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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Die borealen Floren.
sommerheissen Zone, also Gebiete mit vorwiegender Wald-
bedeckung von sommergrünem oder gegen Süden lederig-
immergrünem Laube, ebensolchen Gebüschen, Gras- und
Staudenfluren, sommerdürren Steppen und im Norden mit
Moos- und Flechtentundren, alle bevölkert von den bo-
realen Charaktersippen, werden hier zuerst zusammengefasst.

Die zu der borealen Florengruppe zugerechneten
Länder zeigen eine, die fünf verschiedenen Florenreiche
teilweise recht deutlich verbindende Gleichförmigkeit des
Charakters nicht nur in dem Vorherrschen derselben Ord-
nungen und Tribus, sondern auch noch darin, dass eine
verhältnismäßig grosse Anzahl von Gattungen entweder
einen bestimmten Breitengürtel über die Ozeane hinweg
zum Areal hat, oder dass andere Gattungen wenigstens
mehreren ausserdem viel endemische Elemente besitzen-
den Florenreichen gemeinsam sind; die Arten sind dabei
meistens repräsentativ, seltener in verschiedenen Floren-
reichen ganz oder nahezu identisch.

Von Beispielen der letzteren Gruppe, wo Gattungen gleiche
oder nahe verwandte Arten in allen oder mehreren der Floren-
reiche haben, sei auf Castanea vesca (siehe in Abschnitt 4, S. 191)
wiederholentlich verwiesen. Aehnlich verhält es sich mit den
borealen Buchen. Viel häufiger sind Erscheinungen wie bei den
Eichen, wo jedem natürlich abgegrenzten Gebiet, welches viel
kleiner als eines der Florenreiche ist, seine eigenen oft zahlreichen
Arten angehören (siehe oben S. 190--191).

Als Resterscheinungen einer vormaligen weiteren Verbreitung
gibt es dann zahlreiche Gattungen oder Gattungssektionen, welche
in weit entlegenen Ländern Arten von meist grosser Arealbedeu-
tung haben; in der botanischen Nomenklatur sind solche Arten
mehrmals als occidentales und orientales unterschieden, wie Pla-
tanus occidentalis im mittleren Nordamerika und P. orientalis am
Kaukasus, Thuja etc. Während sich diese Erscheinung unter
entsprechenden Breiten auf der südlichen Erdhälfte nicht wieder-
holt, fehlt dagegen die dort das Interesse fesselnde Erscheinung
hier, dass eine Fülle abgeschlossener Formenkreise auf kleine
Landstriche zusammengedrängt sind. Die Verbindung in der alt-
geologischen Besiedelungsgeschichte hat dafür gesorgt, dass die
endemischen Elemente sich in gleichen Ordnungen abspielen, und
nur seltener sind kleine Ordnungen auf ein Florenreich beschränkt,
wie z. B. die Sarraceniaceen und Lennoaceen im subtropischen
Nordamerika.

In Hinsicht auf diese Thatsache beanspruchen daher

Die borealen Floren.
sommerheissen Zone, also Gebiete mit vorwiegender Wald-
bedeckung von sommergrünem oder gegen Süden lederig-
immergrünem Laube, ebensolchen Gebüschen, Gras- und
Staudenfluren, sommerdürren Steppen und im Norden mit
Moos- und Flechtentundren, alle bevölkert von den bo-
realen Charaktersippen, werden hier zuerst zusammengefasst.

Die zu der borealen Florengruppe zugerechneten
Länder zeigen eine, die fünf verschiedenen Florenreiche
teilweise recht deutlich verbindende Gleichförmigkeit des
Charakters nicht nur in dem Vorherrschen derselben Ord-
nungen und Tribus, sondern auch noch darin, dass eine
verhältnismäßig grosse Anzahl von Gattungen entweder
einen bestimmten Breitengürtel über die Ozeane hinweg
zum Areal hat, oder dass andere Gattungen wenigstens
mehreren ausserdem viel endemische Elemente besitzen-
den Florenreichen gemeinsam sind; die Arten sind dabei
meistens repräsentativ, seltener in verschiedenen Floren-
reichen ganz oder nahezu identisch.

