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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Vorrede.
lernen. Ein jedweder muß allerdings dahin trachten, in
demjenigen Studio, wovon er eigentlich Profession machen
will zu excelliren, und ein vollkommener Meister darinnen
zu werden. Besitzet er nun auch, nebst der Mutter-Spra-
che, noch zwey, drey, vier biß fünf andere Sprachen, wovon
einige vielleicht ohne diß von dem Studio, das man zu seiner
Profession erwehlet hat, inseparable sind, so ist es desto bes-
ser, nützlicher und rühmlicher. Man mag auch wohl in zwey
oder drey, bis vier, Gattungen von Studiis suchen ein Mei-
ster zu werden; wie es dann z. E. weder einem Theologo,
noch einem Juristen, noch einem Medico, etwas schweres ist,
zu gleicher Zeit ein guter Historicus und vernünftiger Phi-
losophus
zu seyn; und es klinget von einem Juristen gar
schön, wann man von ihm saget: Er ist auch ein trefflicher
Publicist.
Allein wir wissen ja, daß es nicht wenig Ge-
lehrte giebet, welche sich auf zwantzig bis zwey und dreysig
und noch mehr Sprachen legen, Verse darinnen machen, und
praetendiren vollkommene Meister solcher Sprachen, inglei-
chen von zwantzig andern Wissenschaften zu seyn; obwohl
eine von der andern gar sehr unterschieden, und so beschaffen,
daß fast zu einer jedweden ein eigener Mann erfordert wird.
Ich meines Orts zweiffele demnach, daß es rathsam und
thunlich, wann einer der Jura studiret, mit der Hebräischen,
Chaldäischen, Syrischen, Arabischen, Malabarischen- und
Hottentoten-Sprache sich den Kopf verwirret; oder sich
allzusehr mit der Physica und Chymie vermenget; oder aber

sich
D 2

Vorrede.
lernen. Ein jedweder muß allerdings dahin trachten, in
demjenigen Studio, wovon er eigentlich Profeſſion machen
will zu excelliren, und ein vollkommener Meiſter darinnen
zu werden. Beſitzet er nun auch, nebſt der Mutter-Spra-
che, noch zwey, drey, vier biß fuͤnf andere Sprachen, wovon
einige vielleicht ohne diß von dem Studio, das man zu ſeiner
Profeſſion erwehlet hat, inſeparable ſind, ſo iſt es deſto beſ-
ſer, nuͤtzlicher und ruͤhmlicher. Man mag auch wohl in zwey
oder drey, bis vier, Gattungen von Studiis ſuchen ein Mei-
ſter zu werden; wie es dann z. E. weder einem Theologo,
noch einem Juriſten, noch einem Medico, etwas ſchweres iſt,
zu gleicher Zeit ein guter Hiſtoricus und vernuͤnftiger Phi-
loſophus
zu ſeyn; und es klinget von einem Juriſten gar
ſchoͤn, wann man von ihm ſaget: Er iſt auch ein trefflicher
Publiciſt.
Allein wir wiſſen ja, daß es nicht wenig Ge-
lehrte giebet, welche ſich auf zwantzig bis zwey und dreyſig
und noch mehr Sprachen legen, Verſe darinnen machen, und
prætendiren vollkommene Meiſter ſolcher Sprachen, inglei-
chen von zwantzig andern Wiſſenſchaften zu ſeyn; obwohl
eine von der andern gar ſehr unterſchieden, und ſo beſchaffen,
daß faſt zu einer jedweden ein eigener Mann erfordert wird.
Ich meines Orts zweiffele demnach, daß es rathſam und
thunlich, wann einer der Jura ſtudiret, mit der Hebraͤiſchen,
Chaldaͤiſchen, Syriſchen, Arabiſchen, Malabariſchen- und
Hottentoten-Sprache ſich den Kopf verwirret; oder ſich
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ſich
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[0031] Vorrede. lernen. Ein jedweder muß allerdings dahin trachten, in demjenigen Studio, wovon er eigentlich Profeſſion machen will zu excelliren, und ein vollkommener Meiſter darinnen zu werden. Beſitzet er nun auch, nebſt der Mutter-Spra- che, noch zwey, drey, vier biß fuͤnf andere Sprachen, wovon einige vielleicht ohne diß von dem Studio, das man zu ſeiner Profeſſion erwehlet hat, inſeparable ſind, ſo iſt es deſto beſ- ſer, nuͤtzlicher und ruͤhmlicher. Man mag auch wohl in zwey oder drey, bis vier, Gattungen von Studiis ſuchen ein Mei- ſter zu werden; wie es dann z. E. weder einem Theologo, noch einem Juriſten, noch einem Medico, etwas ſchweres iſt, zu gleicher Zeit ein guter Hiſtoricus und vernuͤnftiger Phi- loſophus zu ſeyn; und es klinget von einem Juriſten gar ſchoͤn, wann man von ihm ſaget: Er iſt auch ein trefflicher Publiciſt. Allein wir wiſſen ja, daß es nicht wenig Ge- lehrte giebet, welche ſich auf zwantzig bis zwey und dreyſig und noch mehr Sprachen legen, Verſe darinnen machen, und prætendiren vollkommene Meiſter ſolcher Sprachen, inglei- chen von zwantzig andern Wiſſenſchaften zu ſeyn; obwohl eine von der andern gar ſehr unterſchieden, und ſo beſchaffen, daß faſt zu einer jedweden ein eigener Mann erfordert wird. Ich meines Orts zweiffele demnach, daß es rathſam und thunlich, wann einer der Jura ſtudiret, mit der Hebraͤiſchen, Chaldaͤiſchen, Syriſchen, Arabiſchen, Malabariſchen- und Hottentoten-Sprache ſich den Kopf verwirret; oder ſich allzuſehr mit der Phyſica und Chymie vermenget; oder aber ſich D 2

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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/31>, abgerufen am 28.03.2024.