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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.

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Die weise Güte GOttes
Daher entspringt der eitle Wahn: woher der Ur-
sprung alles Bösen,

Das ist das Räthsel jeder Zeit, das will er durch
Vernunft auflösen.

Daher entstehn die eitlen Fragen: Warum der Schau-
plaz dieser Welt,

Ein Garte der mehr scharfe Dornen, als süsse Ro-
sen in sich hält:

Warum so vieles Ungelük das wir an den und
jenen sehen,

Da GOtt doch alle Ding regiert, in seinen Rei-
che könn entstehen?

Sie denken eine ewge Güte, ist um der Menschen
Woll bemüht,

Die Weisheit hat so helle Augen, daß nichts ge-
schicht, was sie nicht sieht.

Der Allmacht würkender Befehl, kan alles augen-
bliklich enden,

GOtt trägt der Rache Donnerkeil, und ihren Bliz
in seinen Händen.

Was sich demselben wiedersezzet zerschmettert gleich
vor seinen Grimm

Was seinen Willen wiederbellet, verstummt vor
seiner Schrekkensstimm.

Und dennoch sehn wir hie und da, das Böse auf der
Erde toben,

Das vielen Guten schädlich ist; warum wird es
nicht weg gehoben?

Wenn GOtt das Gute ernstlich liebet, wenn er
das, was geschiehet, weiß,

Und wenn ein jeder muß gehorchen, der Allmacht
Willen und Geheis:

So kan es ja nicht anders seyn, GOtt muß das
aus dem Wege räumen,

Was
Die weiſe Guͤte GOttes
Daher entſpringt der eitle Wahn: woher der Ur-
ſprung alles Boͤſen,

Das iſt das Raͤthſel jeder Zeit, das will er durch
Vernunft aufloͤſen.

Daher entſtehn die eitlen Fragen: Warum der Schau-
plaz dieſer Welt,

Ein Garte der mehr ſcharfe Dornen, als ſuͤſſe Ro-
ſen in ſich haͤlt:

Warum ſo vieles Ungeluͤk das wir an den und
jenen ſehen,

Da GOtt doch alle Ding regiert, in ſeinen Rei-
che koͤnn entſtehen?

Sie denken eine ewge Guͤte, iſt um der Menſchen
Woll bemuͤht,

Die Weisheit hat ſo helle Augen, daß nichts ge-
ſchicht, was ſie nicht ſieht.

Der Allmacht wuͤrkender Befehl, kan alles augen-
bliklich enden,

GOtt traͤgt der Rache Donnerkeil, und ihren Bliz
in ſeinen Haͤnden.

Was ſich demſelben wiederſezzet zerſchmettert gleich
vor ſeinen Grimm

Was ſeinen Willen wiederbellet, verſtummt vor
ſeiner Schrekkensſtimm.

Und dennoch ſehn wir hie und da, das Boͤſe auf der
Erde toben,

Das vielen Guten ſchaͤdlich iſt; warum wird es
nicht weg gehoben?

Wenn GOtt das Gute ernſtlich liebet, wenn er
das, was geſchiehet, weiß,

Und wenn ein jeder muß gehorchen, der Allmacht
Willen und Geheis:

So kan es ja nicht anders ſeyn, GOtt muß das
aus dem Wege raͤumen,

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[86/0098] Die weiſe Guͤte GOttes Daher entſpringt der eitle Wahn: woher der Ur- ſprung alles Boͤſen, Das iſt das Raͤthſel jeder Zeit, das will er durch Vernunft aufloͤſen. Daher entſtehn die eitlen Fragen: Warum der Schau- plaz dieſer Welt, Ein Garte der mehr ſcharfe Dornen, als ſuͤſſe Ro- ſen in ſich haͤlt: Warum ſo vieles Ungeluͤk das wir an den und jenen ſehen, Da GOtt doch alle Ding regiert, in ſeinen Rei- che koͤnn entſtehen? Sie denken eine ewge Guͤte, iſt um der Menſchen Woll bemuͤht, Die Weisheit hat ſo helle Augen, daß nichts ge- ſchicht, was ſie nicht ſieht. Der Allmacht wuͤrkender Befehl, kan alles augen- bliklich enden, GOtt traͤgt der Rache Donnerkeil, und ihren Bliz in ſeinen Haͤnden. Was ſich demſelben wiederſezzet zerſchmettert gleich vor ſeinen Grimm Was ſeinen Willen wiederbellet, verſtummt vor ſeiner Schrekkensſtimm. Und dennoch ſehn wir hie und da, das Boͤſe auf der Erde toben, Das vielen Guten ſchaͤdlich iſt; warum wird es nicht weg gehoben? Wenn GOtt das Gute ernſtlich liebet, wenn er das, was geſchiehet, weiß, Und wenn ein jeder muß gehorchen, der Allmacht Willen und Geheis: So kan es ja nicht anders ſeyn, GOtt muß das aus dem Wege raͤumen, Was

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/98>, abgerufen am 28.03.2024.