Von Beispielen der letzteren Gruppe, wo Gattungen gleiche
oder nahe verwandte Arten in allen oder mehreren der Floren-
reiche haben, sei auf Castanea vesca (siehe in Abschnitt 4, S. 191)
wiederholentlich verwiesen. Aehnlich verhält es sich mit den
borealen Buchen. Viel häufiger sind Erscheinungen wie bei den
Eichen, wo jedem natürlich abgegrenzten Gebiet, welches viel
kleiner als eines der Florenreiche ist, seine eigenen oft zahlreichen
Arten angehören (siehe oben S. 190—191).

Als Resterscheinungen einer vormaligen weiteren Verbreitung
gibt es dann zahlreiche Gattungen oder Gattungssektionen, welche
in weit entlegenen Ländern Arten von meist grosser Arealbedeu-
tung haben; in der botanischen Nomenklatur sind solche Arten
mehrmals als occidentales und orientales unterschieden, wie Pla-
tanus occidentalis im mittleren Nordamerika und P. orientalis am
Kaukasus, Thuja etc. Während sich diese Erscheinung unter
entsprechenden Breiten auf der südlichen Erdhälfte nicht wieder-
holt, fehlt dagegen die dort das Interesse fesselnde Erscheinung
hier, dass eine Fülle abgeschlossener Formenkreise auf kleine
Landstriche zusammengedrängt sind. Die Verbindung in der alt-
geologischen Besiedelungsgeschichte hat dafür gesorgt, dass die
endemischen Elemente sich in gleichen Ordnungen abspielen, und
nur seltener sind kleine Ordnungen auf ein Florenreich beschränkt,
wie z. B. die Sarraceniaceen und Lennoaceen im subtropischen
Nordamerika.

In Hinsicht auf diese Thatsache beanspruchen daher

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[340/0370] Die borealen Floren. sommerheissen Zone, also Gebiete mit vorwiegender Wald- bedeckung von sommergrünem oder gegen Süden lederig- immergrünem Laube, ebensolchen Gebüschen, Gras- und Staudenfluren, sommerdürren Steppen und im Norden mit Moos- und Flechtentundren, alle bevölkert von den bo- realen Charaktersippen, werden hier zuerst zusammengefasst. Die zu der borealen Florengruppe zugerechneten Länder zeigen eine, die fünf verschiedenen Florenreiche teilweise recht deutlich verbindende Gleichförmigkeit des Charakters nicht nur in dem Vorherrschen derselben Ord- nungen und Tribus, sondern auch noch darin, dass eine verhältnismäßig grosse Anzahl von Gattungen entweder einen bestimmten Breitengürtel über die Ozeane hinweg zum Areal hat, oder dass andere Gattungen wenigstens mehreren ausserdem viel endemische Elemente besitzen- den Florenreichen gemeinsam sind; die Arten sind dabei meistens repräsentativ, seltener in verschiedenen Floren- reichen ganz oder nahezu identisch. Von Beispielen der letzteren Gruppe, wo Gattungen gleiche oder nahe verwandte Arten in allen oder mehreren der Floren- reiche haben, sei auf Castanea vesca (siehe in Abschnitt 4, S. 191) wiederholentlich verwiesen. Aehnlich verhält es sich mit den borealen Buchen. Viel häufiger sind Erscheinungen wie bei den Eichen, wo jedem natürlich abgegrenzten Gebiet, welches viel kleiner als eines der Florenreiche ist, seine eigenen oft zahlreichen Arten angehören (siehe oben S. 190—191). Als Resterscheinungen einer vormaligen weiteren Verbreitung gibt es dann zahlreiche Gattungen oder Gattungssektionen, welche in weit entlegenen Ländern Arten von meist grosser Arealbedeu- tung haben; in der botanischen Nomenklatur sind solche Arten mehrmals als occidentales und orientales unterschieden, wie Pla- tanus occidentalis im mittleren Nordamerika und P. orientalis am Kaukasus, Thuja etc. Während sich diese Erscheinung unter entsprechenden Breiten auf der südlichen Erdhälfte nicht wieder- holt, fehlt dagegen die dort das Interesse fesselnde Erscheinung hier, dass eine Fülle abgeschlossener Formenkreise auf kleine Landstriche zusammengedrängt sind. Die Verbindung in der alt- geologischen Besiedelungsgeschichte hat dafür gesorgt, dass die endemischen Elemente sich in gleichen Ordnungen abspielen, und nur seltener sind kleine Ordnungen auf ein Florenreich beschränkt, wie z. B. die Sarraceniaceen und Lennoaceen im subtropischen Nordamerika. In Hinsicht auf diese Thatsache beanspruchen daher

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/370>, abgerufen am 24.04.2024.