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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Mandschurei, China, östlicher Himalaya.
sind die Wälder, welche wenigstens das chinesische Bergland ur-
sprünglich bedeckt zu haben scheinen, selbst in den Gebirgen auf
abgelegene Thäler zurückgedrängt und durch "Maquisformationen",
unter denen vereinzelte Baumstämme von geringer Grösse hervor-
ragen, ersetzt. Hier ist die immergrüne Strauchform der Ternströ-
miaceen mit 14 Camellia-Arten, unter denen Camellia Thea oder
Thea chinensis die berühmteste ist, hervorragend; gemäß der neuen
Florenzusammenstellung von Hemsley und Forbes aber muss es
unentschieden bleiben, ob der Theestrauch in China, Formosa oder
Japan irgendwo wirklich wild ist und nicht vielmehr vom östlich-
assamischen Grenzgebiet eingeführt wurde. Eine andere Charakter-
gattung derselben Familie ist Eurya (chinensis, japonica u. a.), deren
Arten aber z. T. eine weite Verbreitung zwischen Ceylon, Japan und
Melanesien besitzen. Fast bis zur Nordgrenze dieser Vegetations-
region wächst der Kampferbaum wild, kultiviert noch weit dar-
über hinaus, und repräsentiert die Lauraceen, zu denen auch sommer-
grüne Laubbäume (Lindera) gehören. Von Palmen mischt sich
die schon recht ansehnliche Trachycarpus excelsa (Nordgrenze im
oberen Thale des Han, David!) in die immergrünen Gebüsche; be-
kannt durch ihre Fett- und Lackstoffe sind Rhus vernicifera und
Stillingia sebifera. Araliaceen, z. B. Panax-Arten (P. quinquefolia,
Ginseng!) spielen eine grosse Rolle, ebenso die Nadelhölzer und
Cypressen (Gingko, Cunninghamia, Biota etc).

4. Bergwaldregion und Hochgebirgsformationen
von Yünnan-Szetschwan
. Eine besondere, sehr reiche und, wie
schon gesagt, vielfältige Anschlüsse an den Himalaya bewirkende
Vegetationsregion, welche erst in jüngerer Zeit erforscht zu werden
beginnt, liegt in Chinas südwestlichen Provinzen. Als David, der
ebenso wie Delavay die wichtigsten Pflanzenschätze von hier dem
Pariser Museum überbrachte, von Tsching-tu (31° N.) westwärts
auf 3000 m hohen Pässen das Randgebirge gegen Hochtibet über-
stiegen hatte, fand er etwa 5000 m hohe Gipfel und sah in der
Ferne noch höhere, auf denen die Baumgrenze 3000--3500 m hoch
lag. Hier oben sind fünf Coniferen die herrschenden Waldbäume,
begleitet bis 2000 m von Alnus setchuanensis; die Gebirgsregionen
sind feucht, in den Wäldern treten wie im Himalaya eine Menge
Rhododendren auf, die sogar nach tropischer Manier teilweise auf
den Tannen epiphytisch wachsen; in den tieferen Regionen sind
Magnoliaceen, Lauraceen, Quercusarten, und bis über 3100 m hoch
Bambusen gemischt mit Rhus. Rosa, Corylus etc. Im Hügelge-
lände ranken Wistaria zwischen Kiefern und Palmen (Trachy-
carpus excelsa, u. a.?), die Kultur zieht vielfach den chinesischen
Oelfirnisbaum Elaeococca verrucosa (Griseb. Abh., S. 533). Wir
haben hier also eine reiche, richtig subtropisch entwickelte Flora
der ostasiatischen Elemente im Gebirge, auf den Alpenhöhen die
bekannten borealen Gattungen in reicher Artenfülle, z. B. von
20 Primeln 16 neu, ebenso von 12 Gentianen 10, überhaupt 40 %
Endemismen der von Delavay in Yünnan gesammelten Arten. So
erhalten die Artenlisten von Forbes und Hemsley durch diese For-

