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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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Wünschen ist dem Ansehen nach schlecht erfüllet worden. Denn warum trauret jetzo ein hertzlich-betrübter Witwer / warum weinen und seufftzen mutterlose Wäysen / warum sind so viel Anverwandte in schwartz verhüllet? ist dieses nicht die Ursach / daß wider ihren Wunsch / wider ihre Hoffnung die Sehl. Frau nur gar zu frühe dem Tode zu Theile / und diese Margarita, diese Perle / so gar bald aus ihrer Schalen müssen heraus gerissen werden? Diß muß nun freylich herb ans Hertze treten / ja allen Muht mit ins Grab hinweg nehmen / denn es wahr was man im Sprichwort sagt: Verliehren ist vors Lachen gut; Doch was hilfft die Bekümmernüß? Ists doch GOtt / der ihnen diß Leid hat zugefüget. Als der gelehrte Philippus Melanchton einstens eine Trauer in seinem Hause hatte / und sich nicht bald finden kunte / schlug er seine Bibel auf und erblickte gleich die Worte des 100. Psal. Erkennet daß der HErr GOtt ist / er hat uns gemacht und nicht wir selbst / da war bey ihm Trost genug. Ich zweiffle nicht / dieses und was in jetzt gehaltener Predigt angeführet worden / wird auch ihr Trauren mindern. Warum nicht? der Neujahrs-Wunsch / welcher der Sehl. Frauen geschehen / ist ja glücklich erfüllet worden. Sonder zweiffel hat man ihr gewünschet Gesundheit / langes Leben / Friede und Einigkeit und endlich die ewige Seligkeit. Traun was kan glücklicher als dieser Wunsch erfüllet seyn? Sie ist ja nunmehr zu solcher Gesundheit gelanget / da Sie nimmer kranck werden kan. Ihr Leben wird nun nicht mehr nach der Länge der Jahre abgemessen seyn / sondern nach der unendlichen Ewigkeit. Wo mehr Friede als in den Häusern des Friedens / in dem rechten Jerusalem / in der rechten Friedens-Stadt / dem Himmel? und da erlanget Sie auch den letzten Wunsch die ewige Seeligkeit / da ist Sie an dem Ort / in dem Stande / da man keines Wunsches mehr darff / sondern da

Wünschen ist dem Ansehen nach schlecht erfüllet worden. Denn warum trauret jetzo ein hertzlich-betrübter Witwer / warum weinen und seufftzen mutterlose Wäysen / warum sind so viel Anverwandte in schwartz verhüllet? ist dieses nicht die Ursach / daß wider ihren Wunsch / wider ihre Hoffnung die Sehl. Frau nur gar zu frühe dem Tode zu Theile / und diese Margarita, diese Perle / so gar bald aus ihrer Schalen müssen heraus gerissen werden? Diß muß nun freylich herb ans Hertze treten / ja allen Muht mit ins Grab hinweg nehmen / denn es wahr was man im Sprichwort sagt: Verliehren ist vors Lachen gut; Doch was hilfft die Bekümmernüß? Ists doch GOtt / der ihnen diß Leid hat zugefüget. Als der gelehrte Philippus Melanchton einstens eine Trauer in seinem Hause hatte / und sich nicht bald finden kunte / schlug er seine Bibel auf und erblickte gleich die Worte des 100. Psal. Erkennet daß der HErr GOtt ist / er hat uns gemacht und nicht wir selbst / da war bey ihm Trost genug. Ich zweiffle nicht / dieses und was in jetzt gehaltener Predigt angeführet wordẽ / wird auch ihr Trauren mindern. Warum nicht? der Neujahrs-Wunsch / welcher der Sehl. Frauen geschehen / ist ja glücklich erfüllet worden. Sonder zweiffel hat man ihr gewünschet Gesundheit / langes Leben / Friede und Einigkeit und endlich die ewige Seligkeit. Traun was kan glücklicher als dieser Wunsch erfüllet seyn? Sie ist ja nunmehr zu solcher Gesundheit gelanget / da Sie nimmer kranck werden kan. Ihr Leben wird nun nicht mehr nach der Länge der Jahre abgemessen seyn / sondern nach der unendlichen Ewigkeit. Wo mehr Friede als in den Häusern des Friedens / in dem rechten Jerusalem / in der rechten Friedens-Stadt / dem Himmel? und da erlanget Sie auch den letzten Wunsch die ewige Seeligkeit / da ist Sie an dem Ort / in dem Stande / da man keines Wunsches mehr darff / sondern da

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                     Wunsch / wider ihre Hoffnung die Sehl. Frau nur gar zu frühe dem Tode zu Theile
                     / und diese Margarita, diese Perle / so gar bald aus ihrer Schalen müssen heraus
                     gerissen werden? Diß muß nun freylich herb ans Hertze treten / ja allen Muht mit
                     ins Grab hinweg nehmen / denn es wahr was man im Sprichwort sagt: Verliehren ist
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                     in seinem Hause hatte / und sich nicht bald finden kunte / schlug er seine Bibel
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[115/0121] Wünschen ist dem Ansehen nach schlecht erfüllet worden. Denn warum trauret jetzo ein hertzlich-betrübter Witwer / warum weinen und seufftzen mutterlose Wäysen / warum sind so viel Anverwandte in schwartz verhüllet? ist dieses nicht die Ursach / daß wider ihren Wunsch / wider ihre Hoffnung die Sehl. Frau nur gar zu frühe dem Tode zu Theile / und diese Margarita, diese Perle / so gar bald aus ihrer Schalen müssen heraus gerissen werden? Diß muß nun freylich herb ans Hertze treten / ja allen Muht mit ins Grab hinweg nehmen / denn es wahr was man im Sprichwort sagt: Verliehren ist vors Lachen gut; Doch was hilfft die Bekümmernüß? Ists doch GOtt / der ihnen diß Leid hat zugefüget. Als der gelehrte Philippus Melanchton einstens eine Trauer in seinem Hause hatte / und sich nicht bald finden kunte / schlug er seine Bibel auf und erblickte gleich die Worte des 100. Psal. Erkennet daß der HErr GOtt ist / er hat uns gemacht und nicht wir selbst / da war bey ihm Trost genug. Ich zweiffle nicht / dieses und was in jetzt gehaltener Predigt angeführet wordẽ / wird auch ihr Trauren mindern. Warum nicht? der Neujahrs-Wunsch / welcher der Sehl. Frauen geschehen / ist ja glücklich erfüllet worden. Sonder zweiffel hat man ihr gewünschet Gesundheit / langes Leben / Friede und Einigkeit und endlich die ewige Seligkeit. Traun was kan glücklicher als dieser Wunsch erfüllet seyn? Sie ist ja nunmehr zu solcher Gesundheit gelanget / da Sie nimmer kranck werden kan. Ihr Leben wird nun nicht mehr nach der Länge der Jahre abgemessen seyn / sondern nach der unendlichen Ewigkeit. Wo mehr Friede als in den Häusern des Friedens / in dem rechten Jerusalem / in der rechten Friedens-Stadt / dem Himmel? und da erlanget Sie auch den letzten Wunsch die ewige Seeligkeit / da ist Sie an dem Ort / in dem Stande / da man keines Wunsches mehr darff / sondern da

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/121>, abgerufen am 29.03.2024.