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Finen, Eberhard: Kläglicher Sterbe-Wunsch Pauli als Ein Wunsch eines Hohen in der Welt. Braunschweig, 1706.

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Rom. VI, 6.durch den Leib des Todes das jenige / was er vorhin den Leib der Sünden genennet / das ist / die gantze Sünden-Last / welche gleichsam ein Corps vieles Ubels / vieles biß in den Todt betrübenden Jammers ist; und also zu förderst und hauptsächlich die Erb-Sünde / das malum [fremdsprachliches Material], das Ubel so uns anklebet / und damit wir gleichsam umhüllet und umwickelt sind und es nicht abschütteln können; dasjenige Verderbniß / Krafft dessen wir zu allen Guten an uns selbst untüchtig / und zu allen Bösen hingegen geneigt und tüchtig sind. Dieses macht uns nun elend genug / und Paulus hat hohe Ursach kläglich darüber zu thun. Wir Menschen dencken leyder! wenig daran / in was vor Elend uus die Erb-Sünde setze. Ist aber das nicht schon Elends genug / daß Rom. III, 23.wir mangeln der Herrligkeit GOttes / des Ruhms / den wir vor GOtt haben sollen. Daß wir nun der Gleichheit mit dem unvergleichlichen GOtt / in der Erkäntniß / in Heiligkeit und Gerechtigkeit uns müssen beraubet sehen. Ja es muß den wiedergebohrnen Kindern Gottes unleidlicher und mehr zuwieder als der Tod selber seyn / wenn sie bedencken / daß kein Laster / keine Boßheit / sie mag so abscheulich seyn / als sie immer wil / zu nennen / dazu sie nicht / so wol als andere / durch die in ihren Hertzen steckende Wurtzel alles Bösen könten verführet werden / wenn nicht GOtt durch seine Krafft in ihrer Schwaheit mächtig wäre / und der Geist dem Fleische die Herrschafft streitig machte.

Hierzu kömmt denn / daß bey Wiedergebohrnen diese angebohrne Erb-Lust nimmermehr zu solcher Stille und Ruhe zu bringen / daß sie nicht mehr in steter Bewegung sey und immer Gal. V, 17.neue Händel mache. Das Fleisch gelüstet wider den Geist / daß / ob gleich die böse Quelle / weil ihr gleichsam ein Damm gesetzet / nicht wie bey denen Gottlosen / mit vollen Strohm durchbrechen kan / dennoch immer Ritzen suchet / und hier und dar durchdringet. Daher denn kömmt die Trägheit zum Guten / und bey Vollbringung desselben die Unvollkommenheit; Ja was das meiste / so viel böse Gedancken und Lüste / welchen zwar die Herberge nicht wird gestattet / doch der Ein- und Anspruch nicht kan verwehret werden. So genau gehet es aber dabey nicht zu / daß nicht auch das wachsamste Auge ein Schlummer überfällt / der vorsichtigste Fuß auch strauchelt und der

Rom. VI, 6.durch den Leib des Todes das jenige / was er vorhin den Leib der Sünden genennet / das ist / die gantze Sünden-Last / welche gleichsam ein Corps vieles Ubels / vieles biß in den Todt betrübenden Jammers ist; und also zu förderst und hauptsächlich die Erb-Sünde / das malum [fremdsprachliches Material], das Ubel so uns anklebet / und damit wir gleichsam umhüllet und umwickelt sind und es nicht abschütteln können; dasjenige Verderbniß / Krafft dessen wir zu allen Guten an uns selbst untüchtig / und zu allen Bösen hingegen geneigt und tüchtig sind. Dieses macht uns nun elend genug / und Paulus hat hohe Ursach kläglich darüber zu thun. Wir Menschen dencken leyder! wenig daran / in was vor Elend uus die Erb-Sünde setze. Ist aber das nicht schon Elends genug / daß Rom. III, 23.wir mangeln der Herrligkeit GOttes / des Ruhms / den wir vor GOtt haben sollen. Daß wir nun der Gleichheit mit dem unvergleichlichen GOtt / in der Erkäntniß / in Heiligkeit und Gerechtigkeit uns müssen beraubet sehen. Ja es muß den wiedergebohrnen Kindern Gottes unleidlicher und mehr zuwieder als der Tod selber seyn / wenn sie bedencken / daß kein Laster / keine Boßheit / sie mag so abscheulich seyn / als sie immer wil / zu nennen / dazu sie nicht / so wol als andere / durch die in ihren Hertzen steckende Wurtzel alles Bösen könten verführet werden / wenn nicht GOtt durch seine Krafft in ihrer Schwaheit mächtig wäre / und der Geist dem Fleische die Herrschafft streitig machte.

