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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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schen Closters Treuverdiente Domina, hätte nun zum andern mahl der Welt gute Nacht gesagt. Und siehe sie war es / welche wir itzo an der von ihr selbst verlangten Stelle in die Erde sencken sahen. Doch so muste es endlich kommen; Ihre horae musten endlich ein Ende nehmeu / ihre Celle muste endlich zu enge werden / und da es schon so lange / daß sie zu diesen bißher geführten Closter-Leben eingekleidet worden / muste sie von neuen eingekleidet seyn. Indem ich sage / sie muste von neuen eingekleidet seyn / fällt mit hiebey ein die Aufschrifft eines klugen Kopffes / so er bey einem Seiden-Wurm gesetzet / welcher / nachdem er seine gewisse Zeit in seinem calathisco Kneuel oder Spinnhause sich aufgehalten / endlich als ein weisser Sommer-Vogel in einem gantz andern Kleide aus demselben heraus gehet / sie war aber diese:

Candidatus exeo, Weg altes schlechtes Kleid / man wird mich künfftig sehen In einem weissen Kleid neu eingekleidet gehen.

Denn M. H. A. sehe ich an den Tod der Sehl. Fr. Domina, so stelle ich mir denselben nicht anders vor als eine neue Einkleidung. Wer die Sehl. in ihrem Leben gekannt / muß Ihr zwar nach ihrem Leben diesen Nachruhm geben / daß sie aller weltl. vanität und Eitelkeit von Hertzen feind gewesen; so werden sie es denn ihr nicht als eine Eitelkeit ausdeuten / wenn ich sage / daß sie sich in ihrem Leben öffters umgekleidet. Wie sie diß Leben anfieng / brachte sie ein Kleid mit auf die Welt / welches wir alle mitgebracht / den alten Adams-Rock. Ihre Wolseel. Eltern / deren Gedächtniß bey unserer hochlöbl. Julia in steten Ruhm und Andencken bleibet / waren aber nicht säumig auf ein neues Kleid bedacht zu seyn; und solches fanden sie in der H. Tauffe / darinn wurde ihres

schen Closters Treuverdiente Domina, hätte nun zum andern mahl der Welt gute Nacht gesagt. Und siehe sie war es / welche wir itzo an der von ihr selbst verlangten Stelle in die Erde sencken sahen. Doch so muste es endlich kommen; Ihre horae musten endlich ein Ende nehmeu / ihre Celle muste endlich zu enge werden / und da es schon so lange / daß sie zu diesen bißher geführten Closter-Leben eingekleidet worden / muste sie von neuen eingekleidet seyn. Indem ich sage / sie muste von neuen eingekleidet seyn / fällt mit hiebey ein die Aufschrifft eines klugen Kopffes / so er bey einem Seiden-Wurm gesetzet / welcher / nachdem er seine gewisse Zeit in seinem calathisco Kneuel oder Spinnhause sich aufgehalten / endlich als ein weisser Sommer-Vogel in einem gantz andern Kleide aus demselben heraus gehet / sie war aber diese:

Candidatus exeo, Weg altes schlechtes Kleid / man wird mich künfftig sehen In einem weissen Kleid neu eingekleidet gehen.

Denn M. H. A. sehe ich an den Tod der Sehl. Fr. Domina, so stelle ich mir denselben nicht anders vor als eine neue Einkleidung. Wer die Sehl. in ihrem Leben gekannt / muß Ihr zwar nach ihrem Leben diesen Nachruhm geben / daß sie aller weltl. vanität und Eitelkeit von Hertzen feind gewesen; so werden sie es denn ihr nicht als eine Eitelkeit ausdeuten / wenn ich sage / daß sie sich in ihrem Leben öffters umgekleidet. Wie sie diß Leben anfieng / brachte sie ein Kleid mit auf die Welt / welches wir alle mitgebracht / den alten Adams-Rock. Ihre Wolseel. Eltern / deren Gedächtniß bey unserer hochlöbl. Julia in steten Ruhm und Andencken bleibet / waren aber nicht säumig auf ein neues Kleid bedacht zu seyn; und solches fanden sie in der H. Tauffe / darinn wurde ihres

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                     Closters Treuverdiente Domina, hätte nun zum andern mahl der Welt gute Nacht
                     gesagt. Und siehe sie war es / welche wir itzo an der von ihr selbst verlangten
                     Stelle in die Erde sencken sahen. Doch so muste es endlich kommen; Ihre horae
                     musten endlich ein Ende nehmeu / ihre Celle muste endlich zu enge werden / und
                     da es schon so lange / daß sie zu diesen bißher geführten Closter-Leben
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                     aufgehalten / endlich als ein weisser Sommer-Vogel in einem gantz andern Kleide
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                     denselben nicht anders vor als eine neue Einkleidung. Wer die Sehl. in ihrem
                     Leben gekannt / muß Ihr zwar nach ihrem Leben diesen Nachruhm geben / daß sie
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                     Ihre Wolseel. Eltern / deren Gedächtniß bey unserer hochlöbl. Julia in steten
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[74/0080] schen Closters Treuverdiente Domina, hätte nun zum andern mahl der Welt gute Nacht gesagt. Und siehe sie war es / welche wir itzo an der von ihr selbst verlangten Stelle in die Erde sencken sahen. Doch so muste es endlich kommen; Ihre horae musten endlich ein Ende nehmeu / ihre Celle muste endlich zu enge werden / und da es schon so lange / daß sie zu diesen bißher geführten Closter-Leben eingekleidet worden / muste sie von neuen eingekleidet seyn. Indem ich sage / sie muste von neuen eingekleidet seyn / fällt mit hiebey ein die Aufschrifft eines klugen Kopffes / so er bey einem Seiden-Wurm gesetzet / welcher / nachdem er seine gewisse Zeit in seinem calathisco Kneuel oder Spinnhause sich aufgehalten / endlich als ein weisser Sommer-Vogel in einem gantz andern Kleide aus demselben heraus gehet / sie war aber diese: Candidatus exeo, Weg altes schlechtes Kleid / man wird mich künfftig sehen In einem weissen Kleid neu eingekleidet gehen. Denn M. H. A. sehe ich an den Tod der Sehl. Fr. Domina, so stelle ich mir denselben nicht anders vor als eine neue Einkleidung. Wer die Sehl. in ihrem Leben gekannt / muß Ihr zwar nach ihrem Leben diesen Nachruhm geben / daß sie aller weltl. vanität und Eitelkeit von Hertzen feind gewesen; so werden sie es denn ihr nicht als eine Eitelkeit ausdeuten / wenn ich sage / daß sie sich in ihrem Leben öffters umgekleidet. Wie sie diß Leben anfieng / brachte sie ein Kleid mit auf die Welt / welches wir alle mitgebracht / den alten Adams-Rock. Ihre Wolseel. Eltern / deren Gedächtniß bey unserer hochlöbl. Julia in steten Ruhm und Andencken bleibet / waren aber nicht säumig auf ein neues Kleid bedacht zu seyn; und solches fanden sie in der H. Tauffe / darinn wurde ihres

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/80>, abgerufen am 25.04.2024.