Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

diger Zuversicht, mit ganzem Glauben und glühender
Seele der Jdee, die ihn ergriffen, sich hingiebt, der darf
und muß sprechen wie Luther auf dem Reichstage zu
Worms: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott
helfe mir!"

Wenn wir bedenken, wie viel Millionen Jahre der
Entwickelung der Menschheit noch vorbehalten sind, liegt
dann der Gedanke so fern, daß wir vielleicht noch in
der Vorgeschichte der Menschheit stehen? Kann es uns
überraschen, daß die heutige Civilisation noch Reste der
Barbarei aufzuweisen hat?

Jch bin des Glaubens, daß zukünftige Geschlechter
auf unsere Sitten wie auf die von Urvölkern blicken
werden; ich bin des Glaubens, daß die eigentliche Ge-
schichte der Menschheit erst beginnt, wenn der letzte
Sklave befreit ist, wenn das Privilegium der Männer
auf Bildung und Erwerb abgeschafft, wenn die Frauen
aufhören, eine unterworfene Menschenklasse zu sein -
die Fesseln der Einen binden Alle - dann erst beginnt
die freie Entwickelung der Menschheit, jene Entwickelung,
deren Ziel der Mensch ist - ein Ebenbild Gottes.



diger Zuversicht, mit ganzem Glauben und glühender
Seele der Jdee, die ihn ergriffen, sich hingiebt, der darf
und muß sprechen wie Luther auf dem Reichstage zu
Worms: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott
helfe mir!‟

Wenn wir bedenken, wie viel Millionen Jahre der
Entwickelung der Menschheit noch vorbehalten sind, liegt
dann der Gedanke so fern, daß wir vielleicht noch in
der Vorgeschichte der Menschheit stehen? Kann es uns
überraschen, daß die heutige Civilisation noch Reste der
Barbarei aufzuweisen hat?

Jch bin des Glaubens, daß zukünftige Geschlechter
auf unsere Sitten wie auf die von Urvölkern blicken
werden; ich bin des Glaubens, daß die eigentliche Ge-
schichte der Menschheit erst beginnt, wenn der letzte
Sklave befreit ist, wenn das Privilegium der Männer
auf Bildung und Erwerb abgeschafft, wenn die Frauen
aufhören, eine unterworfene Menschenklasse zu sein –
die Fesseln der Einen binden Alle – dann erst beginnt
die freie Entwickelung der Menschheit, jene Entwickelung,
deren Ziel der Mensch ist – ein Ebenbild Gottes.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0015" n="7"/>
diger Zuversicht, mit ganzem Glauben und glühender<lb/>
Seele der Jdee, die ihn ergriffen, sich hingiebt, der darf<lb/>
und muß sprechen wie Luther auf dem Reichstage zu<lb/>
Worms: &#x201E;Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott<lb/>
helfe mir!&#x201F;</p><lb/>
        <p>Wenn wir bedenken, wie viel Millionen Jahre der<lb/>
Entwickelung der Menschheit noch vorbehalten sind, liegt<lb/>
dann der Gedanke so fern, daß wir vielleicht noch in<lb/>
der Vorgeschichte der Menschheit stehen? Kann es uns<lb/>
überraschen, daß die heutige Civilisation noch Reste der<lb/>
Barbarei aufzuweisen hat?</p><lb/>
        <p>Jch bin des Glaubens, daß zukünftige Geschlechter<lb/>
auf unsere Sitten wie auf die von Urvölkern blicken<lb/>
werden; ich bin des Glaubens, daß die eigentliche Ge-<lb/>
schichte der Menschheit erst beginnt, wenn der letzte<lb/>
Sklave befreit ist, wenn das Privilegium der Männer<lb/>
auf Bildung und Erwerb abgeschafft, wenn die Frauen<lb/>
aufhören, eine unterworfene Menschenklasse zu sein &#x2013;<lb/>
die Fesseln der Einen binden Alle &#x2013; dann erst beginnt<lb/>
die freie Entwickelung der Menschheit, jene Entwickelung,<lb/>
deren Ziel der Mensch ist &#x2013; ein Ebenbild Gottes.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0015] diger Zuversicht, mit ganzem Glauben und glühender Seele der Jdee, die ihn ergriffen, sich hingiebt, der darf und muß sprechen wie Luther auf dem Reichstage zu Worms: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir!‟ Wenn wir bedenken, wie viel Millionen Jahre der Entwickelung der Menschheit noch vorbehalten sind, liegt dann der Gedanke so fern, daß wir vielleicht noch in der Vorgeschichte der Menschheit stehen? Kann es uns überraschen, daß die heutige Civilisation noch Reste der Barbarei aufzuweisen hat? Jch bin des Glaubens, daß zukünftige Geschlechter auf unsere Sitten wie auf die von Urvölkern blicken werden; ich bin des Glaubens, daß die eigentliche Ge- schichte der Menschheit erst beginnt, wenn der letzte Sklave befreit ist, wenn das Privilegium der Männer auf Bildung und Erwerb abgeschafft, wenn die Frauen aufhören, eine unterworfene Menschenklasse zu sein – die Fesseln der Einen binden Alle – dann erst beginnt die freie Entwickelung der Menschheit, jene Entwickelung, deren Ziel der Mensch ist – ein Ebenbild Gottes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/15
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/15>, abgerufen am 20.04.2024.