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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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der Herr an und sagte: "Ei, das ist ein Hexenmeister und ein verkehreter Teufelsbanner gewesen!" - Weil ich bestund: er hätte viel gute chirurgische und medizinische Sachen, möchte ihn gerne lesen, da gab er mir alle fünf Teile mit nach Hause. Ich nahm solche mit großen Freuden untern Mantel und vermeinte, einen großen Schatz zu haben.

Ich kaufte mir gleich ein Pfund Licht' und studierete des Nachtes so fleißig, daß ich bald zum Narren drüber worden, Sonderlich wie ich an die sigilla und magischen Spiegel kam und tief in Gedanken saß, da fing sich mein Degen und an der Wand alles zu regen an, die ganze Stube ging mit mir umb. weil es in Mitternacht war,. fürchtet' ich mich und kroch ins Bette.

Meine Kamraden fragten mich: warum ich so bald käme wider meine Gewohnheit? - Der eine sagte: "Er fürcht sich, daß seine Liebste ihn wird auf dem Bock holen lassen." (Denn sie wußten von der Sache in Spandau.) - Der andere, welcher ein Preuße war, sagte: "Wirklich, es pfleget in Preußen oft zu geschehen, daß welche auf dem Bock geholet werden; sie wollen oder wollen nicht."

Als wir kaum aufgehöret zu reden und nun schlafen wollten, stoßet was etlichemal an die Thür. Der Preuße ruft: "Herein, herein!" Meinet: daß es etwa ein Patient wäre, deren wir oft des Nachts bekamen. Als aber niemand hereinkam und es immer an der Thür nettelte, befiehlet er den Jungen, welche bei uns lagen, aufzumachen. Dies geschehen, siehe, da kombt ein großer, schwarzer Bock herein, welcher meckert und blökete.

Wir waren alle sehr erschrocken und meineten anfanges: es wäre der lebendige Teufel und krochen unters Bette, weil wir aber in die Länge nicht sahen, daß etwas geschahe und das Blöken fortwährete, mußten die Jungen Licht anzünden. Da sahen wir, daß es ein rechter

der Herr an und sagte: „Ei, das ist ein Hexenmeister und ein verkehreter Teufelsbanner gewesen!“ – Weil ich bestund: er hätte viel gute chirurgische und medizinische Sachen, möchte ihn gerne lesen, da gab er mir alle fünf Teile mit nach Hause. Ich nahm solche mit großen Freuden untern Mantel und vermeinte, einen großen Schatz zu haben.

Ich kaufte mir gleich ein Pfund Licht’ und studierete des Nachtes so fleißig, daß ich bald zum Narren drüber worden, Sonderlich wie ich an die sigilla und magischen Spiegel kam und tief in Gedanken saß, da fing sich mein Degen und an der Wand alles zu regen an, die ganze Stube ging mit mir umb. weil es in Mitternacht war,. fürchtet’ ich mich und kroch ins Bette.

Meine Kamraden fragten mich: warum ich so bald käme wider meine Gewohnheit? – Der eine sagte: „Er fürcht sich, daß seine Liebste ihn wird auf dem Bock holen lassen.“ (Denn sie wußten von der Sache in Spandau.) – Der andere, welcher ein Preuße war, sagte: „Wirklich, es pfleget in Preußen oft zu geschehen, daß welche auf dem Bock geholet werden; sie wollen oder wollen nicht.“

Als wir kaum aufgehöret zu reden und nun schlafen wollten, stoßet was etlichemal an die Thür. Der Preuße ruft: „Herein, herein!“ Meinet: daß es etwa ein Patient wäre, deren wir oft des Nachts bekamen. Als aber niemand hereinkam und es immer an der Thür nettelte, befiehlet er den Jungen, welche bei uns lagen, aufzumachen. Dies geschehen, siehe, da kombt ein großer, schwarzer Bock herein, welcher meckert und blökete.

Wir waren alle sehr erschrocken und meineten anfanges: es wäre der lebendige Teufel und krochen unters Bette, weil wir aber in die Länge nicht sahen, daß etwas geschahe und das Blöken fortwährete, mußten die Jungen Licht anzünden. Da sahen wir, daß es ein rechter

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          <p>Wir waren alle sehr erschrocken und meineten anfanges: es wäre der lebendige Teufel und krochen unters Bette, weil wir aber in die Länge nicht sahen, daß etwas geschahe und das Blöken fortwährete, mußten die Jungen Licht anzünden. Da sahen wir, daß es ein rechter
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[0092] der Herr an und sagte: „Ei, das ist ein Hexenmeister und ein verkehreter Teufelsbanner gewesen!“ – Weil ich bestund: er hätte viel gute chirurgische und medizinische Sachen, möchte ihn gerne lesen, da gab er mir alle fünf Teile mit nach Hause. Ich nahm solche mit großen Freuden untern Mantel und vermeinte, einen großen Schatz zu haben. Ich kaufte mir gleich ein Pfund Licht’ und studierete des Nachtes so fleißig, daß ich bald zum Narren drüber worden, Sonderlich wie ich an die sigilla und magischen Spiegel kam und tief in Gedanken saß, da fing sich mein Degen und an der Wand alles zu regen an, die ganze Stube ging mit mir umb. weil es in Mitternacht war,. fürchtet’ ich mich und kroch ins Bette. Meine Kamraden fragten mich: warum ich so bald käme wider meine Gewohnheit? – Der eine sagte: „Er fürcht sich, daß seine Liebste ihn wird auf dem Bock holen lassen.“ (Denn sie wußten von der Sache in Spandau.) – Der andere, welcher ein Preuße war, sagte: „Wirklich, es pfleget in Preußen oft zu geschehen, daß welche auf dem Bock geholet werden; sie wollen oder wollen nicht.“ Als wir kaum aufgehöret zu reden und nun schlafen wollten, stoßet was etlichemal an die Thür. Der Preuße ruft: „Herein, herein!“ Meinet: daß es etwa ein Patient wäre, deren wir oft des Nachts bekamen. Als aber niemand hereinkam und es immer an der Thür nettelte, befiehlet er den Jungen, welche bei uns lagen, aufzumachen. Dies geschehen, siehe, da kombt ein großer, schwarzer Bock herein, welcher meckert und blökete. Wir waren alle sehr erschrocken und meineten anfanges: es wäre der lebendige Teufel und krochen unters Bette, weil wir aber in die Länge nicht sahen, daß etwas geschahe und das Blöken fortwährete, mußten die Jungen Licht anzünden. Da sahen wir, daß es ein rechter

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/92>, abgerufen am 25.04.2024.