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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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10. Sahara und Arabien.
vadora persica grosse grüne Gebüsche mit Etl und Oleander. Die
genannte Salvadora, der Ssuak-Strauch, ist charakteristisch für das
Uebergangsgebiet zwischen Sahara und Sudan, erreicht seine Nord-
grenze im Westen an der das Tuaregland von der algerischen
Sahara trennenden Dünenzone. Im Osten ist er in Tibesti noch
allgemein verbreitet; in Aegypten ist der nördlichste Ascherson
bekannt gewesene Fundort der Gharibberg am Roten Meere
(28° N.), in Palästina findet er sich am Toten Meere (Kufra,
S. 482). Die Verwechselung, welche der Ssuak als Typus einer
Vegetationsform für Sträucher mit starrem periodischen Laub durch
die Benennung "Sodada", welche sich auf Capparis Sodada mit
überaus spärlicher Laubentwickelung bezieht, bei Grisebach er-
fahren hat, hat Ascherson in Botan. Ztg. 1875, Sp. 710 erklärt.

Volkens hat die bunte Zusammensetzung geschildert, die an
den vegetationsreichsten Rändern der Thalsohlen die zu fortlaufen-
den Hecken aneinander geschlossenen Arten beherrscht: "Nur sel-
ten finden wir dieselbe Spezies zu grösseren Gruppen vereinigt.
Ein Nitraria-Strauch verflicht sich mit einem Lycium, und halb-
mannshohe Grasbüsche von Panicum oder Pennisetum stellen die
Verbindung her mit einem nächsten grösseren Haufwerk, das im
wirren Durcheinander aus Deverra (einer halbstrauchigen Umbelli-
fere), Astragalus und Zilla besteht. Aehnlich in der Mitte der
Thalsohle ..... Trotz dieser grossen Variabilität, die sich überall
auf kleinem Raum entfaltet, weichen doch die einzelnen grösseren
Thäler bezüglich des Gesamteindrucks, den ihre Vegetation her-
vorruft, oft erheblich und insofern voneinander ab, als hier oder
da eine bestimmte Pflanze in so überwiegender Zahl auftritt, dass
dem ganzen Landschaftsbilde dadurch ein besonderer Charakter
aufgeprägt wird."

Von besonderem Interesse sind in diesen heissen
Wüsten die biologischen Anpassungen. Die erste der-
selben ist Geschwindigkeit der Entwickelung in der we-
niger trockenen Jahreszeit (Februar, März), wo nach einem
benetzenden Regenfall die Sträucher sich belauben und
schnell im Blütenglanz dastehen. Die zweite Anpassung
besteht in Fähigkeiten, das tief im Boden sickernde Wasser
zu erlangen, die dritte besteht in der Befähigung, den
Thauniederschlag für sich zu verwerten, die vierte in
den Schutzmitteln gegen Sommerdürre. Diese Eigenschaf-
ten sind in sehr lehrreicher Weise speziell von Volkens
studiert und mit Anführung der Litteratur im biologi-
schen Abschnitt, oben S. 30--31 und S. 323, an einem
Beispiel erörtert. -- Die abgestorbenen niederen Roset-
tengewächse reisst der Wüstenwind oft aus dem Sande

10. Sahara und Arabien.
vadora persica grosse grüne Gebüsche mit Etl und Oleander. Die
genannte Salvadora, der Ssuak-Strauch, ist charakteristisch für das
Uebergangsgebiet zwischen Sahara und Sudan, erreicht seine Nord-
grenze im Westen an der das Tuaregland von der algerischen
Sahara trennenden Dünenzone. Im Osten ist er in Tibesti noch
allgemein verbreitet; in Aegypten ist der nördlichste Ascherson
bekannt gewesene Fundort der Gharibberg am Roten Meere
(28° N.), in Palästina findet er sich am Toten Meere (Kufra,
S. 482). Die Verwechselung, welche der Ssuak als Typus einer
Vegetationsform für Sträucher mit starrem periodischen Laub durch
die Benennung „Sodada“, welche sich auf Capparis Sodada mit
überaus spärlicher Laubentwickelung bezieht, bei Grisebach er-
fahren hat, hat Ascherson in Botan. Ztg. 1875, Sp. 710 erklärt.

