Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Türken aber zur Moschee gemacht, durch eine Miene aufgeflogen. Ich wollte doch gleichwohl nicht mehr trauen und mich mit meiner Beute davonmachen. Als ich eben einen Keller, wo es oben brannte, vorbeiginge, da eine alte Mutter mit zwei wunderschönen Töchtern auf mich zugekrochen kam; mich nach ihrer Mode umb die Füße fassend, weinende, auf ihre Sprache, welche ich nicht verstund, umb Schutz und ihr Leben baten. Ich sahe sie an. Sie waren schön und langgewachsen, eine von zwölf, die andere etwa von achtzehen Jahren. Als ich ihnen weisete, sie sollten sich an meinen Rock halten, thaten sie das, hinter einander her und mit mir über die Bresche ins Lager gehende.

Ich gedachte lange, was ich mit ihnen machen wollte. Aber diese Sorge war vergebens. Denn sobald ich solche in mein Zelt gebracht, ihnen Essen und Trinken vorgesetzt, so sie aber nicht gewollt, hatte der General Schöneck, der uns kommandierete, davon Nachricht bekommen, daß ich schöne Türkin'n rausgebracht. Ließ mir befehlen: ich sollte solche an ihn gleich schicken, sie zu verwahren. - Das mußte ich thun und war meine schöne Beute los.

Sie wurden mit heraus, mit vielen andern vornehmen Türken und reichen Juden bis nach Berlin gebracht. Allda ich sie wiedrum bei der Garde als Feldscher zu kurieren und zu verbinden hatte. Sie ließen sich hernach taufen und wurden vornehme verheiratet.

Ich ging hernach noch einmal in die Stadt Ofen. Aber es war nichts zu thun, weil alles in Brand war. Und war dieses mein Fehler: daß ich mich, als ein junger Mensch, nicht mit mehrern andern kameradet und allein war. Denn wann ich gleich was kriegete, war mir es zu schwer; oder andere nahmen es mir wieder mit Gewalt. Wie ich denn zwei schöne Ochsen und ein Pferd

von den Türken aber zur Moschee gemacht, durch eine Miene aufgeflogen. Ich wollte doch gleichwohl nicht mehr trauen und mich mit meiner Beute davonmachen. Als ich eben einen Keller, wo es oben brannte, vorbeiginge, da eine alte Mutter mit zwei wunderschönen Töchtern auf mich zugekrochen kam; mich nach ihrer Mode umb die Füße fassend, weinende, auf ihre Sprache, welche ich nicht verstund, umb Schutz und ihr Leben baten. Ich sahe sie an. Sie waren schön und langgewachsen, eine von zwölf, die andere etwa von achtzehen Jahren. Als ich ihnen weisete, sie sollten sich an meinen Rock halten, thaten sie das, hinter einander her und mit mir über die Bresche ins Lager gehende.

Ich gedachte lange, was ich mit ihnen machen wollte. Aber diese Sorge war vergebens. Denn sobald ich solche in mein Zelt gebracht, ihnen Essen und Trinken vorgesetzt, so sie aber nicht gewollt, hatte der General Schöneck, der uns kommandierete, davon Nachricht bekommen, daß ich schöne Türkin’n rausgebracht. Ließ mir befehlen: ich sollte solche an ihn gleich schicken, sie zu verwahren. – Das mußte ich thun und war meine schöne Beute los.

Sie wurden mit heraus, mit vielen andern vornehmen Türken und reichen Juden bis nach Berlin gebracht. Allda ich sie wiedrum bei der Garde als Feldscher zu kurieren und zu verbinden hatte. Sie ließen sich hernach taufen und wurden vornehme verheiratet.