Mandschurei, China, östlicher Himalaya.
sind die Wälder, welche wenigstens das chinesische Bergland ur-
sprünglich bedeckt zu haben scheinen, selbst in den Gebirgen auf
abgelegene Thäler zurückgedrängt und durch „Maquisformationen“,
unter denen vereinzelte Baumstämme von geringer Grösse hervor-
ragen, ersetzt. Hier ist die immergrüne Strauchform der Ternströ-
miaceen mit 14 Camellia-Arten, unter denen Camellia Thea oder
Thea chinensis die berühmteste ist, hervorragend; gemäß der neuen
Florenzusammenstellung von Hemsley und Forbes aber muss es
unentschieden bleiben, ob der Theestrauch in China, Formosa oder
Japan irgendwo wirklich wild ist und nicht vielmehr vom östlich-
assamischen Grenzgebiet eingeführt wurde. Eine andere Charakter-
gattung derselben Familie ist Eurya (chinensis, japonica u. a.), deren
Arten aber z. T. eine weite Verbreitung zwischen Ceylon, Japan und
Melanesien besitzen. Fast bis zur Nordgrenze dieser Vegetations-
region wächst der Kampferbaum wild, kultiviert noch weit dar-
über hinaus, und repräsentiert die Lauraceen, zu denen auch sommer-
grüne Laubbäume (Lindera) gehören. Von Palmen mischt sich
die schon recht ansehnliche Trachycarpus excelsa (Nordgrenze im
oberen Thale des Han, David!) in die immergrünen Gebüsche; be-
kannt durch ihre Fett- und Lackstoffe sind Rhus vernicifera und
Stillingia sebifera. Araliaceen, z. B. Panax-Arten (P. quinquefolia,
Ginseng!) spielen eine grosse Rolle, ebenso die Nadelhölzer und
Cypressen (Gingko, Cunninghamia, Biota etc).

4. Bergwaldregion und Hochgebirgsformationen
von Yünnan-Szetschwan
. Eine besondere, sehr reiche und, wie
schon gesagt, vielfältige Anschlüsse an den Himalaya bewirkende
Vegetationsregion, welche erst in jüngerer Zeit erforscht zu werden
beginnt, liegt in Chinas südwestlichen Provinzen. Als David, der
ebenso wie Delavay die wichtigsten Pflanzenschätze von hier dem
Pariser Museum überbrachte, von Tsching-tu (31° N.) westwärts
auf 3000 m hohen Pässen das Randgebirge gegen Hochtibet über-
stiegen hatte, fand er etwa 5000 m hohe Gipfel und sah in der
Ferne noch höhere, auf denen die Baumgrenze 3000—3500 m hoch
lag. Hier oben sind fünf Coniferen die herrschenden Waldbäume,
begleitet bis 2000 m von Alnus setchuanensis; die Gebirgsregionen
sind feucht, in den Wäldern treten wie im Himalaya eine Menge
Rhododendren auf, die sogar nach tropischer Manier teilweise auf
den Tannen epiphytisch wachsen; in den tieferen Regionen sind
Magnoliaceen, Lauraceen, Quercusarten, und bis über 3100 m hoch
Bambusen gemischt mit Rhus. Rosa, Corylus etc. Im Hügelge-
lände ranken Wistaria zwischen Kiefern und Palmen (Trachy-
carpus excelsa, u. a.?), die Kultur zieht vielfach den chinesischen
Oelfirnisbaum Elaeococca verrucosa (Griseb. Abh., S. 533). Wir
haben hier also eine reiche, richtig subtropisch entwickelte Flora
der ostasiatischen Elemente im Gebirge, auf den Alpenhöhen die
bekannten borealen Gattungen in reicher Artenfülle, z. B. von
20 Primeln 16 neu, ebenso von 12 Gentianen 10, überhaupt 40 %
Endemismen der von Delavay in Yünnan gesammelten Arten. So
erhalten die Artenlisten von Forbes und Hemsley durch diese For-