Volkens hat die bunte Zusammensetzung geschildert, die an
den vegetationsreichsten Rändern der Thalsohlen die zu fortlaufen-
den Hecken aneinander geschlossenen Arten beherrscht: „Nur sel-
ten finden wir dieselbe Spezies zu grösseren Gruppen vereinigt.
Ein Nitraria-Strauch verflicht sich mit einem Lycium, und halb-
mannshohe Grasbüsche von Panicum oder Pennisetum stellen die
Verbindung her mit einem nächsten grösseren Haufwerk, das im
wirren Durcheinander aus Deverra (einer halbstrauchigen Umbelli-
fere), Astragalus und Zilla besteht. Aehnlich in der Mitte der
Thalsohle ..... Trotz dieser grossen Variabilität, die sich überall
auf kleinem Raum entfaltet, weichen doch die einzelnen grösseren
Thäler bezüglich des Gesamteindrucks, den ihre Vegetation her-
vorruft, oft erheblich und insofern voneinander ab, als hier oder
da eine bestimmte Pflanze in so überwiegender Zahl auftritt, dass
dem ganzen Landschaftsbilde dadurch ein besonderer Charakter
aufgeprägt wird.“

Von besonderem Interesse sind in diesen heissen
Wüsten die biologischen Anpassungen. Die erste der-
selben ist Geschwindigkeit der Entwickelung in der we-
niger trockenen Jahreszeit (Februar, März), wo nach einem
benetzenden Regenfall die Sträucher sich belauben und
schnell im Blütenglanz dastehen. Die zweite Anpassung
besteht in Fähigkeiten, das tief im Boden sickernde Wasser
zu erlangen, die dritte besteht in der Befähigung, den
Thauniederschlag für sich zu verwerten, die vierte in
den Schutzmitteln gegen Sommerdürre. Diese Eigenschaf-
ten sind in sehr lehrreicher Weise speziell von Volkens
studiert und mit Anführung der Litteratur im biologi-
schen Abschnitt, oben S. 30—31 und S. 323, an einem
Beispiel erörtert. — Die abgestorbenen niederen Roset-
tengewächse reisst der Wüstenwind oft aus dem Sande

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[458/0490] 10. Sahara und Arabien. vadora persica grosse grüne Gebüsche mit Etl und Oleander. Die genannte Salvadora, der Ssuak-Strauch, ist charakteristisch für das Uebergangsgebiet zwischen Sahara und Sudan, erreicht seine Nord- grenze im Westen an der das Tuaregland von der algerischen Sahara trennenden Dünenzone. Im Osten ist er in Tibesti noch allgemein verbreitet; in Aegypten ist der nördlichste Ascherson bekannt gewesene Fundort der Gharibberg am Roten Meere (28° N.), in Palästina findet er sich am Toten Meere (Kufra, S. 482). Die Verwechselung, welche der Ssuak als Typus einer Vegetationsform für Sträucher mit starrem periodischen Laub durch die Benennung „Sodada“, welche sich auf Capparis Sodada mit überaus spärlicher Laubentwickelung bezieht, bei Grisebach er- fahren hat, hat Ascherson in Botan. Ztg. 1875, Sp. 710 erklärt. Volkens hat die bunte Zusammensetzung geschildert, die an den vegetationsreichsten Rändern der Thalsohlen die zu fortlaufen- den Hecken aneinander geschlossenen Arten beherrscht: „Nur sel- ten finden wir dieselbe Spezies zu grösseren Gruppen vereinigt. Ein Nitraria-Strauch verflicht sich mit einem Lycium, und halb- mannshohe Grasbüsche von Panicum oder Pennisetum stellen die Verbindung her mit einem nächsten grösseren Haufwerk, das im wirren Durcheinander aus Deverra (einer halbstrauchigen Umbelli- fere), Astragalus und Zilla besteht. Aehnlich in der Mitte der Thalsohle ..... Trotz dieser grossen Variabilität, die sich überall auf kleinem Raum entfaltet, weichen doch die einzelnen grösseren Thäler bezüglich des Gesamteindrucks, den ihre Vegetation her- vorruft, oft erheblich und insofern voneinander ab, als hier oder da eine bestimmte Pflanze in so überwiegender Zahl auftritt, dass dem ganzen Landschaftsbilde dadurch ein besonderer Charakter aufgeprägt wird.“ Von besonderem Interesse sind in diesen heissen Wüsten die biologischen Anpassungen. Die erste der- selben ist Geschwindigkeit der Entwickelung in der we- niger trockenen Jahreszeit (Februar, März), wo nach einem benetzenden Regenfall die Sträucher sich belauben und schnell im Blütenglanz dastehen. Die zweite Anpassung besteht in Fähigkeiten, das tief im Boden sickernde Wasser zu erlangen, die dritte besteht in der Befähigung, den Thauniederschlag für sich zu verwerten, die vierte in den Schutzmitteln gegen Sommerdürre. Diese Eigenschaf- ten sind in sehr lehrreicher Weise speziell von Volkens studiert und mit Anführung der Litteratur im biologi- schen Abschnitt, oben S. 30—31 und S. 323, an einem Beispiel erörtert. — Die abgestorbenen niederen Roset- tengewächse reisst der Wüstenwind oft aus dem Sande

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/490>, abgerufen am 23.04.2024.