch ein, was mir in Itzehoe begegnet und schwerlich jemand glauben wird, da ich's doch wahrhaftig mit Augen gesehen und mit Händen betasten müssen.

Es war ein kommandierender Major von unserm Regiment daselbst, dessen Frau den armen Leuten wenig Gutes im Quartier erwies. Als dieselbe abends bei Dämmrigen in'n Hof gehet, fällt sie ein Wolf an in ihrem Hof, reißt sie übern Haufen und hat ihr fast

ihm das Geld, sambt dem Brief, erst gebracht. – Und hieß: man hätte nicht gewußt, an wen es wäre. – O, Bosheit!

Doch war es eben zu der nötigsten Zeit meinem Vater gekommen, so mir die seelige Mutter öfters gesaget, mit Zeigung des Beutelchens, das sie aus großer Not gerettet und augenscheinlich hernach geholfen.

Ich wurde einsmals in dieser neuen Station geholet, da war ein Draguner vom Bären grausam zugericht. – Er will des Nachtes mit etlichen andern in der Schenke die Kälber mausen. Und kommen zu seinem Unglück des Abends Bär-Leute dahin, daß der Wirt die Kälber anderstwohin, die Bäre aber los (damit sie fressen könnten) in eben den Stall, wo die Kälber gestanden, gethan werden. Die Draguner wissen nicht anders, denn daß die Kälber noch da stehen. Schlagen des Nachtes ein Feld ein. Da dieser hineinkriecht und weidlich umb sich, nach den Kälbern, tappet, endlich einen Bär beim Kopf krieget. Der Bär, riechende, daß es ein Frembder ist, ziehet ihm fast das Fell übern Kopf, daß er heftig anhebt zu schreien, bis der Wirt und Bär-Leute ihme kümmerlich das Leben retten. Die andern beiden laufen indeß davon. – Ich hatte viel mit dem Kerl zu thun und etliche mal zu heften.

Hiebei fällt mir noch ein, was mir in Itzehoe begegnet und schwerlich jemand glauben wird, da ich’s doch wahrhaftig mit Augen gesehen und mit Händen betasten müssen.

Es war ein kommandierender Major von unserm Regiment daselbst, dessen Frau den armen Leuten wenig Gutes im Quartier erwies. Als dieselbe abends bei Dämmrigen in’n Hof gehet, fällt sie ein Wolf an in ihrem Hof, reißt sie übern Haufen und hat ihr fast

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[0180] ihm das Geld, sambt dem Brief, erst gebracht. – Und hieß: man hätte nicht gewußt, an wen es wäre. – O, Bosheit! Doch war es eben zu der nötigsten Zeit meinem Vater gekommen, so mir die seelige Mutter öfters gesaget, mit Zeigung des Beutelchens, das sie aus großer Not gerettet und augenscheinlich hernach geholfen. Ich wurde einsmals in dieser neuen Station geholet, da war ein Draguner vom Bären grausam zugericht. – Er will des Nachtes mit etlichen andern in der Schenke die Kälber mausen. Und kommen zu seinem Unglück des Abends Bär-Leute dahin, daß der Wirt die Kälber anderstwohin, die Bäre aber los (damit sie fressen könnten) in eben den Stall, wo die Kälber gestanden, gethan werden. Die Draguner wissen nicht anders, denn daß die Kälber noch da stehen. Schlagen des Nachtes ein Feld ein. Da dieser hineinkriecht und weidlich umb sich, nach den Kälbern, tappet, endlich einen Bär beim Kopf krieget. Der Bär, riechende, daß es ein Frembder ist, ziehet ihm fast das Fell übern Kopf, daß er heftig anhebt zu schreien, bis der Wirt und Bär-Leute ihme kümmerlich das Leben retten. Die andern beiden laufen indeß davon. – Ich hatte viel mit dem Kerl zu thun und etliche mal zu heften. Hiebei fällt mir noch ein, was mir in Itzehoe begegnet und schwerlich jemand glauben wird, da ich’s doch wahrhaftig mit Augen gesehen und mit Händen betasten müssen. Es war ein kommandierender Major von unserm Regiment daselbst, dessen Frau den armen Leuten wenig Gutes im Quartier erwies. Als dieselbe abends bei Dämmrigen in’n Hof gehet, fällt sie ein Wolf an in ihrem Hof, reißt sie übern Haufen und hat ihr fast

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/180>, abgerufen am 25.04.2024.