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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Denn besann ich mich auf meinen Vetter Heinrichen aufm Neumarkt. Der gab mir's den Augenblick.

Damit bezahlete ich den Brandplatz und ließ den Kauf gleich, ohne daß jemand es groß erfuhr, confirmieren. Das war klug. Denn, wenn ich damit lange gezaudert hätte, so hätte ich nichts davon gekrieget. Denn die Nachbaren wollten's alle haben und sich drein teilen, weil es ihn'n allen gelegen; sonderlich Herr Hoffmann im "Güldenen Rade", welcher das Näherrecht suchte, weil es vor dreißig Jahren von seinem Gasthof, von Worthalter Lindtnern, mit landesherrlichem Konsens separieret; auf der andern Seite packte der Kartenmacher Johann Händel die Darre an, so von seinem Hause verkauft.

Also hatte ich zwei schwere Prozesse und inhibitiones, drei Jahr lang, welche mir wohl zweihundert Thaler, jenen aber wohl sechshundert Thaler kosteten; und sie Schulden auf ihre Häuser machten. Sie hatten einen Advokaten, der hieß Doktor Gerbt. Welchen Herr Magister Nicolai (den ich an der Moritz-Kirche zu barbieren hatte und es ihm klagte) einmal vornahm und redete diesem Doktor ins Gewissen: daß es nicht recht, und unverantwortlich, Nachbarn und Freunde im Prozeß so lange zu führen und aufzuhalten, weil ich erbötig: mein Geld wieder zu nehmen, vom Prozeß los zu kommen. Denn sie ließen mir keine Ruhe. Und mit der Frau hatte ich auch immerzu Prozeß und zu klagen.

Allein dieser Gerbt hatte sich hoch vermessen, bei Schelmschelten und Galgenhängen: Hoffmann sollte den Platz bekommen; ich aber kein'n Heller Geld wieder!

Allein es weisete sich ganz anders aus, und mir ward das Recht von der Regierung zuerkannt, welche sich des Prozeß annahm und (meinem Erbieten nach) Hoffmannen befahl: in vierzehen Tagen das Geld mit allen Unkosten mir zu erstatten, oder den Prozeß sub poena praeclusionis

Denn besann ich mich auf meinen Vetter Heinrichen aufm Neumarkt. Der gab mir’s den Augenblick.

Damit bezahlete ich den Brandplatz und ließ den Kauf gleich, ohne daß jemand es groß erfuhr, confirmieren. Das war klug. Denn, wenn ich damit lange gezaudert hätte, so hätte ich nichts davon gekrieget. Denn die Nachbaren wollten’s alle haben und sich drein teilen, weil es ihn’n allen gelegen; sonderlich Herr Hoffmann im „Güldenen Rade“, welcher das Näherrecht suchte, weil es vor dreißig Jahren von seinem Gasthof, von Worthalter Lindtnern, mit landesherrlichem Konsens separieret; auf der andern Seite packte der Kartenmacher Johann Händel die Darre an, so von seinem Hause verkauft.

Also hatte ich zwei schwere Prozesse und inhibitiones, drei Jahr lang, welche mir wohl zweihundert Thaler, jenen aber wohl sechshundert Thaler kosteten; und sie Schulden auf ihre Häuser machten. Sie hatten einen Advokaten, der hieß Doktor Gerbt. Welchen Herr Magister Nicolai (den ich an der Moritz-Kirche zu barbieren hatte und es ihm klagte) einmal vornahm und redete diesem Doktor ins Gewissen: daß es nicht recht, und unverantwortlich, Nachbarn und Freunde im Prozeß so lange zu führen und aufzuhalten, weil ich erbötig: mein Geld wieder zu nehmen, vom Prozeß los zu kommen. Denn sie ließen mir keine Ruhe. Und mit der Frau hatte ich auch immerzu Prozeß und zu klagen.

Allein dieser Gerbt hatte sich hoch vermessen, bei Schelmschelten und Galgenhängen: Hoffmann sollte den Platz bekommen; ich aber kein’n Heller Geld wieder!

Allein es weisete sich ganz anders aus, und mir ward das Recht von der Regierung zuerkannt, welche sich des Prozeß annahm und (meinem Erbieten nach) Hoffmannen befahl: in vierzehen Tagen das Geld mit allen Unkosten mir zu erstatten, oder den Prozeß sub pœna præclusionis

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[0246] Denn besann ich mich auf meinen Vetter Heinrichen aufm Neumarkt. Der gab mir’s den Augenblick. Damit bezahlete ich den Brandplatz und ließ den Kauf gleich, ohne daß jemand es groß erfuhr, confirmieren. Das war klug. Denn, wenn ich damit lange gezaudert hätte, so hätte ich nichts davon gekrieget. Denn die Nachbaren wollten’s alle haben und sich drein teilen, weil es ihn’n allen gelegen; sonderlich Herr Hoffmann im „Güldenen Rade“, welcher das Näherrecht suchte, weil es vor dreißig Jahren von seinem Gasthof, von Worthalter Lindtnern, mit landesherrlichem Konsens separieret; auf der andern Seite packte der Kartenmacher Johann Händel die Darre an, so von seinem Hause verkauft. Also hatte ich zwei schwere Prozesse und inhibitiones, drei Jahr lang, welche mir wohl zweihundert Thaler, jenen aber wohl sechshundert Thaler kosteten; und sie Schulden auf ihre Häuser machten. Sie hatten einen Advokaten, der hieß Doktor Gerbt. Welchen Herr Magister Nicolai (den ich an der Moritz-Kirche zu barbieren hatte und es ihm klagte) einmal vornahm und redete diesem Doktor ins Gewissen: daß es nicht recht, und unverantwortlich, Nachbarn und Freunde im Prozeß so lange zu führen und aufzuhalten, weil ich erbötig: mein Geld wieder zu nehmen, vom Prozeß los zu kommen. Denn sie ließen mir keine Ruhe. Und mit der Frau hatte ich auch immerzu Prozeß und zu klagen. Allein dieser Gerbt hatte sich hoch vermessen, bei Schelmschelten und Galgenhängen: Hoffmann sollte den Platz bekommen; ich aber kein’n Heller Geld wieder! Allein es weisete sich ganz anders aus, und mir ward das Recht von der Regierung zuerkannt, welche sich des Prozeß annahm und (meinem Erbieten nach) Hoffmannen befahl: in vierzehen Tagen das Geld mit allen Unkosten mir zu erstatten, oder den Prozeß sub pœna præclusionis

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/246>, abgerufen am 20.04.2024.