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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Armuth und Verbrechen.
erhielten die Gesellen ihren Lohn, ohne den sie die Ar¬
beit eingestellt haben würden, und gleichzeitig mußten
auch die Bretterhändler bezahlt werden, da sie ebenfalls
mit der Bezahlung nicht länger als eine Woche warte¬
ten und Schenk ohne sie kein Material zur Arbeit ge¬
funden haben würde. So hatte er die doppelte Sorge,
einmal seine Waaren regelmäßig bis zum Ende der
Woche zu vollenden, und dann sie auch noch an den
Mann zu bringen. Die Möbelhändler, welche die Lage
der kleinen Meister sehr wohl kennen, nahmen die An¬
erbietungen Schenks gewöhnlich nicht sehr freundlich auf.
Sie zeigten ihm ihre reichgefüllten Magazine, klagten
über schlechten Absatz und Verdienst, und meinten, daß
sie, ohne sich zu ruiniren, nicht noch mehr Kapital in
ihr Geschäft verwenden könnten. Zuletzt boten sie ihm
auf seine Waare einen so geringen Preis, daß Schenk
trotz der drängenden Noth weiter ging. Aber je länger
er umherzog, desto mehr schwanden seine Hoffnungen.
Die anderen Händler beobachteten dasselbe Verfahren,
Manche boten ihm noch geringere Summen, und Schenk
war zuletzt genöthigt, seine Waare für einen Spottpreis
wegzugeben. Bezahlte er dann seine Gesellen und die
Bretterhändler, so blieb ihm kaum so viel, um das

Armuth und Verbrechen.
erhielten die Geſellen ihren Lohn, ohne den ſie die Ar¬
beit eingeſtellt haben wuͤrden, und gleichzeitig mußten
auch die Bretterhaͤndler bezahlt werden, da ſie ebenfalls
mit der Bezahlung nicht laͤnger als eine Woche warte¬
ten und Schenk ohne ſie kein Material zur Arbeit ge¬
funden haben wuͤrde. So hatte er die doppelte Sorge,
einmal ſeine Waaren regelmaͤßig bis zum Ende der
Woche zu vollenden, und dann ſie auch noch an den
Mann zu bringen. Die Moͤbelhaͤndler, welche die Lage
der kleinen Meiſter ſehr wohl kennen, nahmen die An¬
erbietungen Schenks gewoͤhnlich nicht ſehr freundlich auf.
Sie zeigten ihm ihre reichgefuͤllten Magazine, klagten
uͤber ſchlechten Abſatz und Verdienſt, und meinten, daß
ſie, ohne ſich zu ruiniren, nicht noch mehr Kapital in
ihr Geſchaͤft verwenden koͤnnten. Zuletzt boten ſie ihm
auf ſeine Waare einen ſo geringen Preis, daß Schenk
trotz der draͤngenden Noth weiter ging. Aber je laͤnger
er umherzog, deſto mehr ſchwanden ſeine Hoffnungen.
Die anderen Haͤndler beobachteten daſſelbe Verfahren,
Manche boten ihm noch geringere Summen, und Schenk
war zuletzt genoͤthigt, ſeine Waare fuͤr einen Spottpreis
wegzugeben. Bezahlte er dann ſeine Geſellen und die
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[18/0032] Armuth und Verbrechen. erhielten die Geſellen ihren Lohn, ohne den ſie die Ar¬ beit eingeſtellt haben wuͤrden, und gleichzeitig mußten auch die Bretterhaͤndler bezahlt werden, da ſie ebenfalls mit der Bezahlung nicht laͤnger als eine Woche warte¬ ten und Schenk ohne ſie kein Material zur Arbeit ge¬ funden haben wuͤrde. So hatte er die doppelte Sorge, einmal ſeine Waaren regelmaͤßig bis zum Ende der Woche zu vollenden, und dann ſie auch noch an den Mann zu bringen. Die Moͤbelhaͤndler, welche die Lage der kleinen Meiſter ſehr wohl kennen, nahmen die An¬ erbietungen Schenks gewoͤhnlich nicht ſehr freundlich auf. Sie zeigten ihm ihre reichgefuͤllten Magazine, klagten uͤber ſchlechten Abſatz und Verdienſt, und meinten, daß ſie, ohne ſich zu ruiniren, nicht noch mehr Kapital in ihr Geſchaͤft verwenden koͤnnten. Zuletzt boten ſie ihm auf ſeine Waare einen ſo geringen Preis, daß Schenk trotz der draͤngenden Noth weiter ging. Aber je laͤnger er umherzog, deſto mehr ſchwanden ſeine Hoffnungen. Die anderen Haͤndler beobachteten daſſelbe Verfahren, Manche boten ihm noch geringere Summen, und Schenk war zuletzt genoͤthigt, ſeine Waare fuͤr einen Spottpreis wegzugeben. Bezahlte er dann ſeine Geſellen und die Bretterhaͤndler, ſo blieb ihm kaum ſo viel, um das

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/32>, abgerufen am 16.04.2024.