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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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der Riß zwischen Eltern und Kindern in den Jahren geschiehet / da die artige Einfalt durch ein unvermuhtetes Wort und Geberde über die andere sich beliebt und anmuthig macht / der Verlust derselben tieffer ins Hertz gehe / und je empfindlicher derselbe / je schwerer zu vergessen sey. Ich wolte daß mir hierin jetzo nicht Beyfall geben dürffte der Edle und Großachtbahre Herr Julius Johann Hünefeldt / wolverdienter Rahts-Cämmerer bey dieser löblichen Stadt Helmstädt / als welcher jetzt mit uns sein Jüngstes Söhnlein Sehl. Christoph Richard vor seinen Augen müssen sehen zu Grabe bringen. Gewiß so viel Freude dieses Sehl. Kind in den 3 Jahren ihm gemacht / so viel Hertzens-Seufftzer muß Ihm nun dessen so schleuniger Hintritt erwecken. Traun das Verhängniß ist sehr hart. Ein Kind welches wenig Tage vorher aus einem gefährlichen Krancken-Bette wieder aufgestanden und so zu reden als eine Weynachts-Gabe den frommen Eltern wieder geschencket worden / muß wieder aufgehoben / ja dem Tode zum Neujahrs Geschencke werden. Scheinets doch fast als wenn der Todt mit dem vom abgewichenen Jahr eingegebenen Todten-Zettel seinen Spott gehabt; Denn da derselbe schon verfertiget / und die Zahl der Verstorbenen 86 gesetzet worden / so ließ er sehen / daß man so zu reden die Rechnung ohne dem Wirth gemacht. Denn da das Jahr biß etwa auf 3. Stunden zu Ende / so subtrahiret dieser schlimme Rechen Meister eins aus der Zahl der Lebendigen / und addiret eins zu der Zahl der Todten / daß aus denselben 87. geworden. Auf solche Weise hat der Tod den Todten-Zettel geändert. Dürffte ich aber M. H. A. um eine kurtze Gedult ersuchen / so wolte ich bald darthun / daß dem Tod sein Todten-Zettel wieder geändert worden. Dißfals wolte ich wol wo nicht zum sinnreichen

der Riß zwischen Eltern und Kindern in den Jahren geschiehet / da die artige Einfalt durch ein unvermuhtetes Wort und Geberde über die andere sich beliebt und anmuthig macht / der Verlust derselben tieffer ins Hertz gehe / und je empfindlicher derselbe / je schwerer zu vergessen sey. Ich wolte daß mir hierin jetzo nicht Beyfall geben dürffte der Edle und Großachtbahre Herr Julius Johann Hünefeldt / wolverdienter Rahts-Cämmerer bey dieser löblichen Stadt Helmstädt / als welcher jetzt mit uns sein Jüngstes Söhnlein Sehl. Christoph Richard vor seinen Augen müssen sehen zu Grabe bringen. Gewiß so viel Freude dieses Sehl. Kind in den 3 Jahren ihm gemacht / so viel Hertzens-Seufftzer muß Ihm nun dessen so schleuniger Hintritt erwecken. Traun das Verhängniß ist sehr hart. Ein Kind welches wenig Tage vorher aus einem gefährlichen Krancken-Bette wieder aufgestanden und so zu reden als eine Weynachts-Gabe den from̃en Eltern wieder geschencket worden / muß wieder aufgehoben / ja dem Tode zum Neujahrs Geschencke werden. Scheinets doch fast als wenn der Todt mit dem vom abgewichenen Jahr eingegebenen Todten-Zettel seinen Spott gehabt; Deñ da derselbe schon verfertiget / und die Zahl der Verstorbenen 86 gesetzet worden / so ließ er sehen / daß man so zu reden die Rechnung ohne dem Wirth gemacht. Deñ da das Jahr biß etwa auf 3. Stunden zu Ende / so subtrahiret dieser schlim̃e Rechen Meister eins aus der Zahl der Lebendigen / und addiret eins zu der Zahl der Todten / daß aus denselben 87. geworden. Auf solche Weise hat der Tod den Todten-Zettel geändert. Dürffte ich aber M. H. A. um eine kurtze Gedult ersuchen / so wolte ich bald darthun / daß dem Tod sein Todten-Zettel wieder geändert worden. Dißfals wolte ich wol wo nicht zum sinnreichen

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                     derselben tieffer ins Hertz gehe / und je empfindlicher derselbe / je schwerer
                     zu vergessen sey. Ich wolte daß mir hierin jetzo nicht Beyfall geben dürffte der
                     Edle und Großachtbahre Herr Julius Johann Hünefeldt / wolverdienter
                     Rahts-Cämmerer bey dieser löblichen Stadt Helmstädt / als welcher jetzt mit uns
                     sein Jüngstes Söhnlein Sehl. Christoph Richard vor seinen Augen müssen sehen zu
                     Grabe bringen. Gewiß so viel Freude dieses Sehl. Kind in den 3 Jahren ihm
                     gemacht / so viel Hertzens-Seufftzer muß Ihm nun dessen so schleuniger Hintritt
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[107/0113] der Riß zwischen Eltern und Kindern in den Jahren geschiehet / da die artige Einfalt durch ein unvermuhtetes Wort und Geberde über die andere sich beliebt und anmuthig macht / der Verlust derselben tieffer ins Hertz gehe / und je empfindlicher derselbe / je schwerer zu vergessen sey. Ich wolte daß mir hierin jetzo nicht Beyfall geben dürffte der Edle und Großachtbahre Herr Julius Johann Hünefeldt / wolverdienter Rahts-Cämmerer bey dieser löblichen Stadt Helmstädt / als welcher jetzt mit uns sein Jüngstes Söhnlein Sehl. Christoph Richard vor seinen Augen müssen sehen zu Grabe bringen. Gewiß so viel Freude dieses Sehl. Kind in den 3 Jahren ihm gemacht / so viel Hertzens-Seufftzer muß Ihm nun dessen so schleuniger Hintritt erwecken. Traun das Verhängniß ist sehr hart. Ein Kind welches wenig Tage vorher aus einem gefährlichen Krancken-Bette wieder aufgestanden und so zu reden als eine Weynachts-Gabe den from̃en Eltern wieder geschencket worden / muß wieder aufgehoben / ja dem Tode zum Neujahrs Geschencke werden. Scheinets doch fast als wenn der Todt mit dem vom abgewichenen Jahr eingegebenen Todten-Zettel seinen Spott gehabt; Deñ da derselbe schon verfertiget / und die Zahl der Verstorbenen 86 gesetzet worden / so ließ er sehen / daß man so zu reden die Rechnung ohne dem Wirth gemacht. Deñ da das Jahr biß etwa auf 3. Stunden zu Ende / so subtrahiret dieser schlim̃e Rechen Meister eins aus der Zahl der Lebendigen / und addiret eins zu der Zahl der Todten / daß aus denselben 87. geworden. Auf solche Weise hat der Tod den Todten-Zettel geändert. Dürffte ich aber M. H. A. um eine kurtze Gedult ersuchen / so wolte ich bald darthun / daß dem Tod sein Todten-Zettel wieder geändert worden. Dißfals wolte ich wol wo nicht zum sinnreichen

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/113>, abgerufen am 25.04.2024.