Ich ging hernach noch einmal in die Stadt Ofen. Aber es war nichts zu thun, weil alles in Brand war. Und war dieses mein Fehler: daß ich mich, als ein junger Mensch, nicht mit mehrern andern kameradet und allein war. Denn wann ich gleich was kriegete, war mir es zu schwer; oder andere nahmen es mir wieder mit Gewalt. Wie ich denn zwei schöne Ochsen und ein Pferd

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0077"/>
von den Türken aber zur Moschee gemacht, durch eine Miene aufgeflogen. Ich wollte doch gleichwohl nicht mehr trauen und mich mit meiner Beute davonmachen. Als ich eben einen Keller, wo es oben brannte, vorbeiginge, da eine alte Mutter mit zwei wunderschönen Töchtern auf mich zugekrochen kam; mich nach ihrer Mode umb die Füße fassend, weinende, auf ihre Sprache, welche ich nicht verstund, umb Schutz und ihr Leben baten. Ich sahe sie an. Sie waren schön und langgewachsen, eine von zwölf, die andere etwa von achtzehen Jahren. Als ich ihnen weisete, sie sollten sich an meinen Rock halten, thaten sie das, hinter einander her und mit mir über die Bresche ins Lager gehende.</p>
          <p>Ich gedachte lange, was ich mit ihnen machen wollte. Aber diese Sorge war vergebens. Denn sobald ich solche in mein Zelt gebracht, ihnen Essen und Trinken vorgesetzt, so sie aber nicht gewollt, hatte der General Schöneck, der uns kommandierete, davon Nachricht bekommen, daß ich schöne Türkin&#x2019;n rausgebracht. Ließ mir befehlen: ich sollte solche an ihn gleich schicken, sie zu verwahren. &#x2013; Das mußte ich thun und war meine schöne Beute los.</p>
          <p>Sie wurden mit heraus, mit vielen andern vornehmen Türken und reichen Juden bis nach Berlin gebracht. Allda ich sie wiedrum bei der Garde als Feldscher zu kurieren und zu verbinden hatte. Sie ließen sich hernach taufen und wurden vornehme verheiratet.</p>
          <p><hi rendition="#in">I</hi>ch ging hernach noch einmal in die Stadt Ofen. Aber es war nichts zu thun, weil alles in Brand war. Und war dieses mein Fehler: daß ich mich, als ein junger Mensch, nicht mit mehrern andern kameradet und allein war. Denn wann ich gleich was kriegete, war mir es zu schwer; oder andere nahmen es mir wieder mit Gewalt. Wie ich denn zwei schöne Ochsen und ein Pferd
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0077] von den Türken aber zur Moschee gemacht, durch eine Miene aufgeflogen. Ich wollte doch gleichwohl nicht mehr trauen und mich mit meiner Beute davonmachen. Als ich eben einen Keller, wo es oben brannte, vorbeiginge, da eine alte Mutter mit zwei wunderschönen Töchtern auf mich zugekrochen kam; mich nach ihrer Mode umb die Füße fassend, weinende, auf ihre Sprache, welche ich nicht verstund, umb Schutz und ihr Leben baten. Ich sahe sie an. Sie waren schön und langgewachsen, eine von zwölf, die andere etwa von achtzehen Jahren. Als ich ihnen weisete, sie sollten sich an meinen Rock halten, thaten sie das, hinter einander her und mit mir über die Bresche ins Lager gehende. Ich gedachte lange, was ich mit ihnen machen wollte. Aber diese Sorge war vergebens. Denn sobald ich solche in mein Zelt gebracht, ihnen Essen und Trinken vorgesetzt, so sie aber nicht gewollt, hatte der General Schöneck, der uns kommandierete, davon Nachricht bekommen, daß ich schöne Türkin’n rausgebracht. Ließ mir befehlen: ich sollte solche an ihn gleich schicken, sie zu verwahren. – Das mußte ich thun und war meine schöne Beute los. Sie wurden mit heraus, mit vielen andern vornehmen Türken und reichen Juden bis nach Berlin gebracht. Allda ich sie wiedrum bei der Garde als Feldscher zu kurieren und zu verbinden hatte. Sie ließen sich hernach taufen und wurden vornehme verheiratet. Ich ging hernach noch einmal in die Stadt Ofen. Aber es war nichts zu thun, weil alles in Brand war. Und war dieses mein Fehler: daß ich mich, als ein junger Mensch, nicht mit mehrern andern kameradet und allein war. Denn wann ich gleich was kriegete, war mir es zu schwer; oder andere nahmen es mir wieder mit Gewalt. Wie ich denn zwei schöne Ochsen und ein Pferd

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/77
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/77>, abgerufen am 28.03.2024.