Hierzu kömmt denn / daß bey Wiedergebohrnen diese angebohrne Erb-Lust nimmermehr zu solcher Stille und Ruhe zu bringen / daß sie nicht mehr in steter Bewegung sey und immer Gal. V, 17.neue Händel mache. Das Fleisch gelüstet wider den Geist / daß / ob gleich die böse Quelle / weil ihr gleichsam ein Damm gesetzet / nicht wie bey denen Gottlosen / mit vollen Strohm durchbrechen kan / dennoch immer Ritzen suchet / und hier und dar durchdringet. Daher denn köm̃t die Trägheit zum Guten / und bey Vollbringung desselben die Unvollkommenheit; Ja was das meiste / so viel böse Gedancken und Lüste / welchen zwar die Herberge nicht wird gestattet / doch der Ein- und Anspruch nicht kan verwehret werden. So genau gehet es aber dabey nicht zu / daß nicht auch das wachsamste Auge ein Schlummer überfällt / der vorsichtigste Fuß auch strauchelt und der

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[10/0014] durch den Leib des Todes das jenige / was er vorhin den Leib der Sünden genennet / das ist / die gantze Sünden-Last / welche gleichsam ein Corps vieles Ubels / vieles biß in den Todt betrübenden Jammers ist; und also zu förderst und hauptsächlich die Erb-Sünde / das malum _ , das Ubel so uns anklebet / und damit wir gleichsam umhüllet und umwickelt sind und es nicht abschütteln können; dasjenige Verderbniß / Krafft dessen wir zu allen Guten an uns selbst untüchtig / und zu allen Bösen hingegen geneigt und tüchtig sind. Dieses macht uns nun elend genug / und Paulus hat hohe Ursach kläglich darüber zu thun. Wir Menschen dencken leyder! wenig daran / in was vor Elend uus die Erb-Sünde setze. Ist aber das nicht schon Elends genug / daß wir mangeln der Herrligkeit GOttes / des Ruhms / den wir vor GOtt haben sollen. Daß wir nun der Gleichheit mit dem unvergleichlichen GOtt / in der Erkäntniß / in Heiligkeit und Gerechtigkeit uns müssen beraubet sehen. Ja es muß den wiedergebohrnen Kindern Gottes unleidlicher und mehr zuwieder als der Tod selber seyn / wenn sie bedencken / daß kein Laster / keine Boßheit / sie mag so abscheulich seyn / als sie immer wil / zu nennen / dazu sie nicht / so wol als andere / durch die in ihren Hertzen steckende Wurtzel alles Bösen könten verführet werden / wenn nicht GOtt durch seine Krafft in ihrer Schwaheit mächtig wäre / und der Geist dem Fleische die Herrschafft streitig machte. Rom. VI, 6. Rom. III, 23. Hierzu kömmt denn / daß bey Wiedergebohrnen diese angebohrne Erb-Lust nimmermehr zu solcher Stille und Ruhe zu bringen / daß sie nicht mehr in steter Bewegung sey und immer neue Händel mache. Das Fleisch gelüstet wider den Geist / daß / ob gleich die böse Quelle / weil ihr gleichsam ein Damm gesetzet / nicht wie bey denen Gottlosen / mit vollen Strohm durchbrechen kan / dennoch immer Ritzen suchet / und hier und dar durchdringet. Daher denn köm̃t die Trägheit zum Guten / und bey Vollbringung desselben die Unvollkommenheit; Ja was das meiste / so viel böse Gedancken und Lüste / welchen zwar die Herberge nicht wird gestattet / doch der Ein- und Anspruch nicht kan verwehret werden. So genau gehet es aber dabey nicht zu / daß nicht auch das wachsamste Auge ein Schlummer überfällt / der vorsichtigste Fuß auch strauchelt und der Gal. V, 17.

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Kläglicher Sterbe-Wunsch Pauli als Ein Wunsch eines Hohen in der Welt. Braunschweig, 1706, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_sterbewunsch_1707/14>, abgerufen am 25.04.2024.