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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Begräbnis der leiblichen Mutter ins Haus zu schicken. - weil sie aber halsstarrig und es durchaus nicht thun wollten, mußte die Scharwacht solches thun. Das war ein großes Spektakul.

Ich ließ aber doch das Kind mit Ceremonien begraben. Und kostete mir sechsundzwanzig Thaler.

Von alle diesem Schrecken und Alteration, welche die Mutter hievon hatte, konnte freilich das dritte kleine Kind, welches sie noch an der Brust soge, nichtes Gutes bekommen. Bekam derhalb die böse Seuche, worin es drei Wochen mit großem Jammer zubrachte - und starb auch.

Da wurden die Leut ganz rasend auf mich. Und wollte mich meiner Frauen Bruder hinterm Tisch bei der Barbierinnung durchstoßen mit dem bloßen Degen. So aber noch verhindert wurde.

Inzwischen wurde den Vormündern und Schwiegervater gerichtlich anbefohlen: binnen vierzehen Tagen mich ex communione zu setzen und mein ausgelegtes Geld zu bezahlen oder der Ezekution, Tax und Subhastation zu gewarten.

Die Vormünder hatten noch einige silberne Becher und anderst vor die Kinder in der Teilung zu sich genommen, welches sie auf Anregen des Vaters und der Freunde verkauften und an mich, zum Prozeß, verwandten. Mit Briefen von acht bis neun Bogen gegen mich einkamen! Es half aber nichts und blieb bei der Exekution; währete wohl Jahr und Tag; endlich wurde das Haus angeschlagen.

Und ich bot zum ersten tausend Thaler baar Geld. Das war ihn'n lange nicht gnung. Schickten viel Juden und andere Leute, solches zu kaufen, ins Haus. Aber, es wollte niemand anbeißen und sich drein melieren.

Weil sich aber kein besserer Käufer fand, zogen sie

Begräbnis der leiblichen Mutter ins Haus zu schicken. – weil sie aber halsstarrig und es durchaus nicht thun wollten, mußte die Scharwacht solches thun. Das war ein großes Spektakul.

Ich ließ aber doch das Kind mit Ceremonien begraben. Und kostete mir sechsundzwanzig Thaler.

Von alle diesem Schrecken und Alteration, welche die Mutter hievon hatte, konnte freilich das dritte kleine Kind, welches sie noch an der Brust soge, nichtes Gutes bekommen. Bekam derhalb die böse Seuche, worin es drei Wochen mit großem Jammer zubrachte – und starb auch.

Da wurden die Leut ganz rasend auf mich. Und wollte mich meiner Frauen Bruder hinterm Tisch bei der Barbierinnung durchstoßen mit dem bloßen Degen. So aber noch verhindert wurde.

Inzwischen wurde den Vormündern und Schwiegervater gerichtlich anbefohlen: binnen vierzehen Tagen mich ex communione zu setzen und mein ausgelegtes Geld zu bezahlen oder der Ezekution, Tax und Subhastation zu gewarten.

Die Vormünder hatten noch einige silberne Becher und anderst vor die Kinder in der Teilung zu sich genommen, welches sie auf Anregen des Vaters und der Freunde verkauften und an mich, zum Prozeß, verwandten. Mit Briefen von acht bis neun Bogen gegen mich einkamen! Es half aber nichts und blieb bei der Exekution; währete wohl Jahr und Tag; endlich wurde das Haus angeschlagen.

Und ich bot zum ersten tausend Thaler baar Geld. Das war ihn’n lange nicht gnung. Schickten viel Juden und andere Leute, solches zu kaufen, ins Haus. Aber, es wollte niemand anbeißen und sich drein melieren.

Weil sich aber kein besserer Käufer fand, zogen sie

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[0237] Begräbnis der leiblichen Mutter ins Haus zu schicken. – weil sie aber halsstarrig und es durchaus nicht thun wollten, mußte die Scharwacht solches thun. Das war ein großes Spektakul. Ich ließ aber doch das Kind mit Ceremonien begraben. Und kostete mir sechsundzwanzig Thaler. Von alle diesem Schrecken und Alteration, welche die Mutter hievon hatte, konnte freilich das dritte kleine Kind, welches sie noch an der Brust soge, nichtes Gutes bekommen. Bekam derhalb die böse Seuche, worin es drei Wochen mit großem Jammer zubrachte – und starb auch. Da wurden die Leut ganz rasend auf mich. Und wollte mich meiner Frauen Bruder hinterm Tisch bei der Barbierinnung durchstoßen mit dem bloßen Degen. So aber noch verhindert wurde. Inzwischen wurde den Vormündern und Schwiegervater gerichtlich anbefohlen: binnen vierzehen Tagen mich ex communione zu setzen und mein ausgelegtes Geld zu bezahlen oder der Ezekution, Tax und Subhastation zu gewarten. Die Vormünder hatten noch einige silberne Becher und anderst vor die Kinder in der Teilung zu sich genommen, welches sie auf Anregen des Vaters und der Freunde verkauften und an mich, zum Prozeß, verwandten. Mit Briefen von acht bis neun Bogen gegen mich einkamen! Es half aber nichts und blieb bei der Exekution; währete wohl Jahr und Tag; endlich wurde das Haus angeschlagen. Und ich bot zum ersten tausend Thaler baar Geld. Das war ihn’n lange nicht gnung. Schickten viel Juden und andere Leute, solches zu kaufen, ins Haus. Aber, es wollte niemand anbeißen und sich drein melieren. Weil sich aber kein besserer Käufer fand, zogen sie

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/237>, abgerufen am 23.04.2024.