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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Armuth und Verbrechen.

Eines Abends war Fritz aus der Werkstatt auf die
dunkle Straße getreten, als eine Karosse, die an einem
andern Wagen vorüberfuhr, ihn streifte und zu Boden
warf. Er erhob sich zwar alsogleich wieder, fühlte aber,
daß sein rechter Arm plötzlich erschlafft war. Der Herr
in der Karosse ließ bei dem Schrei, den der Handwer¬
ker unwillkührlich ausgestoßen hatte, halten und erkun¬
digte sich, ob er Schaden genommen. Auch der Mei¬
ster und die übrigen Gesellen kamen herzu, und als
sie den Verwundeten in die Werkstatt führten, ergab
sich, daß er den Arm zweimal gebrochen hatte. Der
vornehme Besitzer der Karosse ließ seine Börse zurück,
um die ersten Kosten der Heilung zu decken, und auf
die Bemerkung des Meisters, daß Schenk der tüchtigste
seiner Arbeiter sei, versprach er noch weitere Sorge für
ihn zu tragen.


Schenk wurde in das Stadt-Krankenhaus gebracht,
wo die langwierige Behandlung den an Thätigkeit ge¬
wöhnten Arbeiter geistig und körperlich ziemlich bedrückte.
Der Verursacher seines Unglücks bezahlte die Kosten

Armuth und Verbrechen.

Eines Abends war Fritz aus der Werkſtatt auf die
dunkle Straße getreten, als eine Karoſſe, die an einem
andern Wagen voruͤberfuhr, ihn ſtreifte und zu Boden
warf. Er erhob ſich zwar alſogleich wieder, fuͤhlte aber,
daß ſein rechter Arm ploͤtzlich erſchlafft war. Der Herr
in der Karoſſe ließ bei dem Schrei, den der Handwer¬
ker unwillkuͤhrlich ausgeſtoßen hatte, halten und erkun¬
digte ſich, ob er Schaden genommen. Auch der Mei¬
ſter und die uͤbrigen Geſellen kamen herzu, und als
ſie den Verwundeten in die Werkſtatt fuͤhrten, ergab
ſich, daß er den Arm zweimal gebrochen hatte. Der
vornehme Beſitzer der Karoſſe ließ ſeine Boͤrſe zuruͤck,
um die erſten Koſten der Heilung zu decken, und auf
die Bemerkung des Meiſters, daß Schenk der tuͤchtigſte
ſeiner Arbeiter ſei, verſprach er noch weitere Sorge fuͤr
ihn zu tragen.


Schenk wurde in das Stadt-Krankenhaus gebracht,
wo die langwierige Behandlung den an Thaͤtigkeit ge¬
woͤhnten Arbeiter geiſtig und koͤrperlich ziemlich bedruͤckte.
Der Verurſacher ſeines Ungluͤcks bezahlte die Koſten

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[4/0018] Armuth und Verbrechen. Eines Abends war Fritz aus der Werkſtatt auf die dunkle Straße getreten, als eine Karoſſe, die an einem andern Wagen voruͤberfuhr, ihn ſtreifte und zu Boden warf. Er erhob ſich zwar alſogleich wieder, fuͤhlte aber, daß ſein rechter Arm ploͤtzlich erſchlafft war. Der Herr in der Karoſſe ließ bei dem Schrei, den der Handwer¬ ker unwillkuͤhrlich ausgeſtoßen hatte, halten und erkun¬ digte ſich, ob er Schaden genommen. Auch der Mei¬ ſter und die uͤbrigen Geſellen kamen herzu, und als ſie den Verwundeten in die Werkſtatt fuͤhrten, ergab ſich, daß er den Arm zweimal gebrochen hatte. Der vornehme Beſitzer der Karoſſe ließ ſeine Boͤrſe zuruͤck, um die erſten Koſten der Heilung zu decken, und auf die Bemerkung des Meiſters, daß Schenk der tuͤchtigſte ſeiner Arbeiter ſei, verſprach er noch weitere Sorge fuͤr ihn zu tragen. Schenk wurde in das Stadt-Krankenhaus gebracht, wo die langwierige Behandlung den an Thaͤtigkeit ge¬ woͤhnten Arbeiter geiſtig und koͤrperlich ziemlich bedruͤckte. Der Verurſacher ſeines Ungluͤcks bezahlte die Koſten

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/18>, abgerufen am 16.04.2024.