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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

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Der merkwürdige Baum Moos.
Er wächst am meisten an der Seit die zeiget nach
dem rauhen Norden,

Und ist dadurch dem Wandersmann, wenn er ver-
irret, nuz geworden.

Er dient zum Compas in dem Wald, weil er meist
Nordenwerts sich zeigt,

Am meisten an der Seite wächst, wo sich der Baum
nach Norden neigt.

Wer dieses Zeichen nur bemerkt der kan an eines
Baumes Rinden,

Jn einem unbekandten Wald, gar leicht die rech-
ten Bahn ausfinden.

Der Moos hält manchen Schaden ab, er mindert
manchen herbe Noth,

Die einen nahen Untergang den Bäumen in den
Walde droht.

Er hält den Bis der Schweine auf, daß sie den
Stamm nicht ganz verlezzen,

Woran sie in der wilden Wuth die scharfen Zähne
wütend sezzen.

Er stärkt die jungen Pflanzen noch; wie manche
Blume, Kraut und Beer,

Stammt nicht aus den gewachsnen Moos zum rei-
chen Nuz der Menschen her?

Wie nuzbar ist er öfters nicht bei dem Gebrauch
der Arzeneien?

Man pfleget ihn zur Linderung in äusre Wunden
einzustreuen:

Und wie der Landmann ihn sonst braucht. Daraus
erhellet abermahl,

Das Nichts in weiten Raum der Welt, auf Bergen,
in dem tieffen Thal

Es sey auch noch so klein, gering, daß uns der Schöp-
fer nicht im Leben,

Zum
L 3
Der merkwuͤrdige Baum Moos.
Er waͤchſt am meiſten an der Seit die zeiget nach
dem rauhen Norden,

Und iſt dadurch dem Wandersmann, wenn er ver-
irret, nuz geworden.

Er dient zum Compas in dem Wald, weil er meiſt
Nordenwerts ſich zeigt,

Am meiſten an der Seite waͤchſt, wo ſich der Baum
nach Norden neigt.

Wer dieſes Zeichen nur bemerkt der kan an eines
Baumes Rinden,

Jn einem unbekandten Wald, gar leicht die rech-
ten Bahn ausfinden.

Der Moos haͤlt manchen Schaden ab, er mindert
manchen herbe Noth,

Die einen nahen Untergang den Baͤumen in den
Walde droht.

Er haͤlt den Bis der Schweine auf, daß ſie den
Stamm nicht ganz verlezzen,

Woran ſie in der wilden Wuth die ſcharfen Zaͤhne
wuͤtend ſezzen.

Er ſtaͤrkt die jungen Pflanzen noch; wie manche
Blume, Kraut und Beer,

Stammt nicht aus den gewachſnen Moos zum rei-
chen Nuz der Menſchen her?

Wie nuzbar iſt er oͤfters nicht bei dem Gebrauch
der Arzeneien?

Man pfleget ihn zur Linderung in aͤuſre Wunden
einzuſtreuen:

Und wie der Landmann ihn ſonſt braucht. Daraus
erhellet abermahl,

Das Nichts in weiten Raum der Welt, auf Bergen,
in dem tieffen Thal

Es ſey auch noch ſo klein, gering, daß uns der Schoͤp-
fer nicht im Leben,

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L 3
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[165/0177] Der merkwuͤrdige Baum Moos. Er waͤchſt am meiſten an der Seit die zeiget nach dem rauhen Norden, Und iſt dadurch dem Wandersmann, wenn er ver- irret, nuz geworden. Er dient zum Compas in dem Wald, weil er meiſt Nordenwerts ſich zeigt, Am meiſten an der Seite waͤchſt, wo ſich der Baum nach Norden neigt. Wer dieſes Zeichen nur bemerkt der kan an eines Baumes Rinden, Jn einem unbekandten Wald, gar leicht die rech- ten Bahn ausfinden. Der Moos haͤlt manchen Schaden ab, er mindert manchen herbe Noth, Die einen nahen Untergang den Baͤumen in den Walde droht. Er haͤlt den Bis der Schweine auf, daß ſie den Stamm nicht ganz verlezzen, Woran ſie in der wilden Wuth die ſcharfen Zaͤhne wuͤtend ſezzen. Er ſtaͤrkt die jungen Pflanzen noch; wie manche Blume, Kraut und Beer, Stammt nicht aus den gewachſnen Moos zum rei- chen Nuz der Menſchen her? Wie nuzbar iſt er oͤfters nicht bei dem Gebrauch der Arzeneien? Man pfleget ihn zur Linderung in aͤuſre Wunden einzuſtreuen: Und wie der Landmann ihn ſonſt braucht. Daraus erhellet abermahl, Das Nichts in weiten Raum der Welt, auf Bergen, in dem tieffen Thal Es ſey auch noch ſo klein, gering, daß uns der Schoͤp- fer nicht im Leben, Zum L 3

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/177>, abgerufen am 23.04.2024.