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Eckarth, Friedrich: Chronica Oder Historische Beschreibung Des Dorffes Herwigsdorff. 1737.

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Nicolaus Vopelius erstlich zu Hall in Sachsen ein Baarfüsser Mönch gewesen. Nachmahls aber zu Zeiten des Herrn Lutheri die Päpstiche Irrthümer abgeleget, und ist in der Kirchen St. Ulrich infimus Diaconus worden, und also bey D. Luthers Lehre biß an sein Ende beständig blieben: Meine liebe Mutter ist gewesen Frau Maria Cramerin, des Ehrsammen und vorsichtigen Johann Cramers, gewesenen Land-Richters zu Birchau 1 Meile von Nebra, seeligen Eheleiblichen Tochter, welche mich bald nach den Leiblichen zur Geistlichen Geburt befördert, und nachmahls zur Schulen und Gebeth gehalten, bis ich sieben Jahr alt worden. Als aber 1598 in Thüringen ein groß Land Sterben einfiel, sind meine liebe Eltern beyde im Monath October an der Pest gstorben, was ich in dieser Zeit ausgestanden, kan ich, weil ich damahls unmündig gewesen, mich nicht besinnen, ohne, daß mich der grundgütige GOtt für der grausamen Gifft gnädiglich behüttet hat. So bald aber die Pest nachgelassen, und GOtt reine Lufft wieder gegeben, haben meine liebe Groß-Eltern der Mutter Frau Margaretha Cramerin, an mir und meinem Bruder Hanß viel Barmhertzigkeit geübet, und nach der graßirender Seuche zu sich genommen, als unser Eltern Verlassenschafft war von den Todtengräbern gestohlen worden. Hierauf hat sich mein seltzamer Lebens-Lauff wundersam angefangen. Denn meine Groß-Mutter hat mich nicht lange bey sich gehabt, sondern nach Gehoffen, (ist ein Dorff in Thüringen) zu ihren Eydam Sebastian Völckern einen Gastwirth gethan, daselbst muste ich Sommerszeit die Pferde warten, Winters Zeit aber, gieng ich in die Schule, in welcher ich recht deutsch lesen, und die Musicam nach den Noten singen gelernet, durch welches ich auch nächst Göttlicher Hülffe bey dem Studiren blieben bin, zu Gehoffen bin ich bey meiner Mutter jüngsten Schwester Frau Catharina Völckerin geblieben, biß An. 1603 in 11ten Jahr meines Alters. Darauf haben mich meine Groß-Eltern zum andern Herrn Groß-Vater David Vopelio nach Nembsdorff geschickt, welcher mich bald angenommen, und nach Qverfurt in die Schule geschickt, allda ich 5

Nicolaus Vopelius erstlich zu Hall in Sachsen ein Baarfüsser Mönch gewesen. Nachmahls aber zu Zeiten des Herrn Lutheri die Päpstiche Irrthümer abgeleget, und ist in der Kirchen St. Ulrich infimus Diaconus worden, und also bey D. Luthers Lehre biß an sein Ende beständig blieben: Meine liebe Mutter ist gewesen Frau Maria Cramerin, des Ehrsammen und vorsichtigen Johann Cramers, gewesenen Land-Richters zu Birchau 1 Meile von Nebra, seeligen Eheleiblichen Tochter, welche mich bald nach den Leiblichen zur Geistlichen Geburt befördert, und nachmahls zur Schulen und Gebeth gehalten, bis ich sieben Jahr alt worden. Als aber 1598 in Thüringen ein groß Land Sterben einfiel, sind meine liebe Eltern beyde im Monath October an der Pest gstorben, was ich in dieser Zeit ausgestanden, kan ich, weil ich damahls unmündig gewesen, mich nicht besinnen, ohne, daß mich der grundgütige GOtt für der grausamen Gifft gnädiglich behüttet hat. So bald aber die Pest nachgelassen, und GOtt reine Lufft wieder gegeben, haben meine liebe Groß-Eltern der Mutter Frau Margaretha Cramerin, an mir und meinem Bruder Hanß viel Barmhertzigkeit geübet, und nach der graßirender Seuche zu sich genommen, als unser Eltern Verlassenschafft war von den Todtengräbern gestohlen worden. Hierauf hat sich mein seltzamer Lebens-Lauff wundersam angefangen. Denn meine Groß-Mutter hat mich nicht lange bey sich gehabt, sondern nach Gehoffen, (ist ein Dorff in Thüringen) zu ihren Eydam Sebastian Völckern einen Gastwirth gethan, daselbst muste ich Sommerszeit die Pferde warten, Winters Zeit aber, gieng ich in die Schule, in welcher ich recht deutsch lesen, und die Musicam nach den Noten singen gelernet, durch welches ich auch nächst Göttlicher Hülffe bey dem Studiren blieben bin, zu Gehoffen bin ich bey meiner Mutter jüngsten Schwester Frau Catharina Völckerin geblieben, biß An. 1603 in 11ten Jahr meines Alters. Darauf haben mich meine Groß-Eltern zum andern Herrn Groß-Vater David Vopelio nach Nembsdorff geschickt, welcher mich bald angenommen, und nach Qverfurt in die Schule geschickt, allda ich 5

