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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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bekam; im Herausführen sie mir wieder abgenommen wurden von Kaiserlichen, welche wie der Teufel waren und hätten mich drüber totstechen sollen.

Ich kam in ein Haus, da fande ich ein Säckchen voll geschnittener Steine, Karniol; wovon ich noch etliche habe. Item, in einen Keller; und als ich visitierte, stund ein großer, langer Türk hinter der Thür. Er war erschrocken; ich noch mehr; er hätte mich leicht totmachen können: so bat er aber mit Zeichen umb sein Leben. Ich ließ ihn gehen und er lief davon.

Dies war also die konsiderabele Belagerung und Einnahm der Stadt Ofen und was dabei arrivieret, soviel ich mich noch besinnen kann.

Sonst ist noch merkwürdig, daß bei Ofen drei warme Bäder sind. Eines, das Kaiserbad, welches noch herrlich gebauet und nicht ruinieret. Aus einem Zappen oder Hahn kombt kochsiedendheiß Wasser, in welchem man Eier kochen und Hühner abbrühen kann; der andere Zappen aber eiskalt Wasser giebet. Welches den Türken sehr gelegen; maßen sie sich alle Tage baden, reinigen, die Haar an denen pudendis, sowohl Mannes- als Weibespersonen, abscheeren müssen nach ihrem Alkoran. Daher sie in allen Häusern Badestuben oder laufende Wasser haben. Aber keine Glocken leiden. Daher Morgens frühe, Mittages und Abends ein Knabe auf ihren Moscheen ausschreiet: "Allah, Allah, Allah"; das soll heißen: "GOtt, Du bist allein GOtt von Ewigkeit."

Ich muß sagen, daß die Türken in ihrer Religion besser, als teils Christen sein; denn sie fallen tages dreimal auf ihr Angesicht; sonderlich, wo sie Wasser finden, waschen sie sich und beten zu GOtt. Auch darf keiner, der nicht beschnitten, bei Leib und Leben in ihre Moscheen kommen; und müssen sie ihre Schuhe ausziehen,

bekam; im Herausführen sie mir wieder abgenommen wurden von Kaiserlichen, welche wie der Teufel waren und hätten mich drüber totstechen sollen.

Ich kam in ein Haus, da fande ich ein Säckchen voll geschnittener Steine, Karniol; wovon ich noch etliche habe. Item, in einen Keller; und als ich visitierte, stund ein großer, langer Türk hinter der Thür. Er war erschrocken; ich noch mehr; er hätte mich leicht totmachen können: so bat er aber mit Zeichen umb sein Leben. Ich ließ ihn gehen und er lief davon.

Dies war also die konsiderabele Belagerung und Einnahm der Stadt Ofen und was dabei arrivieret, soviel ich mich noch besinnen kann.

Sonst ist noch merkwürdig, daß bei Ofen drei warme Bäder sind. Eines, das Kaiserbad, welches noch herrlich gebauet und nicht ruinieret. Aus einem Zappen oder Hahn kombt kochsiedendheiß Wasser, in welchem man Eier kochen und Hühner abbrühen kann; der andere Zappen aber eiskalt Wasser giebet. Welches den Türken sehr gelegen; maßen sie sich alle Tage baden, reinigen, die Haar an denen pudendis, sowohl Mannes- als Weibespersonen, abscheeren müssen nach ihrem Alkoran. Daher sie in allen Häusern Badestuben oder laufende Wasser haben. Aber keine Glocken leiden. Daher Morgens frühe, Mittages und Abends ein Knabe auf ihren Moscheen ausschreiet: „Allah, Allah, Allah“; das soll heißen: „GOtt, Du bist allein GOtt von Ewigkeit.“

Ich muß sagen, daß die Türken in ihrer Religion besser, als teils Christen sein; denn sie fallen tages dreimal auf ihr Angesicht; sonderlich, wo sie Wasser finden, waschen sie sich und beten zu GOtt. Auch darf keiner, der nicht beschnitten, bei Leib und Leben in ihre Moscheen kommen; und müssen sie ihre Schuhe ausziehen,

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[0078] bekam; im Herausführen sie mir wieder abgenommen wurden von Kaiserlichen, welche wie der Teufel waren und hätten mich drüber totstechen sollen. Ich kam in ein Haus, da fande ich ein Säckchen voll geschnittener Steine, Karniol; wovon ich noch etliche habe. Item, in einen Keller; und als ich visitierte, stund ein großer, langer Türk hinter der Thür. Er war erschrocken; ich noch mehr; er hätte mich leicht totmachen können: so bat er aber mit Zeichen umb sein Leben. Ich ließ ihn gehen und er lief davon. Dies war also die konsiderabele Belagerung und Einnahm der Stadt Ofen und was dabei arrivieret, soviel ich mich noch besinnen kann. Sonst ist noch merkwürdig, daß bei Ofen drei warme Bäder sind. Eines, das Kaiserbad, welches noch herrlich gebauet und nicht ruinieret. Aus einem Zappen oder Hahn kombt kochsiedendheiß Wasser, in welchem man Eier kochen und Hühner abbrühen kann; der andere Zappen aber eiskalt Wasser giebet. Welches den Türken sehr gelegen; maßen sie sich alle Tage baden, reinigen, die Haar an denen pudendis, sowohl Mannes- als Weibespersonen, abscheeren müssen nach ihrem Alkoran. Daher sie in allen Häusern Badestuben oder laufende Wasser haben. Aber keine Glocken leiden. Daher Morgens frühe, Mittages und Abends ein Knabe auf ihren Moscheen ausschreiet: „Allah, Allah, Allah“; das soll heißen: „GOtt, Du bist allein GOtt von Ewigkeit.“ Ich muß sagen, daß die Türken in ihrer Religion besser, als teils Christen sein; denn sie fallen tages dreimal auf ihr Angesicht; sonderlich, wo sie Wasser finden, waschen sie sich und beten zu GOtt. Auch darf keiner, der nicht beschnitten, bei Leib und Leben in ihre Moscheen kommen; und müssen sie ihre Schuhe ausziehen,

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/78>, abgerufen am 25.04.2024.