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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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meinen Horizont. Vermutlich aber geschiehet solches durch die abwechselnde particulae.

Obig gemeldte Barbiergesellen führeten mich auf ein Dorf, Alt-Scheitnig genannt, in den Kretscham, oder Wirtshaus, da es lustig mit Tanzen und Musik mit unzähligen Handwerksburschen zuging.

Wir tranken und essen im Kabinett mit Frieden. Als sie aber das Bier in die Köpfe bekamen, so wollten sie auch tanzen. Insonderheit hatten wir einen Barbiergesellen bei uns, welcher im Tanzen informierete. Diesen regeten sie an: sich auch sehen zu lassen.

Sobald er angefangen, seinen Franz-Tanz zu thun, stunden zwar erstlich die andern alle stille und sahen mit Verwundrung, wie er seine Sprünge that, eine Weile zu. Es war ihn'n aber zu lang worden. Deswegen sie unsers Tänzers Jungfer ein Bein stelleten. Da ging der Lärmen und Schlägerei in einem Augenblick an, und fuhr alles über- und durcheinander.

Doch der Wirt und seine Bauren machten Friede, und wir behielten den Platz; weil der Wirt einen guten Kunden an uns hatte.

Als es begunnte dämmrig zu werden, machten wir uns auch auf die Heimfahrt. Wir mußten über einen langen Damm, auf beiden Seiten mit der Oder und Ohlau umbgeben.

Dafür hatten sich die Bursche gelagert und laureten auf uns. Sobald wir ankamen, sprungen sie uns entgegen mit Degen, Prügel und Stangen. Endlich sollte sich Mann für Mann schlagen. Und steckte mir einer gleich den bloßen Degen in die Erde vor die Nase. Mit andern ging es auch so. Ehe wir's uns aber versahen, schmissen sie von hinten mit Knüttel und Prügeln drein, daß niemand wußte, wer Koch oder Kellner war. Jeder wehrete sich seiner Haut, so gut er konnte. Ein Soldat hieb mich

meinen Horizont. Vermutlich aber geschiehet solches durch die abwechselnde particulae.

Obig gemeldte Barbiergesellen führeten mich auf ein Dorf, Alt-Scheitnig genannt, in den Kretscham, oder Wirtshaus, da es lustig mit Tanzen und Musik mit unzähligen Handwerksburschen zuging.

Wir tranken und essen im Kabinett mit Frieden. Als sie aber das Bier in die Köpfe bekamen, so wollten sie auch tanzen. Insonderheit hatten wir einen Barbiergesellen bei uns, welcher im Tanzen informierete. Diesen regeten sie an: sich auch sehen zu lassen.

Sobald er angefangen, seinen Franz-Tanz zu thun, stunden zwar erstlich die andern alle stille und sahen mit Verwundrung, wie er seine Sprünge that, eine Weile zu. Es war ihn’n aber zu lang worden. Deswegen sie unsers Tänzers Jungfer ein Bein stelleten. Da ging der Lärmen und Schlägerei in einem Augenblick an, und fuhr alles über- und durcheinander.

Doch der Wirt und seine Bauren machten Friede, und wir behielten den Platz; weil der Wirt einen guten Kunden an uns hatte.

Als es begunnte dämmrig zu werden, machten wir uns auch auf die Heimfahrt. Wir mußten über einen langen Damm, auf beiden Seiten mit der Oder und Ohlau umbgeben.

Dafür hatten sich die Bursche gelagert und laureten auf uns. Sobald wir ankamen, sprungen sie uns entgegen mit Degen, Prügel und Stangen. Endlich sollte sich Mann für Mann schlagen. Und steckte mir einer gleich den bloßen Degen in die Erde vor die Nase. Mit andern ging es auch so. Ehe wir’s uns aber versahen, schmissen sie von hinten mit Knüttel und Prügeln drein, daß niemand wußte, wer Koch oder Kellner war. Jeder wehrete sich seiner Haut, so gut er konnte. Ein Soldat hieb mich

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          <p>Doch der Wirt und seine Bauren machten Friede, und wir behielten den Platz; weil der Wirt einen guten Kunden an uns hatte.</p>
          <p>Als es begunnte dämmrig zu werden, machten wir uns auch auf die Heimfahrt. Wir mußten über einen langen Damm, auf beiden Seiten mit der Oder und Ohlau umbgeben.</p>
          <p>Dafür hatten sich die Bursche gelagert und laureten auf uns. Sobald wir ankamen, sprungen sie uns entgegen mit Degen, Prügel und Stangen. Endlich sollte sich Mann für Mann schlagen. Und steckte mir einer gleich den bloßen Degen in die Erde vor die Nase. Mit andern ging es auch so. Ehe wir&#x2019;s uns aber versahen, schmissen sie von hinten mit Knüttel und Prügeln drein, daß niemand wußte, wer Koch oder Kellner war. Jeder wehrete sich seiner Haut, so gut er konnte. Ein Soldat hieb mich
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[0211] meinen Horizont. Vermutlich aber geschiehet solches durch die abwechselnde particulae. Obig gemeldte Barbiergesellen führeten mich auf ein Dorf, Alt-Scheitnig genannt, in den Kretscham, oder Wirtshaus, da es lustig mit Tanzen und Musik mit unzähligen Handwerksburschen zuging. Wir tranken und essen im Kabinett mit Frieden. Als sie aber das Bier in die Köpfe bekamen, so wollten sie auch tanzen. Insonderheit hatten wir einen Barbiergesellen bei uns, welcher im Tanzen informierete. Diesen regeten sie an: sich auch sehen zu lassen. Sobald er angefangen, seinen Franz-Tanz zu thun, stunden zwar erstlich die andern alle stille und sahen mit Verwundrung, wie er seine Sprünge that, eine Weile zu. Es war ihn’n aber zu lang worden. Deswegen sie unsers Tänzers Jungfer ein Bein stelleten. Da ging der Lärmen und Schlägerei in einem Augenblick an, und fuhr alles über- und durcheinander. Doch der Wirt und seine Bauren machten Friede, und wir behielten den Platz; weil der Wirt einen guten Kunden an uns hatte. Als es begunnte dämmrig zu werden, machten wir uns auch auf die Heimfahrt. Wir mußten über einen langen Damm, auf beiden Seiten mit der Oder und Ohlau umbgeben. Dafür hatten sich die Bursche gelagert und laureten auf uns. Sobald wir ankamen, sprungen sie uns entgegen mit Degen, Prügel und Stangen. Endlich sollte sich Mann für Mann schlagen. Und steckte mir einer gleich den bloßen Degen in die Erde vor die Nase. Mit andern ging es auch so. Ehe wir’s uns aber versahen, schmissen sie von hinten mit Knüttel und Prügeln drein, daß niemand wußte, wer Koch oder Kellner war. Jeder wehrete sich seiner Haut, so gut er konnte. Ein Soldat hieb mich

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/211>, abgerufen am 20.04.2024.