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[77/0081] Nicolaus Vopelius erstlich zu Hall in Sachsen ein Baarfüsser Mönch gewesen. Nachmahls aber zu Zeiten des Herrn Lutheri die Päpstiche Irrthümer abgeleget, und ist in der Kirchen St. Ulrich infimus Diaconus worden, und also bey D. Luthers Lehre biß an sein Ende beständig blieben: Meine liebe Mutter ist gewesen Frau Maria Cramerin, des Ehrsammen und vorsichtigen Johann Cramers, gewesenen Land-Richters zu Birchau 1 Meile von Nebra, seeligen Eheleiblichen Tochter, welche mich bald nach den Leiblichen zur Geistlichen Geburt befördert, und nachmahls zur Schulen und Gebeth gehalten, bis ich sieben Jahr alt worden. Als aber 1598 in Thüringen ein groß Land Sterben einfiel, sind meine liebe Eltern beyde im Monath October an der Pest gstorben, was ich in dieser Zeit ausgestanden, kan ich, weil ich damahls unmündig gewesen, mich nicht besinnen, ohne, daß mich der grundgütige GOtt für der grausamen Gifft gnädiglich behüttet hat. So bald aber die Pest nachgelassen, und GOtt reine Lufft wieder gegeben, haben meine liebe Groß-Eltern der Mutter Frau Margaretha Cramerin, an mir und meinem Bruder Hanß viel Barmhertzigkeit geübet, und nach der graßirender Seuche zu sich genommen, als unser Eltern Verlassenschafft war von den Todtengräbern gestohlen worden. Hierauf hat sich mein seltzamer Lebens-Lauff wundersam angefangen. Denn meine Groß-Mutter hat mich nicht lange bey sich gehabt, sondern nach Gehoffen, (ist ein Dorff in Thüringen) zu ihren Eydam Sebastian Völckern einen Gastwirth gethan, daselbst muste ich Sommerszeit die Pferde warten, Winters Zeit aber, gieng ich in die Schule, in welcher ich recht deutsch lesen, und die Musicam nach den Noten singen gelernet, durch welches ich auch nächst Göttlicher Hülffe bey dem Studiren blieben bin, zu Gehoffen bin ich bey meiner Mutter jüngsten Schwester Frau Catharina Völckerin geblieben, biß An. 1603 in 11ten Jahr meines Alters. Darauf haben mich meine Groß-Eltern zum andern Herrn Groß-Vater David Vopelio nach Nembsdorff geschickt, welcher mich bald angenommen, und nach Qverfurt in die Schule geschickt, allda ich 5

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Zitationshilfe: Eckarth, Friedrich: Chronica Oder Historische Beschreibung Des Dorffes Herwigsdorff. 1737, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckarth_chronica_1737/81>, abgerufen am 29.03.2024.