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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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Hausflur gegenüberliegender Gang, der durch eine feste
Thüre *) verschlossen war, führte in das große, nur von drei
Seiten mit Säulen umgebene Frauengemach **), in welchem
sich die weiblichen Hausbewohner aufzuhalten pflegten, wenn
sie nicht in den bei der sogenannten Garten- oder Hinter-
thüre ***) gelegenen Zimmern beim Spinnrocken oder Webe-
stuhle saßen. Zwischen diesen und den Gemächern, welche das
Frauengemach zur Linken und Rechten, als Wirthschafts-
räume, umgaben, lagen die Schlafzimmer +), in denen zu
gleicher Zeit die Schätze des Hauses aufbewahrt wurden.
Die Wände des Männersaales waren mit röthlich brauner
Farbe bemalt, von der sich weiße Marmorbildwerke, Ge-
schenke eines Künstlers von Chios 27), in scharfen Linien
abhoben. Den Fußboden bedeckten schwere Teppiche aus
Sardes. Den Säulen entlang zogen sich niedrige mit
Pardelfell überzogene Polster, während in der Nähe des
kunstreichen Herdes seltsam geformte ägyptische Lehnsessel
und fein geschnitzte Tischchen von Thyaholz 28) standen, auf
denen allerlei musikalische Jnstrumente, Flöten, Kithara
und Phormix lagen. An den Wänden hingen zahlreiche
mit Kikiöl 29) gefüllte Lampen in verschiedenen Formen, diese
einen feuerspeienden Delphin, jene ein seltsam geflügeltes
Ungeheuer, dessen Rachen Strahlen sprühte, darstellend,
und ihr Licht mit dem Feuer des Herdes vereinend.

Jn dieser Halle standen einige Männer von verschie-
denem Aussehen und in verschiedenen Trachten. Ein Sy-
rer aus Tyrus in langem rosinfarbenem Gewande, unter-
hielt sich lebhaft mit einem Manne, dessen scharf geschnit-

*) Methaulos Thüra.
**) Gynäkonitis.
***) Kepaia Thüra.
+) Thalamos und Autithalamos.

Hausflur gegenüberliegender Gang, der durch eine feſte
Thüre *) verſchloſſen war, führte in das große, nur von drei
Seiten mit Säulen umgebene Frauengemach **), in welchem
ſich die weiblichen Hausbewohner aufzuhalten pflegten, wenn
ſie nicht in den bei der ſogenannten Garten- oder Hinter-
thüre ***) gelegenen Zimmern beim Spinnrocken oder Webe-
ſtuhle ſaßen. Zwiſchen dieſen und den Gemächern, welche das
Frauengemach zur Linken und Rechten, als Wirthſchafts-
räume, umgaben, lagen die Schlafzimmer †), in denen zu
gleicher Zeit die Schätze des Hauſes aufbewahrt wurden.
Die Wände des Männerſaales waren mit röthlich brauner
Farbe bemalt, von der ſich weiße Marmorbildwerke, Ge-
ſchenke eines Künſtlers von Chios 27), in ſcharfen Linien
abhoben. Den Fußboden bedeckten ſchwere Teppiche aus
Sardes. Den Säulen entlang zogen ſich niedrige mit
Pardelfell überzogene Polſter, während in der Nähe des
kunſtreichen Herdes ſeltſam geformte ägyptiſche Lehnſeſſel
und fein geſchnitzte Tiſchchen von Thyaholz 28) ſtanden, auf
denen allerlei muſikaliſche Jnſtrumente, Flöten, Kithara
und Phormix lagen. An den Wänden hingen zahlreiche
mit Kikiöl 29) gefüllte Lampen in verſchiedenen Formen, dieſe
einen feuerſpeienden Delphin, jene ein ſeltſam geflügeltes
Ungeheuer, deſſen Rachen Strahlen ſprühte, darſtellend,
und ihr Licht mit dem Feuer des Herdes vereinend.

Jn dieſer Halle ſtanden einige Männer von verſchie-
denem Ausſehen und in verſchiedenen Trachten. Ein Sy-
rer aus Tyrus in langem roſinfarbenem Gewande, unter-
hielt ſich lebhaft mit einem Manne, deſſen ſcharf geſchnit-

*) Methaulos Thüra.
**) Gynäkonitis.
***) Kepaia Thüra.
†) Thalamos und Autithalamos.
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[13/0031] Hausflur gegenüberliegender Gang, der durch eine feſte Thüre *) verſchloſſen war, führte in das große, nur von drei Seiten mit Säulen umgebene Frauengemach **), in welchem ſich die weiblichen Hausbewohner aufzuhalten pflegten, wenn ſie nicht in den bei der ſogenannten Garten- oder Hinter- thüre ***) gelegenen Zimmern beim Spinnrocken oder Webe- ſtuhle ſaßen. Zwiſchen dieſen und den Gemächern, welche das Frauengemach zur Linken und Rechten, als Wirthſchafts- räume, umgaben, lagen die Schlafzimmer †), in denen zu gleicher Zeit die Schätze des Hauſes aufbewahrt wurden. Die Wände des Männerſaales waren mit röthlich brauner Farbe bemalt, von der ſich weiße Marmorbildwerke, Ge- ſchenke eines Künſtlers von Chios 27), in ſcharfen Linien abhoben. Den Fußboden bedeckten ſchwere Teppiche aus Sardes. Den Säulen entlang zogen ſich niedrige mit Pardelfell überzogene Polſter, während in der Nähe des kunſtreichen Herdes ſeltſam geformte ägyptiſche Lehnſeſſel und fein geſchnitzte Tiſchchen von Thyaholz 28) ſtanden, auf denen allerlei muſikaliſche Jnſtrumente, Flöten, Kithara und Phormix lagen. An den Wänden hingen zahlreiche mit Kikiöl 29) gefüllte Lampen in verſchiedenen Formen, dieſe einen feuerſpeienden Delphin, jene ein ſeltſam geflügeltes Ungeheuer, deſſen Rachen Strahlen ſprühte, darſtellend, und ihr Licht mit dem Feuer des Herdes vereinend. Jn dieſer Halle ſtanden einige Männer von verſchie- denem Ausſehen und in verſchiedenen Trachten. Ein Sy- rer aus Tyrus in langem roſinfarbenem Gewande, unter- hielt ſich lebhaft mit einem Manne, deſſen ſcharf geſchnit- *) Methaulos Thüra. **) Gynäkonitis. ***) Kepaia Thüra. †) Thalamos und Autithalamos.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/31>, abgerufen am 24.04.2024.