Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

der Wiegen an ein paar Schuh zugeschnitten / die gibt Er uns / wenn man keine Schuh mehr braucht / wenn man uns ins Sarck leget und unter die Erde bringet. Dessen wuste sich der Seel. Herr Reichewald auch wol zubescheiden / drum waren seine Sachen allezeit darnach angestellt / daß Er diß paar Schuh zu seinen grossen Vortheil von dem Tode anzunehmen allezeit geschickt seyn könte. Geschickt war Er dazu / da Er Christo in der H. Tauffe von seinen Seel. Eltern war zugebracht / geschickt / da Er noch in den Kinder-Schuhen zur Gottesfurcht und allen anständigen guten Sitten geführet worden. Und nachdem Er nun die Kinder-Schuh vertreten / und seine Wolfahrt auf einem güldenen Boden setzen wolte / erwehlte Er Ihm ein Handwerck / und zwar vor allen andern dasjenige / welches mit Schuhen zuzuschneiden und zu verfertigen beschäfftiget ist. Vielleicht gefiel Ihm besser zu anderer Leute Dienst Schuh zubereiten / als zuzerreissen / wie sein Seel. Vater vermöge seines Beruffs thun müssen. Doch hat Er / um die Kunst Schuh zumachen recht zu erlernen in seiner 8. Jährigen Wanderschafft noch viel Schuh zerrissen / und manchen sauren Weg thun müssen / biß Er endlich vor 39 Jahren in seiner Kunst Meister und bald darauf ein Ehmann worden. Seit dem hat Er nicht nur nach Maaß und Leisten seine Schuh verfertiget / sondern auch sein Christenthum und seinen gantzen Wandel nach der Maaß und richtigen Form des Wortes Gottes eingerichtet. Solte ich hievon ein Bild aus seiner Werckstädt nehmen / so müste es eine Schuh-maaß und Leiste seyn mit der Beyschrifft: Nec citra nec ultra oder so; hier-

der Wiegen an ein paar Schuh zugeschnitten / die gibt Er uns / wenn man keine Schuh mehr braucht / wenn man uns ins Sarck leget und unter die Erde bringet. Dessen wuste sich der Seel. Herr Reichewald auch wol zubescheiden / drum waren seine Sachen allezeit darnach angestellt / daß Er diß paar Schuh zu seinen grossen Vortheil von dem Tode anzunehmen allezeit geschickt seyn könte. Geschickt war Er dazu / da Er Christo in der H. Tauffe von seinen Seel. Eltern war zugebracht / geschickt / da Er noch in den Kinder-Schuhen zur Gottesfurcht und allen anständigen guten Sitten geführet worden. Und nachdem Er nun die Kinder-Schuh vertreten / und seine Wolfahrt auf einem güldenen Boden setzen wolte / erwehlte Er Ihm ein Handwerck / und zwar vor allen andern dasjenige / welches mit Schuhen zuzuschneiden und zu verfertigen beschäfftiget ist. Vielleicht gefiel Ihm besser zu anderer Leute Dienst Schuh zubereiten / als zuzerreissen / wie sein Seel. Vater vermöge seines Beruffs thun müssen. Doch hat Er / um die Kunst Schuh zumachen recht zu erlernen in seiner 8. Jährigen Wanderschafft noch viel Schuh zerrissen / und manchen sauren Weg thun müssen / biß Er endlich vor 39 Jahren in seiner Kunst Meister und bald darauf ein Ehmann worden. Seit dem hat Er nicht nur nach Maaß und Leisten seine Schuh verfertiget / sondern auch sein Christenthum und seinen gantzen Wandel nach der Maaß und richtigen Form des Wortes Gottes eingerichtet. Solte ich hievon ein Bild aus seiner Werckstädt nehmen / so müste es eine Schuh-maaß und Leiste seyn mit der Beyschrifft: Nec citra nec ultra oder so; hier-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0163" n="157"/>
der Wiegen an ein
                     paar Schuh zugeschnitten / die gibt Er uns / wenn man keine Schuh mehr braucht /
                     wenn man uns ins Sarck leget und unter die Erde bringet. Dessen wuste sich der
                     Seel. Herr Reichewald auch wol zubescheiden / drum waren seine Sachen allezeit
                     darnach angestellt / daß Er diß paar Schuh zu seinen grossen Vortheil von dem
                     Tode anzunehmen allezeit geschickt seyn könte. Geschickt war Er dazu / da Er
                     Christo in der H. Tauffe von seinen Seel. Eltern war zugebracht / geschickt / da
                     Er noch in den Kinder-Schuhen zur Gottesfurcht und allen anständigen guten
                     Sitten geführet worden. Und nachdem Er nun die Kinder-Schuh vertreten / und
                     seine Wolfahrt auf einem güldenen Boden setzen wolte / erwehlte Er Ihm ein
                     Handwerck / und zwar vor allen andern dasjenige / welches mit Schuhen
                     zuzuschneiden und zu verfertigen beschäfftiget ist. Vielleicht gefiel Ihm besser
                     zu anderer Leute Dienst Schuh zubereiten / als zuzerreissen / wie sein Seel.
