Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Braten, Coteletts und Sauerkraut. Man sieht, das
letzte Stückchen mittelalterlicher Romantik hat sich in die
Ehe gerettet.

Es giebt aber noch andere Vorurtheile, die den er-
wähnten Aberglauben lebendig erhalten.

Eine ernste, andauernde Beschäftigung mit einer
Kunst oder einem Gewerbe, heißt es, würde bei der
Frau das Jnteresse an der Familie und am Familien-
leben untergraben.

Allen Vertretern dieser Meinung kann ich versichern,
daß mir in meinem Leben noch kein Künstler, kein
Kaufmann, kein Beamter, ja, was gewiß viel sagen
will, kein Schriftsteller begegnet ist, der auf sein Thun
und die Resultate desselben größeres Gewicht gelegt hätte,
als gerade die Hausfrau auf ihre häuslichen Arbeiten.

Eine Mutter, die in der Küche beim Einmachen oder
im Waschkeller beim Einseifen beschäftigt ist, zeigt sich
viel eher aufgelegt, ihren kleinen Jungen, der sie zu
stören kommt, aus der Küche zu jagen oder zu prügeln
als die Mutter, die von ihrem Kleinen beim Malen oder
Schreiben unterbrochen wird.

Der Mann wird eher seine Gattin bewegen, einen
Spaziergang mit ihm zu machen, wenn er sie beim
Excerpiren eines gelehrten Buches, als wenn er sie beim
Plätten eines Unterrocks antrifft.

Braten, Coteletts und Sauerkraut. Man sieht, das
letzte Stückchen mittelalterlicher Romantik hat sich in die
Ehe gerettet.

Es giebt aber noch andere Vorurtheile, die den er-
wähnten Aberglauben lebendig erhalten.

Eine ernste, andauernde Beschäftigung mit einer
Kunst oder einem Gewerbe, heißt es, würde bei der
Frau das Jnteresse an der Familie und am Familien-
leben untergraben.

Allen Vertretern dieser Meinung kann ich versichern,
daß mir in meinem Leben noch kein Künstler, kein
Kaufmann, kein Beamter, ja, was gewiß viel sagen
will, kein Schriftsteller begegnet ist, der auf sein Thun
und die Resultate desselben größeres Gewicht gelegt hätte,
als gerade die Hausfrau auf ihre häuslichen Arbeiten.

Eine Mutter, die in der Küche beim Einmachen oder
im Waschkeller beim Einseifen beschäftigt ist, zeigt sich
viel eher aufgelegt, ihren kleinen Jungen, der sie zu
stören kommt, aus der Küche zu jagen oder zu prügeln
als die Mutter, die von ihrem Kleinen beim Malen oder
Schreiben unterbrochen wird.

Der Mann wird eher seine Gattin bewegen, einen
Spaziergang mit ihm zu machen, wenn er sie beim
Excerpiren eines gelehrten Buches, als wenn er sie beim
Plätten eines Unterrocks antrifft.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0135" n="127"/>
Braten, Coteletts und Sauerkraut. Man sieht, das<lb/>
letzte Stückchen mittelalterlicher Romantik hat sich in die<lb/>
Ehe gerettet.</p><lb/>
          <p>Es giebt aber noch andere Vorurtheile, die den er-<lb/>
wähnten Aberglauben lebendig erhalten.</p><lb/>
          <p>Eine ernste, andauernde Beschäftigung mit einer<lb/>
Kunst oder einem Gewerbe, heißt es, würde bei der<lb/>
Frau das Jnteresse an der Familie und am Familien-<lb/>
leben untergraben.</p><lb/>
          <p>Allen Vertretern dieser Meinung kann ich versichern,<lb/>
daß mir in meinem Leben noch kein Künstler, kein<lb/>
Kaufmann, kein Beamter, ja, was gewiß viel sagen<lb/>
will, kein Schriftsteller begegnet ist, der auf sein Thun<lb/>
und die Resultate desselben größeres Gewicht gelegt hätte,<lb/>
als gerade die Hausfrau auf ihre häuslichen Arbeiten.</p><lb/>
          <p>Eine Mutter, die in der Küche beim Einmachen oder<lb/>
im Waschkeller beim Einseifen beschäftigt ist, zeigt sich<lb/>
viel eher aufgelegt, ihren kleinen Jungen, der sie zu<lb/>
stören kommt, aus der Küche zu jagen oder zu prügeln<lb/>
als die Mutter, die von ihrem Kleinen beim Malen oder<lb/>
Schreiben unterbrochen wird.</p><lb/>
          <p>Der Mann wird eher seine Gattin bewegen, einen<lb/>
Spaziergang mit ihm zu machen, wenn er sie beim<lb/>
Excerpiren eines gelehrten Buches, als wenn er sie beim<lb/>
Plätten eines Unterrocks antrifft.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0135] Braten, Coteletts und Sauerkraut. Man sieht, das letzte Stückchen mittelalterlicher Romantik hat sich in die Ehe gerettet. Es giebt aber noch andere Vorurtheile, die den er- wähnten Aberglauben lebendig erhalten. Eine ernste, andauernde Beschäftigung mit einer Kunst oder einem Gewerbe, heißt es, würde bei der Frau das Jnteresse an der Familie und am Familien- leben untergraben. Allen Vertretern dieser Meinung kann ich versichern, daß mir in meinem Leben noch kein Künstler, kein Kaufmann, kein Beamter, ja, was gewiß viel sagen will, kein Schriftsteller begegnet ist, der auf sein Thun und die Resultate desselben größeres Gewicht gelegt hätte, als gerade die Hausfrau auf ihre häuslichen Arbeiten. Eine Mutter, die in der Küche beim Einmachen oder im Waschkeller beim Einseifen beschäftigt ist, zeigt sich viel eher aufgelegt, ihren kleinen Jungen, der sie zu stören kommt, aus der Küche zu jagen oder zu prügeln als die Mutter, die von ihrem Kleinen beim Malen oder Schreiben unterbrochen wird. Der Mann wird eher seine Gattin bewegen, einen Spaziergang mit ihm zu machen, wenn er sie beim Excerpiren eines gelehrten Buches, als wenn er sie beim Plätten eines Unterrocks antrifft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/135
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/135>, abgerufen am 04.05.2024.