Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

den meisten Fällen) vor Mißhandlungen und Rohheiten
schützen, vor Armuth, vor herzfressendem Kummer können
nur sie selber sich schützen dadurch, daß sie von Pflanzen-
menschen zu Gottmenschen avanciren.

Und ist dieser Ausspruch über die Sitte, die Alles
regelt, mehr als eine Phrase?

Wohl - die Sitten ändern sich, aber sie schreiten
dem vorwärtseilenden Geist nicht voran, sie folgen ihm
nach, oft unwillig und gezwungen. Und ändern sich
die Sitten etwa dadurch, daß wir die Hände müßig in
den Schooß legen und geduldig warten und warten?

Jede Wandlung der menschlichen Daseinsformen
vollzieht sich im Kampf und durch Kampf.

Und sind die Kampfesmittel immer dieselben?

Gewiß nicht.

Nun - an dem jetzigen Zeitpunkt der Entwicklung
halten wir eben das Stimmrecht der Frauen für das
geeignete Kampfesmittel, um die Sitten in legaler
Weise zu ändern.

Jene heiligen Frauen im Beginn des Christenthums,
die sich für ihre Jdee spießen, rädern, braten, spicken
und dämpfen ließen, sie wirkten sicherlich auf die Aende-
rung der weiblichen Sitten. Jhr Märtyrertod war ein
Kampfesmittel.

Heutzutage würde sich gar Niemand mehr finden,

den meisten Fällen) vor Mißhandlungen und Rohheiten
schützen, vor Armuth, vor herzfressendem Kummer können
nur sie selber sich schützen dadurch, daß sie von Pflanzen-
menschen zu Gottmenschen avanciren.

Und ist dieser Ausspruch über die Sitte, die Alles
regelt, mehr als eine Phrase?

Wohl – die Sitten ändern sich, aber sie schreiten
dem vorwärtseilenden Geist nicht voran, sie folgen ihm
nach, oft unwillig und gezwungen. Und ändern sich
die Sitten etwa dadurch, daß wir die Hände müßig in
den Schooß legen und geduldig warten und warten?

Jede Wandlung der menschlichen Daseinsformen
vollzieht sich im Kampf und durch Kampf.

Und sind die Kampfesmittel immer dieselben?

Gewiß nicht.

Nun – an dem jetzigen Zeitpunkt der Entwicklung
halten wir eben das Stimmrecht der Frauen für das
geeignete Kampfesmittel, um die Sitten in legaler
Weise zu ändern.

Jene heiligen Frauen im Beginn des Christenthums,
die sich für ihre Jdee spießen, rädern, braten, spicken
und dämpfen ließen, sie wirkten sicherlich auf die Aende-
rung der weiblichen Sitten. Jhr Märtyrertod war ein
Kampfesmittel.

Heutzutage würde sich gar Niemand mehr finden,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0183" n="175"/>
den meisten Fällen) vor Mißhandlungen und Rohheiten<lb/>
schützen, vor Armuth, vor herzfressendem Kummer können<lb/>
nur sie selber sich schützen dadurch, daß sie von Pflanzen-<lb/>
menschen zu Gottmenschen avanciren.</p><lb/>
          <p>Und ist dieser Ausspruch über die Sitte, die Alles<lb/>
regelt, mehr als eine Phrase?</p><lb/>
          <p>Wohl &#x2013; die Sitten ändern sich, aber sie schreiten<lb/>
dem vorwärtseilenden Geist nicht voran, sie folgen ihm<lb/>
nach, oft unwillig und gezwungen. Und ändern sich<lb/>
die Sitten etwa dadurch, daß wir die Hände müßig in<lb/>
den Schooß legen und geduldig warten und warten?</p><lb/>
          <p>Jede Wandlung der menschlichen Daseinsformen<lb/>
vollzieht sich im Kampf und durch Kampf.</p><lb/>
          <p>Und sind die Kampfesmittel immer dieselben?</p><lb/>
          <p>Gewiß nicht.</p><lb/>
          <p>Nun &#x2013; an dem jetzigen Zeitpunkt der Entwicklung<lb/>
halten wir eben das Stimmrecht der Frauen für das<lb/>
geeignete Kampfesmittel, um die Sitten in legaler<lb/>
Weise zu ändern.</p><lb/>
          <p>Jene heiligen Frauen im Beginn des Christenthums,<lb/>
die sich für ihre Jdee spießen, rädern, braten, spicken<lb/>
und dämpfen ließen, sie wirkten sicherlich auf die Aende-<lb/>
rung der weiblichen Sitten. Jhr Märtyrertod war ein<lb/>
Kampfesmittel.</p><lb/>
          <p>Heutzutage würde sich gar Niemand mehr finden,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0183] den meisten Fällen) vor Mißhandlungen und Rohheiten schützen, vor Armuth, vor herzfressendem Kummer können nur sie selber sich schützen dadurch, daß sie von Pflanzen- menschen zu Gottmenschen avanciren. Und ist dieser Ausspruch über die Sitte, die Alles regelt, mehr als eine Phrase? Wohl – die Sitten ändern sich, aber sie schreiten dem vorwärtseilenden Geist nicht voran, sie folgen ihm nach, oft unwillig und gezwungen. Und ändern sich die Sitten etwa dadurch, daß wir die Hände müßig in den Schooß legen und geduldig warten und warten? Jede Wandlung der menschlichen Daseinsformen vollzieht sich im Kampf und durch Kampf. Und sind die Kampfesmittel immer dieselben? Gewiß nicht. Nun – an dem jetzigen Zeitpunkt der Entwicklung halten wir eben das Stimmrecht der Frauen für das geeignete Kampfesmittel, um die Sitten in legaler Weise zu ändern. Jene heiligen Frauen im Beginn des Christenthums, die sich für ihre Jdee spießen, rädern, braten, spicken und dämpfen ließen, sie wirkten sicherlich auf die Aende- rung der weiblichen Sitten. Jhr Märtyrertod war ein Kampfesmittel. Heutzutage würde sich gar Niemand mehr finden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/183
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/183>, abgerufen am 03.05.2024.