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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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Freylich muß man denn von ihrer Seeligkeit sagen: Videtur, es läst nur so. Ach ihr schmertzliches Tod-Bette gab Ihr auch genug zu verstehen / daß ob Sie gleich eine Sehligerinne hiesse / dennoch noch nicht recht seelig wäre; Doch hierinn wurde es mit Ihr gantz anders / hie wurde Sie seeliger / da Sie GOTT durch einen seeligen Abschied aller nur so lassenden und scheinenden Glückseligkeit ein Ende machte. Die Nacht vor ihrem Ende gab Sie den Sünden / der Welt und allen Vergänglichkeiten gute Nacht durch eine hertzliche Busse / und vereiuigte sich mit JESU in seinem Abendmahl. Je mehr nun ihre Kräffte abnahmen / je mehr nahm ihre Glückseeligkeit zu / biß Sie endlich aufs höchste kam / da ist nun unsere Sehligerinne noch seeliger worden. Diese ihre Seeligkeit abzubilden / setze ich zu jenen hinfälligen Baum einen frischen festgesetzten mit schönen Zweigen prangenden Baum mit der Beyschrifft: Est, So ist es in der That. Aber ach daß dieses von Ihr erlangtes seeliger seyn nicht drey Sehligere höchst-unglücklich gemachet hätte / einen betrübten Witwer / dessen zeitliche Glückseligkeit / dessen Verpflegerinn nun scheinet dahin zu seyn; die beyden höchstbestürtzte Herren Söhne / die eine Versorgerinn / eine Anführerin zur Gottseeligkeit verlohren; Diese kommen mir nicht anders vor als Bäume / welche unter den vorhin angeführten grünenden und wachsenden Baum stehen / denen aber des andern starcker Wachsthum und Zunehmen allen Safft entziehet / mit der Beyschrifft; Unius generatio est alterius corruptio. Die Thränen / welche andere nahe Anverwandten vergossen / solten auch schwer zu zehlen seyn; Ich weiß zwar wohl / daß Sie die Seelige viel zu lieb dazu gehabt / daß Sie Ihr die erlangte Seeligkeit nicht gönnen solten / diß aber betrübet Sie / daß Sie GOTT durch diesen Verlust unglückseelig werden lassen; doch genug / daß es

Freylich muß man denn von ihrer Seeligkeit sagen: Videtur, es läst nur so. Ach ihr schmertzliches Tod-Bette gab Ihr auch genug zu verstehen / daß ob Sie gleich eine Sehligerinne hiesse / dennoch noch nicht recht seelig wäre; Doch hierinn wurde es mit Ihr gantz anders / hie wurde Sie seeliger / da Sie GOTT durch einen seeligen Abschied aller nur so lassenden und scheinenden Glückseligkeit ein Ende machte. Die Nacht vor ihrem Ende gab Sie den Sünden / der Welt und allen Vergänglichkeiten gute Nacht durch eine hertzliche Busse / und vereiuigte sich mit JESU in seinem Abendmahl. Je mehr nun ihre Kräffte abnahmen / je mehr nahm ihre Glückseeligkeit zu / biß Sie endlich aufs höchste kam / da ist nun unsere Sehligerinne noch seeliger worden. Diese ihre Seeligkeit abzubilden / setze ich zu jenen hinfälligen Baum einen frischen festgesetzten mit schönen Zweigen prangenden Baum mit der Beyschrifft: Est, So ist es in der That. Aber ach daß dieses von Ihr erlangtes seeliger seyn nicht drey Sehligere höchst-unglücklich gemachet hätte / einen betrübten Witwer / dessen zeitliche Glückseligkeit / dessen Verpflegerinn nun scheinet dahin zu seyn; die beyden höchstbestürtzte Herren Söhne / die eine Versorgerinn / eine Anführerin zur Gottseeligkeit verlohren; Diese kommen mir nicht anders vor als Bäume / welche unter den vorhin angeführten grünenden und wachsenden Baum stehen / denen aber des andern starcker Wachsthum und Zunehmen allen Safft entziehet / mit der Beyschrifft; Unius generatio est alterius corruptio. Die Thränen / welche andere nahe Anverwandten vergossen / solten auch schwer zu zehlen seyn; Ich weiß zwar wohl / daß Sie die Seelige viel zu lieb dazu gehabt / daß Sie Ihr die erlangte Seeligkeit nicht gönnen solten / diß aber betrübet Sie / daß Sie GOTT durch diesen Verlust unglückseelig werden lassen; doch genug / daß es

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                     so lassenden und scheinenden Glückseligkeit ein Ende machte. Die Nacht vor ihrem
                     Ende gab Sie den Sünden / der Welt und allen Vergänglichkeiten gute Nacht durch
                     eine hertzliche Busse / und vereiuigte sich mit JESU in seinem Abendmahl. Je
                     mehr nun ihre Kräffte abnahmen / je mehr nahm ihre Glückseeligkeit zu / biß Sie
                     endlich aufs höchste kam / da ist nun unsere Sehligerinne noch seeliger worden.
                     Diese ihre Seeligkeit abzubilden / setze ich zu jenen hinfälligen Baum einen
                     frischen festgesetzten mit schönen Zweigen prangenden Baum mit der Beyschrifft:
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                     Anführerin zur Gottseeligkeit verlohren; Diese kommen mir nicht anders vor als
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[99/0105] Freylich muß man denn von ihrer Seeligkeit sagen: Videtur, es läst nur so. Ach ihr schmertzliches Tod-Bette gab Ihr auch genug zu verstehen / daß ob Sie gleich eine Sehligerinne hiesse / dennoch noch nicht recht seelig wäre; Doch hierinn wurde es mit Ihr gantz anders / hie wurde Sie seeliger / da Sie GOTT durch einen seeligen Abschied aller nur so lassenden und scheinenden Glückseligkeit ein Ende machte. Die Nacht vor ihrem Ende gab Sie den Sünden / der Welt und allen Vergänglichkeiten gute Nacht durch eine hertzliche Busse / und vereiuigte sich mit JESU in seinem Abendmahl. Je mehr nun ihre Kräffte abnahmen / je mehr nahm ihre Glückseeligkeit zu / biß Sie endlich aufs höchste kam / da ist nun unsere Sehligerinne noch seeliger worden. Diese ihre Seeligkeit abzubilden / setze ich zu jenen hinfälligen Baum einen frischen festgesetzten mit schönen Zweigen prangenden Baum mit der Beyschrifft: Est, So ist es in der That. Aber ach daß dieses von Ihr erlangtes seeliger seyn nicht drey Sehligere höchst-unglücklich gemachet hätte / einen betrübten Witwer / dessen zeitliche Glückseligkeit / dessen Verpflegerinn nun scheinet dahin zu seyn; die beyden höchstbestürtzte Herren Söhne / die eine Versorgerinn / eine Anführerin zur Gottseeligkeit verlohren; Diese kommen mir nicht anders vor als Bäume / welche unter den vorhin angeführten grünenden und wachsenden Baum stehen / denen aber des andern starcker Wachsthum und Zunehmen allen Safft entziehet / mit der Beyschrifft; Unius generatio est alterius corruptio. Die Thränen / welche andere nahe Anverwandten vergossen / solten auch schwer zu zehlen seyn; Ich weiß zwar wohl / daß Sie die Seelige viel zu lieb dazu gehabt / daß Sie Ihr die erlangte Seeligkeit nicht gönnen solten / diß aber betrübet Sie / daß Sie GOTT durch diesen Verlust unglückseelig werden lassen; doch genug / daß es

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/105>, abgerufen am 24.04.2024.