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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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Ordentlich tritt mit dem kürtzesten Tage der rauhe und traurige Winter ein; so kan es auch nicht anders seyn / da nunmehr die Sehl. Bützerinn ihren kürtzesten Tag gehabt / muß in diesem Hause traurige Zeit / und die kurtzen Tage lang und verdrießlich werden; traurige Zeit muß es seyn vor den betrübten Herrn Wittwer / traurige Zeit vor die hinterlassene Wäysen / traurige Zeit vor eine eintzige so lieb gewesene Frau Schwester; Traurigkeit vor so viele / welchen die Sehlige mit ihren Gutthaten Freude gemacht. Ich weiß aber nicht / ob Sie sattsahmen Grund zu trauren haben. Wer trauret wol über die Freude dessen / welchen er lieb gehabt. Wer beweinet wol dessen Glück / der aus dem Unglück herausgerissen? Die Sehl. Frau freuete sich / da Sie in diß Hauß gezogen / und also der Kirchen näher / noch mehr / da Sie auch merckte / daß Sie dem Kirchhoff näher wäre; wie wird Sie sich denn nun freuen / da Sie in den Vorhöffen des Allerhöchsten ewig verbleibet / und nun vor keinen Gottes-Acker sich zu fürchten / sondern was von derselben am letzten Tage hier gelassen / muß Ihr am letzten Tage dieser Welt wieder werden; Traun bey dieser Freude muß niemand traurig seyn / es heist ja von Ihr:

A minori ad majus, Kurtz war der letzte Tag in meiner Lebens-Zeit / Drauf folgt der längste Tag in froher Ewigkeit.

Wol dir du Sehl. Seele! du kanst nunmehr mit Freuden in den Tag hinein leben / deine Sonne gehet nicht unter / und wird von keinen Wolcken verdunckelt / deine Zeit verkürtzest du mit dem Lobe GOttes / mit den H. Engeln und Außerwehlten. Indessen soll auch dein Gedächtniß in langen und kurtzen Tagen bey uns grünen und nicht verwelcken. Ich sehe davon gute Merckmahle an dieser hochansehnlichen Trauer-Versamlung / welche die rauhe und finstre Nacht nicht abgeschrecket / mit ihrer angenehmen Gegenwart ihre mit deinem Tode noch

Ordentlich tritt mit dem kürtzesten Tage der rauhe und traurige Winter ein; so kan es auch nicht anders seyn / da nunmehr die Sehl. Bützerinn ihren kürtzesten Tag gehabt / muß in diesem Hause traurige Zeit / und die kurtzen Tage lang und verdrießlich werden; traurige Zeit muß es seyn vor den betrübten Herrn Wittwer / traurige Zeit vor die hinterlassene Wäysen / traurige Zeit vor eine eintzige so lieb gewesene Frau Schwester; Traurigkeit vor so viele / welchen die Sehlige mit ihren Gutthaten Freude gemacht. Ich weiß aber nicht / ob Sie sattsahmen Grund zu trauren haben. Wer trauret wol über die Freude dessen / welchen er lieb gehabt. Wer beweinet wol dessen Glück / der aus dem Unglück herausgerissen? Die Sehl. Frau freuete sich / da Sie in diß Hauß gezogen / und also der Kirchen näher / noch mehr / da Sie auch merckte / daß Sie dem Kirchhoff näher wäre; wie wird Sie sich deñ nun freuen / da Sie in den Vorhöffen des Allerhöchsten ewig verbleibet / und nun vor keinen Gottes-Acker sich zu fürchten / sondern was von derselben am letzten Tage hier gelassen / muß Ihr am letzten Tage dieser Welt wieder werden; Traun bey dieser Freude muß niemand traurig seyn / es heist ja von Ihr:

A minori ad majus, Kurtz war der letzte Tag in meiner Lebens-Zeit / Drauf folgt der längste Tag in froher Ewigkeit.

Wol dir du Sehl. Seele! du kanst nunmehr mit Freuden in den Tag hinein leben / deine Sonne gehet nicht unter / und wird von keinen Wolcken verdunckelt / deine Zeit verkürtzest du mit dem Lobe GOttes / mit den H. Engeln und Außerwehlten. Indessen soll auch dein Gedächtniß in langen und kurtzen Tagen bey uns grünen und nicht verwelcken. Ich sehe davon gute Merckmahle an dieser hochansehnlichen Trauer-Versamlung / welche die rauhe und finstre Nacht nicht abgeschrecket / mit ihrer angenehmen Gegenwart ihre mit deinem Tode noch

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[105/0111] Ordentlich tritt mit dem kürtzesten Tage der rauhe und traurige Winter ein; so kan es auch nicht anders seyn / da nunmehr die Sehl. Bützerinn ihren kürtzesten Tag gehabt / muß in diesem Hause traurige Zeit / und die kurtzen Tage lang und verdrießlich werden; traurige Zeit muß es seyn vor den betrübten Herrn Wittwer / traurige Zeit vor die hinterlassene Wäysen / traurige Zeit vor eine eintzige so lieb gewesene Frau Schwester; Traurigkeit vor so viele / welchen die Sehlige mit ihren Gutthaten Freude gemacht. Ich weiß aber nicht / ob Sie sattsahmen Grund zu trauren haben. Wer trauret wol über die Freude dessen / welchen er lieb gehabt. Wer beweinet wol dessen Glück / der aus dem Unglück herausgerissen? Die Sehl. Frau freuete sich / da Sie in diß Hauß gezogen / und also der Kirchen näher / noch mehr / da Sie auch merckte / daß Sie dem Kirchhoff näher wäre; wie wird Sie sich deñ nun freuen / da Sie in den Vorhöffen des Allerhöchsten ewig verbleibet / und nun vor keinen Gottes-Acker sich zu fürchten / sondern was von derselben am letzten Tage hier gelassen / muß Ihr am letzten Tage dieser Welt wieder werden; Traun bey dieser Freude muß niemand traurig seyn / es heist ja von Ihr: A minori ad majus, Kurtz war der letzte Tag in meiner Lebens-Zeit / Drauf folgt der längste Tag in froher Ewigkeit. Wol dir du Sehl. Seele! du kanst nunmehr mit Freuden in den Tag hinein leben / deine Sonne gehet nicht unter / und wird von keinen Wolcken verdunckelt / deine Zeit verkürtzest du mit dem Lobe GOttes / mit den H. Engeln und Außerwehlten. Indessen soll auch dein Gedächtniß in langen und kurtzen Tagen bey uns grünen und nicht verwelcken. Ich sehe davon gute Merckmahle an dieser hochansehnlichen Trauer-Versamlung / welche die rauhe und finstre Nacht nicht abgeschrecket / mit ihrer angenehmen Gegenwart ihre mit deinem Tode noch

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/111>, abgerufen am 25.04.2024.