Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

mit einem Säbel zweimal übern Kopf, wie noch zu sehen, daß mir das Blut häufig übers Gesicht lief. Einen Badergesellen stach ich hingegen hinten durch die Backen. Einige wurden gehauen und gestochen. Einen von uns, mit seinem schönen, neuen Kleid, wurfen sie ins Wasser. Summa: es war ein greulich Blutbad, und waren fast alle verwundt. Da schrieen die Weiber und Kinder und alles, bis das Geschrei in die Stadt kam. Da schickte der Rath fast eine Kompagnie Soldaten und nahm alles in Arrest.

wir aber hatten uns mit zwei Kähnen auf den Thum, über die Oder, retirieret, auf meinen Rat. Legten uns ins Wirtshaus, verbanden uns unsere Wunden, speiseten und trunken, ließen uns nichts anfechten. Der Ausgesandte brachte uns die Nachricht, daß jene alle aufs Hey und in die Gefängnis geleget wären.

Unsere Herrn waren verlegen und schickten einen Boten über den andern: wir sollten heimkommen.

Allein, da war kein Trauen, bis der Schützentag anging, da zu diesem Thor ein grausamer Tumult, wie in Lübeck bei dem Schießen, war. Da drungen wir mit zum Thor hinein, wurden aber übel von unsern Herrn empfangen.

Doch schützten wir uns damit bei dem Rath, welcher uns auch wollte holen lassen, daß wir einen Advokaten annahmen; vorstelleten: wie uns jene geweglauret und angefallen. - Jene mußten alle Kaution machen, wollten sie los, und die Sache kam zum weitläuftigen Prozeß, worüber ich noch davongereiset.

Ich satzte mich mit meinem Kuffer auf einen Breslauer Kahn und fuhr auf der Oder durch die Schlesien nach Berlin. Unterwegens hatte ich auch Lebensgefahr, beim in der Oder baden. Wann ich nicht so gut schwimmen gekonnt, wäre es geschehen! - Unterwegens nahmen wir Bier auf und hatten Musikanten bis Berlin.

mit einem Säbel zweimal übern Kopf, wie noch zu sehen, daß mir das Blut häufig übers Gesicht lief. Einen Badergesellen stach ich hingegen hinten durch die Backen. Einige wurden gehauen und gestochen. Einen von uns, mit seinem schönen, neuen Kleid, wurfen sie ins Wasser. Summa: es war ein greulich Blutbad, und waren fast alle verwundt. Da schrieen die Weiber und Kinder und alles, bis das Geschrei in die Stadt kam. Da schickte der Rath fast eine Kompagnie Soldaten und nahm alles in Arrest.

wir aber hatten uns mit zwei Kähnen auf den Thum, über die Oder, retirieret, auf meinen Rat. Legten uns ins Wirtshaus, verbanden uns unsere Wunden, speiseten und trunken, ließen uns nichts anfechten. Der Ausgesandte brachte uns die Nachricht, daß jene alle aufs Hey und in die Gefängnis geleget wären.

Unsere Herrn waren verlegen und schickten einen Boten über den andern: wir sollten heimkommen.

Allein, da war kein Trauen, bis der Schützentag anging, da zu diesem Thor ein grausamer Tumult, wie in Lübeck bei dem Schießen, war. Da drungen wir mit zum Thor hinein, wurden aber übel von unsern Herrn empfangen.

Doch schützten wir uns damit bei dem Rath, welcher uns auch wollte holen lassen, daß wir einen Advokaten annahmen; vorstelleten: wie uns jene geweglauret und angefallen. – Jene mußten alle Kaution machen, wollten sie los, und die Sache kam zum weitläuftigen Prozeß, worüber ich noch davongereiset.

