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Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844.

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von Nilziegeln schließt die Tempelüberreste ein, die nah am Wüstenrande isolirt von jedem Dorf liegen. Sie bilden nun malerische Ruinen; die Säulenhalle vorn ragt noch am meisten aus dem Sande auf, der hintere Theil des Tempels nur mit dem obersten Theile. Die Proportionen, Säulen, Hieroglyphen und Darstellungen dieses Ptolemäertempels sind nach meinem Geschmack die besten, die ich bis jetzt gesehen; er ist eine Art von Doppeltempel; ein andrer Tempel, ein Typhonium liegt bis auf 1 Mauerstück in Trümmern, und die Blöcke liegen in wilder Unordnung den Abhang hinab in den Fluß. Ein riesenhaftes Thor ist zur Hälfte dem Fluß ein Raub geworden, die andre Seite steht wie ein Marktthurm am Ufer. - Wir aßen wieder im Sande der Säulenhalle und ich machte mein Schläfchen dort, wie überall ward fleißig abgeklatscht. Schöne Aussicht von der Zinne des Tempels und von der Ziegelmauer der Umfassung. Das Land hat einen ganz andern Charakter seit Silsilis; die Wüste läßt nur schmalen Feldern und bebauten Inseln Raum; dabei ist ihr Plateau niedriger als sonst; Palmgruppen beleben wie sonst; die Dörfer liegen kahl und einsam auf dem niedrigen Wüstenvorlande. Leises Gewölk überzog heut besonders am Nachmittag den Himmel, ein seltner Anblick; überhaupt sehen wir jetzt fast täglich Wolken. - Abends noch gebadet, wobei der tiefe Nilschlamm viel Spaß machte. - Wir fahren nach dem Abendessen noch bis 10 Uhr mit gutem Winde stromaufwärts.

Freitag den 27ten October 1843. Vor Tagesanbruch lichten wir die Segel, die Gegend ist sehr interressant; der Nil von grünen Inseln durchbrochen; die Ufer mit Palmen, Durrha, und anderen feinen Laubbäumen besetzt; bisweilen rückt die Wüste bis ganz an den Fluß. Sagien tönen einförmig ins Ohr, da das Vieh hier schon reichlicher zu werden anfängt und nicht von der Seuche gelitten hat. Scheinbar rückt bisweilen röthlicher Granit unter den Sand oder Kalkstein, meist aber bleibt die Sandsteinformation; einzelne Berge und Kuppen in gewaltigen Blöcken zerklaffend, geben Wechsel der Landschaft. Wir landen eine halbe Stunde zur Rechten, wo uns eine Schaale gewiesen wird mit einem Ptolemäer Namen. Gruppen der Dorfbewohner, meist schon Berber, schwarzbraun; die Knaben nackt, blos mit einem Bindfaden um den Unterleib; die Mädchen mit gefranzten Schurz, die Haar wie gedrehte Stricke vorn mützenartig, hinten in einem Leinwandsack; junges halbwachsenes Mädchen mit dem Kinde auf

von Nilziegeln schließt die Tempelüberreste ein, die nah am Wüstenrande isolirt von jedem Dorf liegen. Sie bilden nun malerische Ruinen; die Säulenhalle vorn ragt noch am meisten aus dem Sande auf, der hintere Theil des Tempels nur mit dem obersten Theile. Die Proportionen, Säulen, Hieroglyphen und Darstellungen dieses Ptolemäertempels sind nach meinem Geschmack die besten, die ich bis jetzt gesehen; er ist eine Art von Doppeltempel; ein andrer Tempel, ein Typhonium liegt bis auf 1 Mauerstück in Trümmern, und die Blöcke liegen in wilder Unordnung den Abhang hinab in den Fluß. Ein riesenhaftes Thor ist zur Hälfte dem Fluß ein Raub geworden, die andre Seite steht wie ein Marktthurm am Ufer. - Wir aßen wieder im Sande der Säulenhalle und ich machte mein Schläfchen dort, wie überall ward fleißig abgeklatscht. Schöne Aussicht von der Zinne des Tempels und von der Ziegelmauer der Umfassung. Das Land hat einen ganz andern Charakter seit Silsilis; die Wüste läßt nur schmalen Feldern und bebauten Inseln Raum; dabei ist ihr Plateau niedriger als sonst; Palmgruppen beleben wie sonst; die Dörfer liegen kahl und einsam auf dem niedrigen Wüstenvorlande. Leises Gewölk überzog heut besonders am Nachmittag den Himmel, ein seltner Anblick; überhaupt sehen wir jetzt fast täglich Wolken. - Abends noch gebadet, wobei der tiefe Nilschlamm viel Spaß machte. - Wir fahren nach dem Abendessen noch bis 10 Uhr mit gutem Winde stromaufwärts.

