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Eckarth, Friedrich: Chronica Oder Historische Beschreibung Des Dorffes Herwigsdorff. 1737.

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klein ist vorträget,) gehen biß vor das Hauß, wo die Leiche ist, und singen da etliche Lieder. Wenn diß vorbey, gehet die Schule wieder nebst Pfarrherrn voran, und singen unterwegens. Die Leiche wird hinter selbigen hergetragen, ist es ein Weib oder Mann, durch 8 hierzu erbethne Nachtbahrn, Häußler durch Häußler, Bauer durch Bauern, Gerichts-Eltesten oder Richter durch Gerichts-Eltesten, ist es eine unverehlichte Persohn, durch Junggesellen. Hinter der Leiche gehen die nechsten Bluts-Freunde, und denn die andern Nachbarn und Leichen-Begleiter, an Manns- und Weibs-Persohnen, doch letztere besonders. Wenn man sich der Kirche nähert, fängt man an mit allen Glocken zu läuten. Man träget die Leichen auf den Kirchhoff, allwo bey Vermögenden, die es haben wollen, beym Grabe gesungen wird, und senckt sie da ins Grab. Darauf wird denen meisten in der Kirchen von dem Pfarrer eine Leichen-Predigt gehalten, und dessen Lebenslauff erzehlet, auch in der Kirche Grabe-Lieder gesungen. Gar Arme und Theils Kinder werden nur mit so genannten Abdanckungen beerdiget. Richter und Gerichts-Eltesten werden währender Predigt auf der Leichen-Baare in die Kirche gesetzt, und denn erst zur Kirche in voriger Proceßion hinausgetragen und beerdiget. Die mitgehenden Schüller empfangen bey vermögenden Leuten einen Dreyer, der Creutzträger einen Groschen. Die grossen Sänger deren bißweilen einige erfodert werden biß 2 Groschen. Die Leichen-Träger 1 Fäßel Bier vor einen Thaler. Die Nächsten Freunde trauren um den Verstorbenen, und zwar Manns-Persohnen in schwarzen Kleydern, und Flor auf Hütten und Mützen, Weibs-Persohnen in gantz weissen leinwandnen Tücher, biß auf das Gesichte und Hände eingehüllt. Die Weiber bey Begräbnis ihrer Männer, und die Töchter bey Begräbniß ihrer Eltern binden Leinwandne Tüchel vor den Mund, Maulschleyer genannt, welches sie auch 4 Wochen lang Sonntags in der Kirche continuiren. Denen Verstorbenen wird von den nächsten Angehörigen, entweder ein höltzern Creutz oder Kasten auf die Grab-Stätte gesetzet, und sein Lebenslauff,

klein ist vorträget,) gehen biß vor das Hauß, wo die Leiche ist, und singen da etliche Lieder. Wenn diß vorbey, gehet die Schule wieder nebst Pfarrherrn voran, und singen unterwegens. Die Leiche wird hinter selbigen hergetragen, ist es ein Weib oder Mann, durch 8 hierzu erbethne Nachtbahrn, Häußler durch Häußler, Bauer durch Bauern, Gerichts-Eltesten oder Richter durch Gerichts-Eltesten, ist es eine unverehlichte Persohn, durch Junggesellen. Hinter der Leiche gehen die nechsten Bluts-Freunde, und denn die andern Nachbarn und Leichen-Begleiter, an Manns- und Weibs-Persohnen, doch letztere besonders. Wenn man sich der Kirche nähert, fängt man an mit allen Glocken zu läuten. Man träget die Leichen auf den Kirchhoff, allwo bey Vermögenden, die es haben wollen, beym Grabe gesungen wird, und senckt sie da ins Grab. Darauf wird denen meisten in der Kirchen von dem Pfarrer eine Leichen-Predigt gehalten, und dessen Lebenslauff erzehlet, auch in der Kirche Grabe-Lieder gesungen. Gar Arme und Theils Kinder werden nur mit so genannten Abdanckungen beerdiget. Richter und Gerichts-Eltesten werden währender Predigt auf der Leichen-Baare in die Kirche gesetzt, und denn erst zur Kirche in voriger Proceßion hinausgetragen und beerdiget. Die mitgehenden Schüller empfangen bey vermögenden Leuten einen Dreyer, der Creutzträger einen Groschen. Die grossen Sänger deren bißweilen einige erfodert werden biß 2 Groschen. Die Leichen-Träger 1 Fäßel Bier vor einen Thaler. Die Nächsten Freunde trauren um den Verstorbenen, und zwar Manns-Persohnen in schwarzen Kleydern, und Flor auf Hütten und Mützen, Weibs-Persohnen in gantz weissen leinwandnen Tücher, biß auf das Gesichte und Hände eingehüllt. Die Weiber bey Begräbnis ihrer Männer, und die Töchter bey Begräbniß ihrer Eltern binden Leinwandne Tüchel vor den Mund, Maulschleyer genannt, welches sie auch 4 Wochen lang Sonntags in der Kirche continuiren. Denen Verstorbenen wird von den nächsten Angehörigen, entweder ein höltzern Creutz oder Kasten auf die Grab-Stätte gesetzet, und sein Lebenslauff,

