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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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Die selten blühende Aloe.
Beständig wartet, pflegt: Ein Sünder giebt im-
gleichen,

Nach einer langen Zeit, vielleicht noch Beßrungs-
Zeichen.

Der Heiland ist bemüht um seinen Gnadenstand,
So wie ein Gärtner thut; Er sezt in gutes Land
Den unfruchtbahren Baum, er suchet ihn mit See-
gen,

Zu seiner Fruchtbringung aufs Beste zu verpflegen.
Doch wie die Aloe nach vielen Jahren blüht,
Jn ihrer Blüte welkt; so ist ein solch Gemüth,
Es zeigt die Beßrung erst bei seinen hohen Jahren,
Es will erst fruchtbahr seyn, bei seinen grauen
Haaren:

Da scheint es endlich noch, er wolle sich bekehrn,
Er wolle noch zulezt den wahren Schöpfer ehrn:
Dem Nächsten seine Pflicht wie sichs gebührt, er-
weisen,

Und seines Gärtners Fleis in guten Früchten prei-
sen.

Er fänget an zu blühn! allein nur kurze Zeit,
Wenn sich die Welt bei ihm auf gute Früchte frent:
So muß er plözlich drauf, im Blühen untergehen,
Wie eine Aloe; so ists mit ihm geschehen.
Ein jeder der hier noch im Reich der Gnaden lebt,
Den des Erlösers Treu, wie einen Baum um-
gräbt,

Bedünget, fruchtbahr macht, der bring bei Zeiten
Früchte,

Sonst fällt er noch zulezt, ins schwere Zorn-Ge-
richte.


Die
Die ſelten bluͤhende Aloe.
Beſtaͤndig wartet, pflegt: Ein Suͤnder giebt im-
gleichen,

Nach einer langen Zeit, vielleicht noch Beßrungs-
Zeichen.

Der Heiland iſt bemuͤht um ſeinen Gnadenſtand,
So wie ein Gaͤrtner thut; Er ſezt in gutes Land
Den unfruchtbahren Baum, er ſuchet ihn mit See-
gen,

Zu ſeiner Fruchtbringung aufs Beſte zu verpflegen.
Doch wie die Aloe nach vielen Jahren bluͤht,
Jn ihrer Bluͤte welkt; ſo iſt ein ſolch Gemuͤth,
Es zeigt die Beßrung erſt bei ſeinen hohen Jahren,
Es will erſt fruchtbahr ſeyn, bei ſeinen grauen
Haaren:

Da ſcheint es endlich noch, er wolle ſich bekehrn,
Er wolle noch zulezt den wahren Schoͤpfer ehrn:
Dem Naͤchſten ſeine Pflicht wie ſichs gebuͤhrt, er-
weiſen,

Und ſeines Gaͤrtners Fleis in guten Fruͤchten prei-
ſen.

Er faͤnget an zu bluͤhn! allein nur kurze Zeit,
Wenn ſich die Welt bei ihm auf gute Fruͤchte frent:
So muß er ploͤzlich drauf, im Bluͤhen untergehen,
Wie eine Aloe; ſo iſts mit ihm geſchehen.
Ein jeder der hier noch im Reich der Gnaden lebt,
Den des Erloͤſers Treu, wie einen Baum um-
graͤbt,

Beduͤnget, fruchtbahr macht, der bring bei Zeiten
Fruͤchte,

Sonſt faͤllt er noch zulezt, ins ſchwere Zorn-Ge-
richte.


Die
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[281/0293] Die ſelten bluͤhende Aloe. Beſtaͤndig wartet, pflegt: Ein Suͤnder giebt im- gleichen, Nach einer langen Zeit, vielleicht noch Beßrungs- Zeichen. Der Heiland iſt bemuͤht um ſeinen Gnadenſtand, So wie ein Gaͤrtner thut; Er ſezt in gutes Land Den unfruchtbahren Baum, er ſuchet ihn mit See- gen, Zu ſeiner Fruchtbringung aufs Beſte zu verpflegen. Doch wie die Aloe nach vielen Jahren bluͤht, Jn ihrer Bluͤte welkt; ſo iſt ein ſolch Gemuͤth, Es zeigt die Beßrung erſt bei ſeinen hohen Jahren, Es will erſt fruchtbahr ſeyn, bei ſeinen grauen Haaren: Da ſcheint es endlich noch, er wolle ſich bekehrn, Er wolle noch zulezt den wahren Schoͤpfer ehrn: Dem Naͤchſten ſeine Pflicht wie ſichs gebuͤhrt, er- weiſen, Und ſeines Gaͤrtners Fleis in guten Fruͤchten prei- ſen. Er faͤnget an zu bluͤhn! allein nur kurze Zeit, Wenn ſich die Welt bei ihm auf gute Fruͤchte frent: So muß er ploͤzlich drauf, im Bluͤhen untergehen, Wie eine Aloe; ſo iſts mit ihm geſchehen. Ein jeder der hier noch im Reich der Gnaden lebt, Den des Erloͤſers Treu, wie einen Baum um- graͤbt, Beduͤnget, fruchtbahr macht, der bring bei Zeiten Fruͤchte, Sonſt faͤllt er noch zulezt, ins ſchwere Zorn-Ge- richte. Die

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/293>, abgerufen am 29.03.2024.