Freitag den 27ten October 1843. Vor Tagesanbruch lichten wir die Segel, die Gegend ist sehr interressant; der Nil von grünen Inseln durchbrochen; die Ufer mit Palmen, Durrha, und anderen feinen Laubbäumen besetzt; bisweilen rückt die Wüste bis ganz an den Fluß. Sagien tönen einförmig ins Ohr, da das Vieh hier schon reichlicher zu werden anfängt und nicht von der Seuche gelitten hat. Scheinbar rückt bisweilen röthlicher Granit unter den Sand oder Kalkstein, meist aber bleibt die Sandsteinformation; einzelne Berge und Kuppen in gewaltigen Blöcken zerklaffend, geben Wechsel der Landschaft. Wir landen eine halbe Stunde zur Rechten, wo uns eine Schaale gewiesen wird mit einem Ptolemäer Namen. Gruppen der Dorfbewohner, meist schon Berber, schwarzbraun; die Knaben nackt, blos mit einem Bindfaden um den Unterleib; die Mädchen mit gefranzten Schurz, die Haar wie gedrehte Stricke vorn mützenartig, hinten in einem Leinwandsack; junges halbwachsenes Mädchen mit dem Kinde auf

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[62/0063] von Nilziegeln schließt die Tempelüberreste ein, die nah am Wüstenrande isolirt v jedem Dorf liegen. Sie bilden nun malerische Ruinen; die Säulenhalle vorn ragt noch am meisten aus d Sande auf, der hintere Theil des Tempels nur mit d obersten Theile. Die Proportionen, Säulen, Hieroglyphen d Darstellungen dieses Ptolemäertempels sind nach meinem Geschmack die besten, die ich bis jetzt gesehen; er ist eine Art v Doppeltempel; ein andrer Tempel, ein Typhonium liegt bis auf 1 Mauerstück in Trümmern, d die Blöcke liegen in wilder Unordnung den Abhang hinab in d Fluß. Ein riesenhaftes Thor ist zur Hälfte dem Fluß ein Raub geworden, die andre Seite steht wie ein Marktthurm am Ufer. - Wir aßen wieder im Sande der Säulenhalle d ich machte mein Schläfchen dort, wie überall ward fleißig abgeklatscht. Schöne Aussicht von d Zinne des Tempels d von der Ziegelmauer der Umfassung. D Land hat einen ganz andern Charakter seit Silsilis; die Wüste läßt nur schmalen Feldern d bebauten Inseln Raum; dabei ist ihr Plateau niedriger als sonst; Palmgruppen beleben wie sonst; die Dörfer liegen kahl d einsam auf dem niedrigen Wüstenvorlande. Leises Gewölk überzog heut besonders am Nachm d Himmel, ein seltner Anblick; überhaupt sehen wir jetzt fast täglich Wolken. - Abends noch gebadet, wobei der tiefe Nilschlamm viel Spaß machte. - Wir fahren nach d Abendessen noch bis 10 Uhr mit gutem Winde stromaufwärts. Freitag d 27ten Oct 1843. Vor Tagesanbruch lichten wir die Segel, die Gegend ist sehr interressant; d Nil v grünen Inseln durchbrochen; die Ufer mit Palmen, Durrha, d anderen feinen Laubbäumen besetzt; bisweilen rückt d Wüste bis ganz an d Fluß. Sagien tönen einförmig ins Ohr, da das Vieh hier schon reichlicher zu werden anfängt d nicht v d Seuche gelitten hat. Scheinbar rückt bisweilen röthlicher Granit unter den Sand od Kalkstein, meist aber bleibt die Sandsteinformation; einzelne Berge d Kuppen in gewaltigen Blöcken zerklaffend, geben Wechsel der Landschaft. Wir landen eine halbe Stunde zur Rechten, wo uns eine Schaale gewiesen wird mit e Ptolemäer Namen. Gruppen der Dorfbewohner, meist schon Berber, schwarzbraun; die Knaben nackt, blos mit e Bindfaden um den Unterleib; die Mädchen mit gefranzten Schurz, die Haar wie gedrehte Stricke vorn mützenartig, hinten in einem Leinwandsack; junges halbwachsenes Mädchen mit dem Kinde auf

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Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 2. Ägypten, 1843-1844, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch02_1843/63>, abgerufen am 29.03.2024.