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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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wisser; zudem wuste ich auch nicht, wann die
Augen die wohl ehemahlen dem Frauenzimmer
hold gewesen, denen Gedancken in die Ferne zu
sehen nicht einige Stärcke lehnen solten, in sei-
ner betrübten Einsamkeit ein Muster seiner
ehemalig geliebten Ehewirthin, vergieb, o
Wehrtester, daß durch meine Unvorsichtig-
keit ich ihme seine noch trieffende Wunden zu
einen hefftigeren bluten reitze, zu betrachten,
und seinen besten Alter noch einige Annehm-
lichkeit zuwüntsche. Nein liebste Schwe-
ster, unterbrach ihre Reden Filinda, sagende:
So fern du nur ein klein Vergrößerungs-
Glaß auch in einen düsteren Orthe, allwo nur
das wenigste Licht dir einen Platz der Verän-
derung geben könte, deinen Augen vorhalten
soltest, würdest du eine dergleichen Abwech-
selung deiner Gedancken sehen, die in einem
Stücke eine solche Ungleichheit und in andern
eine verstellte Gleichheit zusammen dir wür-
den vor Augen stellen, daß du mir, so ungern
du auch wolltest, recht und gewonnen geben
müssest, vergönne geneigtester Ehrenfried,
vergönne einer Verwegenen, und erlaube der-
jenigen, die wohl ehemahl denen Männern
das Kleinod aus denen Händen gerissen, daß
ich in seinen Anliegen näher als meine Frau

Schwe-

wiſſer; zudem wuſte ich auch nicht, wann die
Augen die wohl ehemahlen dem Frauenzimmer
hold geweſen, denen Gedancken in die Ferne zu
ſehen nicht einige Staͤrcke lehnen ſolten, in ſei-
ner betruͤbten Einſamkeit ein Muſter ſeiner
ehemalig geliebten Ehewirthin, vergieb, o
Wehrteſter, daß durch meine Unvorſichtig-
keit ich ihme ſeine noch trieffende Wunden zu
einen hefftigeren bluten reitze, zu betrachten,
und ſeinen beſten Alter noch einige Annehm-
lichkeit zuwuͤntſche. Nein liebſte Schwe-
ſter, unterbrach ihre Reden Filinda, ſagende:
So fern du nur ein klein Vergroͤßerungs-
Glaß auch in einen duͤſteren Orthe, allwo nur
das wenigſte Licht dir einen Platz der Veraͤn-
derung geben koͤnte, deinen Augen vorhalten
ſolteſt, wuͤrdeſt du eine dergleichen Abwech-
ſelung deiner Gedancken ſehen, die in einem
Stuͤcke eine ſolche Ungleichheit und in andern
eine verſtellte Gleichheit zuſammen dir wuͤr-
den vor Augen ſtellen, daß du mir, ſo ungern
du auch wollteſt, recht und gewonnen geben
muͤſſeſt, vergoͤnne geneigteſter Ehrenfried,
vergoͤnne einer Verwegenen, und erlaube der-
jenigen, die wohl ehemahl denen Maͤnnern
das Kleinod aus denen Haͤnden geriſſen, daß
ich in ſeinen Anliegen naͤher als meine Frau

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[12/0028] wiſſer; zudem wuſte ich auch nicht, wann die Augen die wohl ehemahlen dem Frauenzimmer hold geweſen, denen Gedancken in die Ferne zu ſehen nicht einige Staͤrcke lehnen ſolten, in ſei- ner betruͤbten Einſamkeit ein Muſter ſeiner ehemalig geliebten Ehewirthin, vergieb, o Wehrteſter, daß durch meine Unvorſichtig- keit ich ihme ſeine noch trieffende Wunden zu einen hefftigeren bluten reitze, zu betrachten, und ſeinen beſten Alter noch einige Annehm- lichkeit zuwuͤntſche. Nein liebſte Schwe- ſter, unterbrach ihre Reden Filinda, ſagende: So fern du nur ein klein Vergroͤßerungs- Glaß auch in einen duͤſteren Orthe, allwo nur das wenigſte Licht dir einen Platz der Veraͤn- derung geben koͤnte, deinen Augen vorhalten ſolteſt, wuͤrdeſt du eine dergleichen Abwech- ſelung deiner Gedancken ſehen, die in einem Stuͤcke eine ſolche Ungleichheit und in andern eine verſtellte Gleichheit zuſammen dir wuͤr- den vor Augen ſtellen, daß du mir, ſo ungern du auch wollteſt, recht und gewonnen geben muͤſſeſt, vergoͤnne geneigteſter Ehrenfried, vergoͤnne einer Verwegenen, und erlaube der- jenigen, die wohl ehemahl denen Maͤnnern das Kleinod aus denen Haͤnden geriſſen, daß ich in ſeinen Anliegen naͤher als meine Frau Schwe-

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/28>, abgerufen am 18.04.2024.