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klein ist vorträget,) gehen biß vor das Hauß, wo die Leiche ist, und singen da etliche Lieder. Wenn diß vorbey, gehet die Schule wieder nebst Pfarrherrn voran, und singen unterwegens. Die Leiche wird hinter selbigen hergetragen, ist es ein Weib oder Mann, durch 8 hierzu erbethne Nachtbahrn, Häußler durch Häußler, Bauer durch Bauern, Gerichts-Eltesten oder Richter durch Gerichts-Eltesten, ist es eine unverehlichte Persohn, durch Junggesellen. Hinter der Leiche gehen die nechsten Bluts-Freunde, und denn die andern Nachbarn und Leichen-Begleiter, an Manns- und Weibs-Persohnen, doch letztere besonders. Wenn man sich der Kirche nähert, fängt man an mit allen Glocken zu läuten. Man träget die Leichen auf den Kirchhoff, allwo bey Vermögenden, die es haben wollen, beym Grabe gesungen wird, und senckt sie da ins Grab. Darauf wird denen meisten in der Kirchen von dem Pfarrer eine Leichen-Predigt gehalten, und dessen Lebenslauff erzehlet, auch in der Kirche Grabe-Lieder gesungen. Gar Arme und Theils Kinder werden nur mit so genannten Abdanckungen beerdiget. Richter und Gerichts-Eltesten werden währender Predigt auf der Leichen-Baare in die Kirche gesetzt, und denn erst zur Kirche in voriger Proceßion hinausgetragen und beerdiget. Die mitgehenden Schüller empfangen bey vermögenden Leuten einen Dreyer, der Creutzträger einen Groschen. Die grossen Sänger deren bißweilen einige erfodert werden biß 2 Groschen. Die Leichen-Träger 1 Fäßel Bier vor einen Thaler. Die Nächsten Freunde trauren um den Verstorbenen, und zwar Manns-Persohnen in schwarzen Kleydern, und Flor auf Hütten und Mützen, Weibs-Persohnen in gantz weissen leinwandnen Tücher, biß auf das Gesichte und Hände eingehüllt. Die Weiber bey Begräbnis ihrer Männer, und die Töchter bey Begräbniß ihrer Eltern binden Leinwandne Tüchel vor den Mund, Maulschleyer genannt, welches sie auch 4 Wochen lang Sonntags in der Kirche continuiren. Denen Verstorbenen wird von den nächsten Angehörigen, entweder ein höltzern Creutz oder Kasten auf die Grab-Stätte gesetzet, und sein Lebenslauff,
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[29/0033] klein ist vorträget,) gehen biß vor das Hauß, wo die Leiche ist, und singen da etliche Lieder. Wenn diß vorbey, gehet die Schule wieder nebst Pfarrherrn voran, und singen unterwegens. Die Leiche wird hinter selbigen hergetragen, ist es ein Weib oder Mann, durch 8 hierzu erbethne Nachtbahrn, Häußler durch Häußler, Bauer durch Bauern, Gerichts-Eltesten oder Richter durch Gerichts-Eltesten, ist es eine unverehlichte Persohn, durch Junggesellen. Hinter der Leiche gehen die nechsten Bluts-Freunde, und denn die andern Nachbarn und Leichen-Begleiter, an Manns- und Weibs-Persohnen, doch letztere besonders. Wenn man sich der Kirche nähert, fängt man an mit allen Glocken zu läuten. Man träget die Leichen auf den Kirchhoff, allwo bey Vermögenden, die es haben wollen, beym Grabe gesungen wird, und senckt sie da ins Grab. Darauf wird denen meisten in der Kirchen von dem Pfarrer eine Leichen-Predigt gehalten, und dessen Lebenslauff erzehlet, auch in der Kirche Grabe-Lieder gesungen. Gar Arme und Theils Kinder werden nur mit so genannten Abdanckungen beerdiget. Richter und Gerichts-Eltesten werden währender Predigt auf der Leichen-Baare in die Kirche gesetzt, und denn erst zur Kirche in voriger Proceßion hinausgetragen und beerdiget. Die mitgehenden Schüller empfangen bey vermögenden Leuten einen Dreyer, der Creutzträger einen Groschen. Die grossen Sänger deren bißweilen einige erfodert werden biß 2 Groschen. Die Leichen-Träger 1 Fäßel Bier vor einen Thaler. Die Nächsten Freunde trauren um den Verstorbenen, und zwar Manns-Persohnen in schwarzen Kleydern, und Flor auf Hütten und Mützen, Weibs-Persohnen in gantz weissen leinwandnen Tücher, biß auf das Gesichte und Hände eingehüllt. Die Weiber bey Begräbnis ihrer Männer, und die Töchter bey Begräbniß ihrer Eltern binden Leinwandne Tüchel vor den Mund, Maulschleyer genannt, welches sie auch 4 Wochen lang Sonntags in der Kirche continuiren. Denen Verstorbenen wird von den nächsten Angehörigen, entweder ein höltzern Creutz oder Kasten auf die Grab-Stätte gesetzet, und sein Lebenslauff,

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Zitationshilfe: Eckarth, Friedrich: Chronica Oder Historische Beschreibung Des Dorffes Herwigsdorff. 1737, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckarth_chronica_1737/33>, abgerufen am 18.04.2024.