Ich satzte mich mit meinem Kuffer auf einen Breslauer Kahn und fuhr auf der Oder durch die Schlesien nach Berlin. Unterwegens hatte ich auch Lebensgefahr, beim in der Oder baden. Wann ich nicht so gut schwimmen gekonnt, wäre es geschehen! – Unterwegens nahmen wir Bier auf und hatten Musikanten bis Berlin.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0213"/>
mit einem Säbel zweimal übern Kopf, wie noch zu sehen, daß mir das Blut häufig übers Gesicht lief. Einen Badergesellen stach ich hingegen hinten durch die Backen. Einige wurden gehauen und gestochen. Einen von uns, mit seinem schönen, neuen Kleid, wurfen sie ins Wasser. <hi rendition="#aq">Summa</hi>: es war ein greulich Blutbad, und waren fast alle verwundt. Da schrieen die Weiber und Kinder und alles, bis das Geschrei in die Stadt kam. Da schickte der Rath fast eine Kompagnie Soldaten und nahm alles in Arrest.</p>
          <p>wir aber hatten uns mit zwei Kähnen auf den Thum, über die Oder, retirieret, auf meinen Rat. Legten uns ins Wirtshaus, verbanden uns unsere Wunden, speiseten und trunken, ließen uns nichts anfechten. Der Ausgesandte brachte uns die Nachricht, daß jene alle aufs Hey und in die Gefängnis geleget wären.</p>
          <p>Unsere Herrn waren verlegen und schickten einen Boten über den andern: wir sollten heimkommen.</p>
          <p>Allein, da war kein Trauen, bis der Schützentag anging, da zu diesem Thor ein grausamer Tumult, wie in Lübeck bei dem Schießen, war. Da drungen wir mit zum Thor hinein, wurden aber übel von unsern Herrn empfangen.</p>
          <p>Doch schützten wir uns damit bei dem Rath, welcher uns auch wollte holen lassen, daß wir einen Advokaten annahmen; vorstelleten: wie uns jene geweglauret und angefallen. &#x2013; Jene mußten alle Kaution machen, wollten sie los, und die Sache kam zum weitläuftigen Prozeß, worüber ich noch davongereiset.</p>
          <p><hi rendition="#in">I</hi>ch satzte mich mit meinem Kuffer auf einen Breslauer Kahn und fuhr auf der Oder durch die Schlesien nach Berlin. Unterwegens hatte ich auch Lebensgefahr, beim in der Oder baden. Wann ich nicht so gut schwimmen gekonnt, wäre es geschehen! &#x2013; Unterwegens nahmen wir Bier auf und hatten Musikanten bis Berlin.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0213] mit einem Säbel zweimal übern Kopf, wie noch zu sehen, daß mir das Blut häufig übers Gesicht lief. Einen Badergesellen stach ich hingegen hinten durch die Backen. Einige wurden gehauen und gestochen. Einen von uns, mit seinem schönen, neuen Kleid, wurfen sie ins Wasser. Summa: es war ein greulich Blutbad, und waren fast alle verwundt. Da schrieen die Weiber und Kinder und alles, bis das Geschrei in die Stadt kam. Da schickte der Rath fast eine Kompagnie Soldaten und nahm alles in Arrest. wir aber hatten uns mit zwei Kähnen auf den Thum, über die Oder, retirieret, auf meinen Rat. Legten uns ins Wirtshaus, verbanden uns unsere Wunden, speiseten und trunken, ließen uns nichts anfechten. Der Ausgesandte brachte uns die Nachricht, daß jene alle aufs Hey und in die Gefängnis geleget wären. Unsere Herrn waren verlegen und schickten einen Boten über den andern: wir sollten heimkommen. Allein, da war kein Trauen, bis der Schützentag anging, da zu diesem Thor ein grausamer Tumult, wie in Lübeck bei dem Schießen, war. Da drungen wir mit zum Thor hinein, wurden aber übel von unsern Herrn empfangen. Doch schützten wir uns damit bei dem Rath, welcher uns auch wollte holen lassen, daß wir einen Advokaten annahmen; vorstelleten: wie uns jene geweglauret und angefallen. – Jene mußten alle Kaution machen, wollten sie los, und die Sache kam zum weitläuftigen Prozeß, worüber ich noch davongereiset. Ich satzte mich mit meinem Kuffer auf einen Breslauer Kahn und fuhr auf der Oder durch die Schlesien nach Berlin. Unterwegens hatte ich auch Lebensgefahr, beim in der Oder baden. Wann ich nicht so gut schwimmen gekonnt, wäre es geschehen! – Unterwegens nahmen wir Bier auf und hatten Musikanten bis Berlin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/213
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/213>, abgerufen am 23.04.2024.