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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Süsswasser-Formationen.

Bei der Kleinheit und dem geringen Gewicht der
Sporen könnte man sowohl für Moose als auch für Flech-
ten an eine geschwinde Verbreitung über grosse Flächen
im Wechsel der klimatischen Perioden denken. Aller-
dings kann man die im Vergleich mit Blütenpflanzen er-
sichtlich grössere Weite des Artenareals wohl darauf
zurückführen, doch hat Hult 1881 durch Studien in den
lappländischen Moosformationen ebenfalls eine grössere
Stabilität nachgewiesen (s. G. J., XI, 117). Auch die
Moos- und Flechtenformationen scheinen in langsamer
Wanderung und häufig unter gegenseitiger Verdrängung
sich auszudehnen; unter der Flechtenformation der nor-
wegischen Fjelde lagern die Reste von Moostorf.

Die Formationen der Binnengewässer.

Das stehende oder fliessende süsse Wasser, ja auch
die versumpften Ränder salziger Binnengewässer und
Salzseen selbst verhalten sich sehr abweichend von dem
Pflanzenleben der Ozeane. Während das letztere ganz
eigenartig organisiert ist, finden wir in den Binnenland-
gewässern einen direkten Zusammenhang zwischen den
Formationen des Wassers selbst und denen feuchter Stand-
orte, wir finden zuweilen dieselben Arten in verschiede-
nen Wachstumsformen hier wie dort, wir sehen Schilf-
Dickichte sich an Binsenformationen oder an langhalmige
süsse Wiesen anschliessen, und nur die Vegetationsform
der "schwimmenden Wassergewächse", nicht ihr syste-
matischer Charakter, macht das Eigenartige der Süss-
wasserformationen aus.

Man unterscheidet daher zwischen den unterge-
tauchten
Wasserpflanzen, zwischen den mit grossen
oder kleinen Laubblättern auf der Wasseroberfläche schwim-
menden und mit der Atmosphäre im direkten Ernährungs-
zusammenhange stehenden Schwimmpflanzen, und
zwischen den nach Art des Schilfes zwar unter Wasser
keimenden und wurzelnden, aber mit kräftigem Stengel
das seichte Wasser durchsetzenden und sich über seiner
Oberfläche nach Art der Landpflanzen erhebenden Sumpf-
pflanzen
(oder "aufrechten Wasserpflanzen"), und es

Süsswasser-Formationen.

Bei der Kleinheit und dem geringen Gewicht der
Sporen könnte man sowohl für Moose als auch für Flech-
ten an eine geschwinde Verbreitung über grosse Flächen
im Wechsel der klimatischen Perioden denken. Aller-
dings kann man die im Vergleich mit Blütenpflanzen er-
sichtlich grössere Weite des Artenareals wohl darauf
zurückführen, doch hat Hult 1881 durch Studien in den
lappländischen Moosformationen ebenfalls eine grössere
Stabilität nachgewiesen (s. G. J., XI, 117). Auch die
Moos- und Flechtenformationen scheinen in langsamer
Wanderung und häufig unter gegenseitiger Verdrängung
sich auszudehnen; unter der Flechtenformation der nor-
wegischen Fjelde lagern die Reste von Moostorf.

Die Formationen der Binnengewässer.

Das stehende oder fliessende süsse Wasser, ja auch
die versumpften Ränder salziger Binnengewässer und
Salzseen selbst verhalten sich sehr abweichend von dem
Pflanzenleben der Ozeane. Während das letztere ganz
eigenartig organisiert ist, finden wir in den Binnenland-
gewässern einen direkten Zusammenhang zwischen den
Formationen des Wassers selbst und denen feuchter Stand-
orte, wir finden zuweilen dieselben Arten in verschiede-
nen Wachstumsformen hier wie dort, wir sehen Schilf-
Dickichte sich an Binsenformationen oder an langhalmige
süsse Wiesen anschliessen, und nur die Vegetationsform
der „schwimmenden Wassergewächse“, nicht ihr syste-
matischer Charakter, macht das Eigenartige der Süss-
wasserformationen aus.

Man unterscheidet daher zwischen den unterge-
tauchten
Wasserpflanzen, zwischen den mit grossen
oder kleinen Laubblättern auf der Wasseroberfläche schwim-
menden und mit der Atmosphäre im direkten Ernährungs-
zusammenhange stehenden Schwimmpflanzen, und
zwischen den nach Art des Schilfes zwar unter Wasser
keimenden und wurzelnden, aber mit kräftigem Stengel
das seichte Wasser durchsetzenden und sich über seiner
Oberfläche nach Art der Landpflanzen erhebenden Sumpf-
pflanzen
(oder „aufrechten Wasserpflanzen“), und es

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[314/0344] Süsswasser-Formationen. Bei der Kleinheit und dem geringen Gewicht der Sporen könnte man sowohl für Moose als auch für Flech- ten an eine geschwinde Verbreitung über grosse Flächen im Wechsel der klimatischen Perioden denken. Aller- dings kann man die im Vergleich mit Blütenpflanzen er- sichtlich grössere Weite des Artenareals wohl darauf zurückführen, doch hat Hult 1881 durch Studien in den lappländischen Moosformationen ebenfalls eine grössere Stabilität nachgewiesen (s. G. J., XI, 117). Auch die Moos- und Flechtenformationen scheinen in langsamer Wanderung und häufig unter gegenseitiger Verdrängung sich auszudehnen; unter der Flechtenformation der nor- wegischen Fjelde lagern die Reste von Moostorf. Die Formationen der Binnengewässer. Das stehende oder fliessende süsse Wasser, ja auch die versumpften Ränder salziger Binnengewässer und Salzseen selbst verhalten sich sehr abweichend von dem Pflanzenleben der Ozeane. Während das letztere ganz eigenartig organisiert ist, finden wir in den Binnenland- gewässern einen direkten Zusammenhang zwischen den Formationen des Wassers selbst und denen feuchter Stand- orte, wir finden zuweilen dieselben Arten in verschiede- nen Wachstumsformen hier wie dort, wir sehen Schilf- Dickichte sich an Binsenformationen oder an langhalmige süsse Wiesen anschliessen, und nur die Vegetationsform der „schwimmenden Wassergewächse“, nicht ihr syste- matischer Charakter, macht das Eigenartige der Süss- wasserformationen aus. Man unterscheidet daher zwischen den unterge- tauchten Wasserpflanzen, zwischen den mit grossen oder kleinen Laubblättern auf der Wasseroberfläche schwim- menden und mit der Atmosphäre im direkten Ernährungs- zusammenhange stehenden Schwimmpflanzen, und zwischen den nach Art des Schilfes zwar unter Wasser keimenden und wurzelnden, aber mit kräftigem Stengel das seichte Wasser durchsetzenden und sich über seiner Oberfläche nach Art der Landpflanzen erhebenden Sumpf- pflanzen (oder „aufrechten Wasserpflanzen“), und es

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/344>, abgerufen am 24.04.2024.