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[423/0455] Mandschurei, China, östlicher Himalaya. sind die Wälder, welche wenigstens das chinesische Bergland ur- sprünglich bedeckt zu haben scheinen, selbst in den Gebirgen auf abgelegene Thäler zurückgedrängt und durch „Maquisformationen“, unter denen vereinzelte Baumstämme von geringer Grösse hervor- ragen, ersetzt. Hier ist die immergrüne Strauchform der Ternströ- miaceen mit 14 Camellia-Arten, unter denen Camellia Thea oder Thea chinensis die berühmteste ist, hervorragend; gemäß der neuen Florenzusammenstellung von Hemsley und Forbes aber muss es unentschieden bleiben, ob der Theestrauch in China, Formosa oder Japan irgendwo wirklich wild ist und nicht vielmehr vom östlich- assamischen Grenzgebiet eingeführt wurde. Eine andere Charakter- gattung derselben Familie ist Eurya (chinensis, japonica u. a.), deren Arten aber z. T. eine weite Verbreitung zwischen Ceylon, Japan und Melanesien besitzen. Fast bis zur Nordgrenze dieser Vegetations- region wächst der Kampferbaum wild, kultiviert noch weit dar- über hinaus, und repräsentiert die Lauraceen, zu denen auch sommer- grüne Laubbäume (Lindera) gehören. Von Palmen mischt sich die schon recht ansehnliche Trachycarpus excelsa (Nordgrenze im oberen Thale des Han, David!) in die immergrünen Gebüsche; be- kannt durch ihre Fett- und Lackstoffe sind Rhus vernicifera und Stillingia sebifera. Araliaceen, z. B. Panax-Arten (P. quinquefolia, Ginseng!) spielen eine grosse Rolle, ebenso die Nadelhölzer und Cypressen (Gingko, Cunninghamia, Biota etc). 4. Bergwaldregion und Hochgebirgsformationen von Yünnan-Szetschwan. Eine besondere, sehr reiche und, wie schon gesagt, vielfältige Anschlüsse an den Himalaya bewirkende Vegetationsregion, welche erst in jüngerer Zeit erforscht zu werden beginnt, liegt in Chinas südwestlichen Provinzen. Als David, der ebenso wie Delavay die wichtigsten Pflanzenschätze von hier dem Pariser Museum überbrachte, von Tsching-tu (31° N.) westwärts auf 3000 m hohen Pässen das Randgebirge gegen Hochtibet über- stiegen hatte, fand er etwa 5000 m hohe Gipfel und sah in der Ferne noch höhere, auf denen die Baumgrenze 3000—3500 m hoch lag. Hier oben sind fünf Coniferen die herrschenden Waldbäume, begleitet bis 2000 m von Alnus setchuanensis; die Gebirgsregionen sind feucht, in den Wäldern treten wie im Himalaya eine Menge Rhododendren auf, die sogar nach tropischer Manier teilweise auf den Tannen epiphytisch wachsen; in den tieferen Regionen sind Magnoliaceen, Lauraceen, Quercusarten, und bis über 3100 m hoch Bambusen gemischt mit Rhus. Rosa, Corylus etc. Im Hügelge- lände ranken Wistaria zwischen Kiefern und Palmen (Trachy- carpus excelsa, u. a.?), die Kultur zieht vielfach den chinesischen Oelfirnisbaum Elaeococca verrucosa (Griseb. Abh., S. 533). Wir haben hier also eine reiche, richtig subtropisch entwickelte Flora der ostasiatischen Elemente im Gebirge, auf den Alpenhöhen die bekannten borealen Gattungen in reicher Artenfülle, z. B. von 20 Primeln 16 neu, ebenso von 12 Gentianen 10, überhaupt 40 % Endemismen der von Delavay in Yünnan gesammelten Arten. So erhalten die Artenlisten von Forbes und Hemsley durch diese For-

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/455>, abgerufen am 25.04.2024.