                     Vater vermöge seines Beruffs thun müssen. Doch hat Er / um die Kunst Schuh
                     zumachen recht zu erlernen in seiner 8. Jährigen Wanderschafft noch viel Schuh
                     zerrissen / und manchen sauren Weg thun müssen / biß Er endlich vor 39 Jahren in
                     seiner Kunst Meister und bald darauf ein Ehmann worden. Seit dem hat Er nicht
                     nur nach Maaß und Leisten seine Schuh verfertiget / sondern auch sein
                     Christenthum und seinen gantzen Wandel nach der Maaß und richtigen Form des
                     Wortes Gottes eingerichtet. Solte ich hievon ein Bild aus seiner Werckstädt
                     nehmen / so müste es eine Schuh-maaß und Leiste seyn mit der Beyschrifft: Nec
                     citra nec ultra oder so; hier-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0163] der Wiegen an ein paar Schuh zugeschnitten / die gibt Er uns / wenn man keine Schuh mehr braucht / wenn man uns ins Sarck leget und unter die Erde bringet. Dessen wuste sich der Seel. Herr Reichewald auch wol zubescheiden / drum waren seine Sachen allezeit darnach angestellt / daß Er diß paar Schuh zu seinen grossen Vortheil von dem Tode anzunehmen allezeit geschickt seyn könte. Geschickt war Er dazu / da Er Christo in der H. Tauffe von seinen Seel. Eltern war zugebracht / geschickt / da Er noch in den Kinder-Schuhen zur Gottesfurcht und allen anständigen guten Sitten geführet worden. Und nachdem Er nun die Kinder-Schuh vertreten / und seine Wolfahrt auf einem güldenen Boden setzen wolte / erwehlte Er Ihm ein Handwerck / und zwar vor allen andern dasjenige / welches mit Schuhen zuzuschneiden und zu verfertigen beschäfftiget ist. Vielleicht gefiel Ihm besser zu anderer Leute Dienst Schuh zubereiten / als zuzerreissen / wie sein Seel. Vater vermöge seines Beruffs thun müssen. Doch hat Er / um die Kunst Schuh zumachen recht zu erlernen in seiner 8. Jährigen Wanderschafft noch viel Schuh zerrissen / und manchen sauren Weg thun müssen / biß Er endlich vor 39 Jahren in seiner Kunst Meister und bald darauf ein Ehmann worden. Seit dem hat Er nicht nur nach Maaß und Leisten seine Schuh verfertiget / sondern auch sein Christenthum und seinen gantzen Wandel nach der Maaß und richtigen Form des Wortes Gottes eingerichtet. Solte ich hievon ein Bild aus seiner Werckstädt nehmen / so müste es eine Schuh-maaß und Leiste seyn mit der Beyschrifft: Nec citra nec ultra oder so; hier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/163
Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/163>, abgerufen am 25.04.2024.