Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Verwandelungen an den Bäumen.
Schönes Bild von unsern Leben!
Daß uns öfters herrlich scheint,
Und auch viele Lust kan geben,
Das doch aber eh mans meint,
Mit der Jahre Lauf vergehet:
Da die Schönheit, Pracht, und Geld
Wie ein welkend Laub verwehet,
Und zulezt noch in der Welt,
Wenn sie sich von uns entfernen,
Lassen, daß sie eitel lernen.
Jn der Jugend holden Lenzen,
Blühen wir mit Anmuht schön,
Da wir in den grünen Kränzen,
Hofnungs-voll dem Glük nachgehn.
Wenn die Glükkes-Sonn uns scheinet,
Sind wir einem Baume gleich,
Davon man im Sommer meinet,
Daß er prächtig, fruchtbahr, reich,
Der zulezt hört auf zu prangen,
Wenn der Blätter Schmuk vergangen.
Wenn die Jahre endlich kommen,
Da die Schönheit sich verliert,
Der Natur-Kraft abgenommen,
Fällt der Glanz der uns geziert.
Alsdenn soll das Kleid uns schmükken,
Oder auch des Reichthums Gold:
Das doch bei dem rauhen Blikken
Jn dem Unglüks-Sturm fort rollt,
Und gar oft wie Laub verflieget,
Wenn ihr Schein uns kaum vergnüget.
Bei
B 2
Verwandelungen an den Baͤumen.
Schoͤnes Bild von unſern Leben!
Daß uns oͤfters herrlich ſcheint,
Und auch viele Luſt kan geben,
Das doch aber eh mans meint,
Mit der Jahre Lauf vergehet:
Da die Schoͤnheit, Pracht, und Geld
Wie ein welkend Laub verwehet,
Und zulezt noch in der Welt,
Wenn ſie ſich von uns entfernen,
Laſſen, daß ſie eitel lernen.
Jn der Jugend holden Lenzen,
Bluͤhen wir mit Anmuht ſchoͤn,
Da wir in den gruͤnen Kraͤnzen,
Hofnungs-voll dem Gluͤk nachgehn.
Wenn die Gluͤkkes-Sonn uns ſcheinet,
Sind wir einem Baume gleich,
Davon man im Sommer meinet,
Daß er praͤchtig, fruchtbahr, reich,
Der zulezt hoͤrt auf zu prangen,
Wenn der Blaͤtter Schmuk vergangen.
Wenn die Jahre endlich kommen,
Da die Schoͤnheit ſich verliert,
Der Natur-Kraft abgenommen,
Faͤllt der Glanz der uns geziert.
Alsdenn ſoll das Kleid uns ſchmuͤkken,
Oder auch des Reichthums Gold:
Das doch bei dem rauhen Blikken
Jn dem Ungluͤks-Sturm fort rollt,
Und gar oft wie Laub verflieget,
Wenn ihr Schein uns kaum vergnuͤget.
Bei
B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0031" n="19"/>
          <fw place="top" type="header">Verwandelungen an den Ba&#x0364;umen.</fw><lb/>
          <lg n="9">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>cho&#x0364;nes Bild von un&#x017F;ern Leben!</l><lb/>
            <l>Daß uns o&#x0364;fters herrlich &#x017F;cheint,</l><lb/>
            <l>Und auch viele Lu&#x017F;t kan geben,</l><lb/>
            <l>Das doch aber eh mans meint,</l><lb/>
            <l>Mit der Jahre Lauf vergehet:</l><lb/>
            <l>Da die Scho&#x0364;nheit, Pracht, und Geld</l><lb/>
            <l>Wie ein welkend Laub verwehet,</l><lb/>
            <l>Und zulezt noch in der Welt,</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie &#x017F;ich von uns entfernen,</l><lb/>
            <l>La&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie eitel lernen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="10">
            <l><hi rendition="#in">J</hi>n der Jugend holden Lenzen,</l><lb/>
            <l>Blu&#x0364;hen wir mit Anmuht &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Da wir in den gru&#x0364;nen Kra&#x0364;nzen,</l><lb/>
            <l>Hofnungs-voll dem Glu&#x0364;k nachgehn.</l><lb/>
            <l>Wenn die Glu&#x0364;kkes-Sonn uns &#x017F;cheinet,</l><lb/>
            <l>Sind wir einem Baume gleich,</l><lb/>
            <l>Davon man im Sommer meinet,</l><lb/>
            <l>Daß er pra&#x0364;chtig, fruchtbahr, reich,</l><lb/>
            <l>Der zulezt ho&#x0364;rt auf zu prangen,</l><lb/>
            <l>Wenn der Bla&#x0364;tter Schmuk vergangen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="11">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>enn die Jahre endlich kommen,</l><lb/>
            <l>Da die Scho&#x0364;nheit &#x017F;ich verliert,</l><lb/>
            <l>Der Natur-Kraft abgenommen,</l><lb/>
            <l>Fa&#x0364;llt der Glanz der uns geziert.</l><lb/>
            <l>Alsdenn &#x017F;oll das Kleid uns &#x017F;chmu&#x0364;kken,</l><lb/>
            <l>Oder auch des Reichthums Gold:</l><lb/>
            <l>Das doch bei dem rauhen Blikken</l><lb/>
            <l>Jn dem Unglu&#x0364;ks-Sturm fort rollt,</l><lb/>
            <l>Und gar oft wie Laub verflieget,</l><lb/>
            <l>Wenn ihr Schein uns kaum vergnu&#x0364;get.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">B 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Bei</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0031] Verwandelungen an den Baͤumen. Schoͤnes Bild von unſern Leben! Daß uns oͤfters herrlich ſcheint, Und auch viele Luſt kan geben, Das doch aber eh mans meint, Mit der Jahre Lauf vergehet: Da die Schoͤnheit, Pracht, und Geld Wie ein welkend Laub verwehet, Und zulezt noch in der Welt, Wenn ſie ſich von uns entfernen, Laſſen, daß ſie eitel lernen. Jn der Jugend holden Lenzen, Bluͤhen wir mit Anmuht ſchoͤn, Da wir in den gruͤnen Kraͤnzen, Hofnungs-voll dem Gluͤk nachgehn. Wenn die Gluͤkkes-Sonn uns ſcheinet, Sind wir einem Baume gleich, Davon man im Sommer meinet, Daß er praͤchtig, fruchtbahr, reich, Der zulezt hoͤrt auf zu prangen, Wenn der Blaͤtter Schmuk vergangen. Wenn die Jahre endlich kommen, Da die Schoͤnheit ſich verliert, Der Natur-Kraft abgenommen, Faͤllt der Glanz der uns geziert. Alsdenn ſoll das Kleid uns ſchmuͤkken, Oder auch des Reichthums Gold: Das doch bei dem rauhen Blikken Jn dem Ungluͤks-Sturm fort rollt, Und gar oft wie Laub verflieget, Wenn ihr Schein uns kaum vergnuͤget. Bei B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/31
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/31>, abgerufen am 25.04.2024.