Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die unerkandte Wollthat GOttes.
Des Geizes, mit dem Korn, als einen Gözen
pragen.

Heist das wol dankbar seyn, wenn man des Höch-
sten Güt

Zum bösen Zwekke kehrt, zur Eitelkeit anwendet,
Und sein verdorbenes, unartiges Gemüt,
Das GOtt durch Gaben lokt, dem Satan doch
verpfändet?

Die Erndte wenn sie reich; macht viele gar zu satt,
Daß sie dem Geber offt und ihre Pflicht vergessen;
Daß sie nicht eingedenk, wer es gegeben hat,
Was sie ganz unachtsam ohn Dankbegier auffres-
sen.

Bewahre uns o! HErr! vor der Undankbarkeit,
Laß mich bei iedem Korn das uns ernährt, erwe-
gen;

Und wenn der Weizentrank das Herz labt und er-
freut,

Daß wir im Brodt und Trank geniessen deinen
Seegen!

So seh und schmekke ich daß du sehr freundlich bist,
So eß und trinke ich, als einem Mensch gebühret:
Wer aber ißt und trinkt, und dabei GOtt ver-
gißt,

Der lebet als ein Schwein, das keine Wolthat spü-
ret.


Die
R 4
Die unerkandte Wollthat GOttes.
Des Geizes, mit dem Korn, als einen Goͤzen
pragen.

Heiſt das wol dankbar ſeyn, wenn man des Hoͤch-
ſten Guͤt

Zum boͤſen Zwekke kehrt, zur Eitelkeit anwendet,
Und ſein verdorbenes, unartiges Gemuͤt,
Das GOtt durch Gaben lokt, dem Satan doch
verpfaͤndet?

Die Erndte wenn ſie reich; macht viele gar zu ſatt,
Daß ſie dem Geber offt und ihre Pflicht vergeſſen;
Daß ſie nicht eingedenk, wer es gegeben hat,
Was ſie ganz unachtſam ohn Dankbegier auffreſ-
ſen.

Bewahre uns o! HErr! vor der Undankbarkeit,
Laß mich bei iedem Korn das uns ernaͤhrt, erwe-
gen;

Und wenn der Weizentrank das Herz labt und er-
freut,

Daß wir im Brodt und Trank genieſſen deinen
Seegen!

So ſeh und ſchmekke ich daß du ſehr freundlich biſt,
So eß und trinke ich, als einem Menſch gebuͤhret:
Wer aber ißt und trinkt, und dabei GOtt ver-
gißt,

Der lebet als ein Schwein, das keine Wolthat ſpuͤ-
ret.


Die
R 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0275" n="263"/>
          <fw place="top" type="header">Die unerkandte Wollthat GOttes.</fw><lb/>
          <l>Des Geizes, mit dem Korn, als einen Go&#x0364;zen<lb/><hi rendition="#et">pragen.</hi></l><lb/>
          <l>Hei&#x017F;t das wol dankbar &#x017F;eyn, wenn man des Ho&#x0364;ch-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ten Gu&#x0364;t</hi></l><lb/>
          <l>Zum bo&#x0364;&#x017F;en Zwekke kehrt, zur Eitelkeit anwendet,</l><lb/>
          <l>Und &#x017F;ein verdorbenes, unartiges Gemu&#x0364;t,</l><lb/>
          <l>Das <hi rendition="#fr">GOtt</hi> durch Gaben lokt, dem Satan doch<lb/><hi rendition="#et">verpfa&#x0364;ndet?</hi></l><lb/>
          <l>Die Erndte wenn &#x017F;ie reich; macht viele gar zu &#x017F;att,</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;ie dem Geber offt und ihre Pflicht verge&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;ie nicht eingedenk, wer es gegeben hat,</l><lb/>
          <l>Was &#x017F;ie ganz unacht&#x017F;am ohn Dankbegier auffre&#x017F;-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;en.</hi></l><lb/>
          <l>Bewahre uns o! HErr! vor der Undankbarkeit,</l><lb/>
          <l>Laß mich bei iedem Korn das uns erna&#x0364;hrt, erwe-<lb/><hi rendition="#et">gen;</hi></l><lb/>
          <l>Und wenn der Weizentrank das Herz labt und er-<lb/><hi rendition="#et">freut,</hi></l><lb/>
          <l>Daß wir im Brodt und Trank genie&#x017F;&#x017F;en deinen<lb/><hi rendition="#et">Seegen!</hi></l><lb/>
          <l>So &#x017F;eh und &#x017F;chmekke ich daß du &#x017F;ehr freundlich bi&#x017F;t,</l><lb/>
          <l>So eß und trinke ich, als einem Men&#x017F;ch gebu&#x0364;hret:</l><lb/>
          <l>Wer aber ißt und trinkt, und dabei <hi rendition="#fr">GOtt</hi> ver-<lb/><hi rendition="#et">gißt,</hi></l><lb/>
          <l>Der lebet als ein Schwein, das keine Wolthat &#x017F;pu&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">ret.</hi></l>
        </lg>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">R 4</fw>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Die</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0275] Die unerkandte Wollthat GOttes. Des Geizes, mit dem Korn, als einen Goͤzen pragen. Heiſt das wol dankbar ſeyn, wenn man des Hoͤch- ſten Guͤt Zum boͤſen Zwekke kehrt, zur Eitelkeit anwendet, Und ſein verdorbenes, unartiges Gemuͤt, Das GOtt durch Gaben lokt, dem Satan doch verpfaͤndet? Die Erndte wenn ſie reich; macht viele gar zu ſatt, Daß ſie dem Geber offt und ihre Pflicht vergeſſen; Daß ſie nicht eingedenk, wer es gegeben hat, Was ſie ganz unachtſam ohn Dankbegier auffreſ- ſen. Bewahre uns o! HErr! vor der Undankbarkeit, Laß mich bei iedem Korn das uns ernaͤhrt, erwe- gen; Und wenn der Weizentrank das Herz labt und er- freut, Daß wir im Brodt und Trank genieſſen deinen Seegen! So ſeh und ſchmekke ich daß du ſehr freundlich biſt, So eß und trinke ich, als einem Menſch gebuͤhret: Wer aber ißt und trinkt, und dabei GOtt ver- gißt, Der lebet als ein Schwein, das keine Wolthat ſpuͤ- ret. Die R 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/275
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/275>, abgerufen am 28.03.2024.