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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Schlaf Rock auff sein gewöhnlich Parade- und
Ruhe-Bette, umb seinen wehrtesten Freund
an seiner Ruhe nicht zu stören, zumahln da
die Nacht dem Tage weichen wolte: Es hatte
aber der Diener in der Kammer wo Mülard
seiner Ruhe pflag, auff Befehl seines Herrn
die Fenster-Laden angezogen, damit der ermü-
dete Mülard der Ruhe desto länger geniessen
kunte. Mülard, als er erwachte, und durch
die Fugen der Laden, die Sonne scheinen sahe;
schämete sich so lange geschlaffen zu haben, und
nachdem er auff die Seite grieff, und niemand
bey sich liegend fühlte: sprang er eiligst aus
denen Federn, riß den Fenster-Laden auff,
siehe: da war es heller Tag; wer war unver-
gnügter als Mülard, so bald nur Ehrenfried
an den Auffthun des Ladens verspürte, daß
Mülard müste erwacht seyn, gieng er gantz
mählig in die Kammer, grüssete seinen Her-
tzens-Freund mit allen Ehr-und Liebes-Be-
zeugungen. Mülard, nach abgelegter Ge-
gen-Bedanckungen, entschuldigte sich auffs
Beste begangener Unhöfligkeit halben. Eh-
renfried aber versetzte: Hertzens-Freunde reden
so nicht, siehe, alles was ich habe ist das Dei-
nige, thue damit nach deinen Gefallen, dein
alter Ehrenfried ändert sich zu keiner Zeit;
Und dein Mülard hat sich seinen wehrtesten

Eh-
B 4

Schlaf Rock auff ſein gewoͤhnlich Parade- und
Ruhe-Bette, umb ſeinen wehrteſten Freund
an ſeiner Ruhe nicht zu ſtoͤren, zumahln da
die Nacht dem Tage weichen wolte: Es hatte
aber der Diener in der Kammer wo Muͤlard
ſeiner Ruhe pflag, auff Befehl ſeines Herrn
die Fenſter-Laden angezogen, damit der ermuͤ-
dete Muͤlard der Ruhe deſto laͤnger genieſſen
kunte. Muͤlard, als er erwachte, und durch
die Fugen der Laden, die Sonne ſcheinen ſahe;
ſchaͤmete ſich ſo lange geſchlaffen zu haben, und
nachdem er auff die Seite grieff, und niemand
bey ſich liegend fuͤhlte: ſprang er eiligſt aus
denen Federn, riß den Fenſter-Laden auff,
ſiehe: da war es heller Tag; wer war unver-
gnuͤgter als Muͤlard, ſo bald nur Ehrenfried
an den Auffthun des Ladens verſpuͤrte, daß
Muͤlard muͤſte erwacht ſeyn, gieng er gantz
maͤhlig in die Kammer, gruͤſſete ſeinen Her-
tzens-Freund mit allen Ehr-und Liebes-Be-
zeugungen. Muͤlard, nach abgelegter Ge-
gen-Bedanckungen, entſchuldigte ſich auffs
Beſte begangener Unhoͤfligkeit halben. Eh-
renfried aber verſetzte: Hertzens-Freunde reden
ſo nicht, ſiehe, alles was ich habe iſt das Dei-
nige, thue damit nach deinen Gefallen, dein
alter Ehrenfried aͤndert ſich zu keiner Zeit;
Und dein Muͤlard hat ſich ſeinen wehrteſten

Eh-
B 4
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[23/0039] Schlaf Rock auff ſein gewoͤhnlich Parade- und Ruhe-Bette, umb ſeinen wehrteſten Freund an ſeiner Ruhe nicht zu ſtoͤren, zumahln da die Nacht dem Tage weichen wolte: Es hatte aber der Diener in der Kammer wo Muͤlard ſeiner Ruhe pflag, auff Befehl ſeines Herrn die Fenſter-Laden angezogen, damit der ermuͤ- dete Muͤlard der Ruhe deſto laͤnger genieſſen kunte. Muͤlard, als er erwachte, und durch die Fugen der Laden, die Sonne ſcheinen ſahe; ſchaͤmete ſich ſo lange geſchlaffen zu haben, und nachdem er auff die Seite grieff, und niemand bey ſich liegend fuͤhlte: ſprang er eiligſt aus denen Federn, riß den Fenſter-Laden auff, ſiehe: da war es heller Tag; wer war unver- gnuͤgter als Muͤlard, ſo bald nur Ehrenfried an den Auffthun des Ladens verſpuͤrte, daß Muͤlard muͤſte erwacht ſeyn, gieng er gantz maͤhlig in die Kammer, gruͤſſete ſeinen Her- tzens-Freund mit allen Ehr-und Liebes-Be- zeugungen. Muͤlard, nach abgelegter Ge- gen-Bedanckungen, entſchuldigte ſich auffs Beſte begangener Unhoͤfligkeit halben. Eh- renfried aber verſetzte: Hertzens-Freunde reden ſo nicht, ſiehe, alles was ich habe iſt das Dei- nige, thue damit nach deinen Gefallen, dein alter Ehrenfried aͤndert ſich zu keiner Zeit; Und dein Muͤlard hat ſich ſeinen wehrteſten Eh- B 4

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/39>, abgerufen am 28.03.2024.